Runlandsaga - Die Schicksalsfestung
die Serephin ein.
Manari spürte selbst einen wuchtigen Schlag vor die Brust. Die Wellen stießen Ranárs Körper von den Füßen und rissen ihn mit sich. Aus den Augenwinkeln sah sie Cesparian ebenfalls das Gleichgewicht verlieren und in den Wellen davontreiben. Die Schreie ihrer Krieger gellten an ihr Ohr, doch schon schlugen die kalten Wassermassen über ihr zusammen und verdrängten mit ihrem Rauschen jedes weitere Geräusch und die Gedanken an die anderen. Manari fühlte, wie der Körper, den sie besetzt hatte, mehrmals herumgeschleudert wurde, bis sie ihn endlich wieder in ihre Gewalt bekam und mit Ranárs Kopf die Wasseroberfläche durchstieß. Gleichzeitig sackten die Flutwellen in sich zusammen und liefen von dem überspülten Land ab.
Pándaros bekam keinen einzigen Tropfen zu spüren. Bevor ihn das Wasser des sich um die Serephin erhebenden Sumpfes erreichen konnte, fühlte er sich zum zweiten Mal innerhalb eines Tages von fremdartigen Händen gepackt. Der Krieger, der ihn in seinen Armen festhielt, hatte seine Robe um ihn geschlungen. Seltsamerweise drang nichts von dem herabstürzenden Wasser hindurch, fast so, als ob dieses Kleidungsstück, das ihn von Kopf bis Fuß einhüllte, nicht aus Stoff bestünde, sondern ein Teil der Haut seines Trägers wäre. Bevor der Priester weiter darüber nachsinnen konnte, wurde er im Griff des Serephins, der ihn nicht losließ, mit den Wassermassen fortgerissen und herumgeschleudert.
Das wilde Brausen ebbte allmählich ab. Die Robe des Serephins öffnete sich um ihn, und der Krieger setzte den Temari, den er vor der entfesselten Gewalt des Sumpfes beschützt hatte, am Ufer eines dünnen Landstreifens ab. Pándaros, der mühsam seinen Kopf hob und um sich blickte, sah, dass sein Retter ein niedriges Gebüsch nahe der Wasserlinie für sie beide als Deckung nutzte. Geduckt lugte er dahinter hervor und beobachtete den überfluteten Flecken mit dem schwarzen Felsen in etwa hundert Fuß Entfernung. Der tote Wächter des Wassers lag dort noch immer auf dem Boden ausgestreckt, doch der reglose Körper war inzwischen durchsichtig geworden, eine gallertartige Masse, die so schnell verging wie Butter in einer heißen Pfanne.
»Wer ... seid Ihr?«, fragte Pándaros mühsam.
»Mein Name ist Alcarasán«, antwortete der fremde Serephin über die Schulter hinweg. Sein ernster Blick folgte Ranár, der sich zusammen mit den anderen Kriegern aus dem Sumpf an Land schleppte. Schwankend schritt der Anführer der Serephin zu den Überresten des getöteten Drachen und trat mit einem seiner Stiefel in die durchsichtige Masse. Sie platzte auf. Wasser ergoss sich aus ihr und sickerte zum Moorufer hinab. Was einmal das Herz des Elementes Wassers in Runland gewesen war, sackte in sich zusammen.
»Ihn haben sie also auch umgebracht«, murmelte Alcarasán tonlos. »Und nun wissen sie ebenfalls, wo sich der letzte Wächter aufhält.«
»Bei der Träumenden«, vernahm er den Temari hinter sich, dann ein gepresstes Aufstöhnen. Er fuhr herum. Das Gesicht des im Gras liegenden Priesters war fahl wie der Tod.
»Ich glaube, es geht zu Ende«, murmelte er. »Ich ... ich bekomme keine Luft ...«
»Halte durch«, drängte ihn Alcarasán. »Lass mich dir von meiner Kraft geben. Ich bin kein Heiler, aber vielleicht können die Antara dir helfen, wenn du es schaffst, solange am Leben zu bleiben, bis wir bei ihnen sind.«
Pándaros sah ihn mit einem so gequälten Blick an, als nähme er es dem Serephin persönlich übel, dass er ihn nach all den schrecklichen Mühen, die er ausgestanden hatte, nicht einfach hier und jetzt sterben lassen wollte. »Ich verstehe nicht ...«, murmelte er.
»Ich verstehe es auch nicht«, schnitt Alcarasán ihm nicht unfreundlich das Wort ab. »Ein gebrechlicher, alter Temari fordert die Anführerin meines Volkes in Runland heraus. Mut wird manchmal an ungewöhnlichen Orten gefunden, und in Wesen, von denen es keiner vermuten würde.«
»Was hat mir mein Mut genützt?«, stöhnte Pándaros. »Am Ende hat sie doch erfahren, was sie wissen wollte. Ich habe versagt. Wir alle haben versagt. Lass mich einfach hier liegen.«
»Glaubst du wirklich, dass dein Freund Ranár noch immer am Leben ist?«, fragte Alcarasán, als habe er die Bitte des Priesters nicht gehört. »Dass Manaris Geist mit seiner Hilfe aus dem Körper vertrieben werden könnte, den sie besetzt hat?«
»Woher weißt du, dass er mein Freund ist?«, wollte Pándaros wissen. Mit einer Mischung aus Verwunderung
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