Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
weit ausgebreiteten Schwingen falteten sich ein, bevor sie im Rücken des Wesens versanken.
Binnen weniger Momente hatte sich der Drache in einen weiteren Serephin verwandelt, der in eine matt gelb schimmernde Robe gekleidet war. Pándaros ahnte, dass dessen Kleidung ebenfalls zu der Verwandlung gehörte. Sie war ein Teil dieses Echsenwesens, den es in jener Form ebenso zum Vorschein oder zum Verschwinden bringen konnte wie auch seine Schwingen.
Ein Gestaltwandler! , durchzuckte es ihn. Kein Wunder, dass er wie aus dem Nichts in den Stillen Hallen auftauchen und wieder daraus verschwinden konnte – selbst mit mir als Klotz am Bein. Er musste sich nur wie eine Zwangsjacke um mich werfen!
Einer der Krieger richtete das Wort an den Serephin, der Pándaros entführt hatte. Der Priester kannte die Sprache nicht, die vor allem aus kehligen Zischlauten zu bestehen schien, aber er ahnte, dass sein Entführer gefragt wurde, wen er ihnen da mitgebracht hatte. Der siegesgewisse Klang in dessen Antwort war allerdings unüberhörbar, ebenso wie die erfreuten Mienen der Umstehenden Bände sprachen. Offensichtlich betrachteten sie Pándaros als eine wertvolle Beute.
Dieser hatte seinen Schock über die Ankunft inmitten der echsenartigen Wesen soweit überwunden, dass er seine Umgebung genauer in Augenschein nahm. Ein Sumpf, und so wie es aussah, ein riesiger Sumpf – dies mussten die Toolmoore sein! Der Serephin hatte ihn über die Hochebene von Tool nach Norden verschleppt. Schlagartig traf ihn die Erinnerung an die Schauspielarena von Tillérna. In seinem Gedächtnis erklang Halkats Stimme, die ihren neuen Herren eifrig die Aufenthaltsorte der vier Wächterdrachen verkündete.
»Der gewaltige Rilldansee, der von den Eisenbergen eingegrenzt wird, nahm den Wächter des Wassers auf.«
Pándaros wusste zu gut, was am Ende der Alten Tage aus dem Rilldansee geworden war. Die Serephin hatten den Aufenthaltsort des Wasserdrachens erreicht – vielleicht hatten sie ihn sogar schon getötet! Bestimmt wollten sie nun von ihm wissen, wo sich der letzte der vier Drachen aufhielt. Aber wie hatten sie Deneb und ihn im Inneren der Eisenberge finden können? Ob es etwas mit der Magie der Inkirin zu tun hatte, die bei ihrer Ankunft in den Stillen Hallen erwacht war? Wenn sich sein Freund mit den alten Legenden richtig auskannte, waren die Inkirin und diese Echsenwesen so etwas wie entfernte Verwandte...
Der Serephin, der ihn entführt hatte, baute sich vor ihm auf. Pándaros’ Furcht erhob sich erneut, so dass er kaum einen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Ein Teil von ihm hasste sich selbst für diese Schwäche, aber die streng auf ihn herabblickende Gestalt war einfach zu fremdartig und bedrohlich.
»Komm mit!«, herrschte sie ihn in seiner Sprache an.
Die Vorstellung, sich zu widersetzen oder zu fliehen, war völlig lächerlich. Es wunderte Pándaros nicht, dass der Serephin ihn mit keinem Wort davor warnte. Er folgte seinem Entführer durch die Schar seiner Kameraden wie ein Haustier seinem Herrn hinterhertrotten mochte.
Die Krieger hatten auf diesem größeren trockenen Flecken inmitten der weiten Sumpflandschaft offenbar ihr Lager aufgeschlagen. Pándaros zählte an die dreißig der unheimlichen Echsenwesen, die den Grasboden von seiner dünnen Schneedecke befreit und sich darauf niedergelassen hatten. Obwohl sie sich auszuruhen schienen, trug beinahe jeder von ihnen dennoch einen silbern schimmernden Harnisch. Die Rüstungen waren den Körpern ihrer Träger, obwohl sie aus zusammengesetzten Metallteilen bestanden, so bequem angepasst, dass sie auf den Priester wie dünne Gewänder wirkten. Dennoch zweifelte er nicht daran, dass diese Meisterwerke einer unbekannten Handwerkskunst ihre Träger besser zu schützen vermochten als die dicken Panzerplatten, die er früher bei Paraden an den Adligen von Sol gesehen hatte.
Der Serephin führte ihn auf eine gedrungene Weide zu, die im Schatten eines sie knapp überragenden Felsens aus pechschwarzem Gestein stand. Dessen spiegelglatte Oberfläche glänzte matt. Sie wies weder Moos noch Flechten auf. Der Weide hingen trotz des bitterkalten Wetters noch immer einige erfrorene und eingerollte Blätter an ihren Ästen, als wollten sie, selbst nachdem alles Leben aus ihnen gewichen war, weiterhin daran glauben, dass die Wärme des Sommers in die ihm angestammte Jahreszeit zurückkehren würde. Am Stamm des Baumes lehnte eine Gestalt und betrachtete die aufgehende Sonne. Sie war in einen
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