Runlandsaga - Feuer im Norden
Widerschein der Bordlaternen, die in einiger Entfernung angezündet worden waren. »Es ist zu Ende«, vernahm Enris ihre Stimme.
»Wie wird es weitergehen?«, hörte er sich fragen, und ihm war, als hätte gar nicht er gesprochen, sondern jemand anderes, jemand der längst aufgehört hatte, über Arcads Tod zu trauern. Er hasste diesen anderen Enris dafür.
»Wir bestatten ihn, wie er es sich wünschte«, erwiderte Suvare. »Wenn wir guten Wind bekommen, sind wir morgen in Menelon, und die Flüchtlinge können von Bord gehen.«
»Das meine ich nicht.« Er fühlte nun Nerias Blick, obwohl ihr Gesicht nur ein Schatten in der Nacht war. »Was ist mit den Dingen, die der Endar uns gesagt hat? Dass wir die Dunkelelfen suchen sollen. Dass wir das Portal zu ihrer Welt auf den Arcandinseln finden müssen. Dass wir eine Schicksalsgemeinschaft sind. Wie nannte er es noch mal? De ... Deha ...«
»Dehajár«, erklang Nerias Stimme.
Alle starrten sie an.
»Ich weiß nicht, ob es Schicksal ist, dass wir uns hier alle zusammengefunden haben«, sagte Suvare schließlich. »Ich glaube nicht an Schicksal. Ich glaube daran, dass ich in dieser Welt mein Geld verdienen muss, damit meine Mannschaft und ich etwas zu essen haben. Ich kann es mir nicht leisten, Abenteuer zu erleben.«
Enris fühlte eine Welle von Enttäuschung in sich aufsteigen. Doch bevor er etwas entgegnen konnte, hob Suvare ihre Hand.
»Aber falls das wahr ist, was Arcad gesagt hat, dann werde ich bald noch größere Probleme haben, als Aufträge für meine Leute zu bekommen. Außerdem hat der Elf mir und meiner Mannschaft das Leben gerettet. Ich kann nicht für jeden von uns sprechen, doch für mich bedeutet das etwas. Wenn ihr zu den Arcandinseln wollt, dann habt ihr jetzt ein Schiff.«
»Es wird nicht einfach werden, sich dort nach einem magischen Portal umzusehen«, gab Enris zu bedenken. »Als ich noch im Hafen von Andostaan arbeitete, hörte ich, dass die Inseln Piratengebiet seien.«
»Ich weiß. Aber wir könnten den Rat von Menelon und Königin Tarigh um Hilfe bitten. Außerdem ...« Sie lachte grimmig auf. »Ich hätte fast unseren Gast vergessen, den wir unter Deck verstaut haben.«
»Der Pirat, den Corrya an Bord geschleppt hat ...«, fauchte Enris.
»Genau! Der Kerl kann uns bestimmt einiges über diese Inseln erzählen, wenn wir ihn in die richtige Laune versetzen, mit uns zu plaudern.«
Enris konnte sich gut vorstellen, wie Suvare das bewerkstelligen wollte.
In diesem Moment vernahmen sie Schritte. Eine Gestalt schälte sich aus dem Dunkel am Heck des Schiffes heraus. In ihrer Hand schimmerte eine Laterne. Es war Teras. Er warf einen langen Blick auf den zusammengesunkenen Endar in seinem Stuhl. »Ist er ...?«
Suvare nickte.
»Dachte ich mir schon, als ihr so lange hier geblieben seid«, sagte Teras seufzend. »Ein guter Mann weniger auf dieser alten Welt. Setzen wir uns zu den anderen und stoßen auf sein Wohl an.«
»Ay, gehen wir«, stimmte ihm Suvare zu. »Und falls ich heute Abend noch ein einziges Mal jemanden schlecht über unseren neuen Gast reden höre, dann stoße ich nicht mit einem Krug auf Arcads Wohl an, sondern mit dessen Holzkopf.« Sie stapfte in die Richtung der mittschiffs entzündeten Lichter.
Teras zuckte schmunzelnd die Achseln, bevor er einen weiteren Blick auf den Toten neben sich warf und seine Miene erneut ernst wurde. »Was machen wir mit ihm?«
»Lasst ihn heute Nacht in diesem Stuhl«, schlug Neria vor. »Er hat sich von der Welt verabschiedet. Jetzt soll die Welt auch Gelegenheit bekommen, sich von ihm zu verabschieden. Sie ist genauso lebendig, wie er es war. Jedenfalls ist es das, was mein Volk tut, wenn einer von uns stirbt.«
»Das geht nicht!« Teras war sichtlich erschrocken. »Da werden die Leute verrückt spielen. Ein Toter hat an Bord nichts verloren. So etwas zieht Unglück an.«
»Dann bleibe ich ebenfalls heute Nacht hier bei ihm.« Sie sah ihn so hart an, dass er überrascht blinzelte. »Eine Wolfsfrau wird das Unglück schon vertreiben können, wenn es wagen sollte, sich zu nähern. Denkt Ihr das nicht auch?«
Der alte Bootsmann starrte wortlos zurück. Schließlich richtete er sich zu voller Größe auf und machte eine verächtliche Handbewegung. »Du hast schon Recht, Mädchen. Sollen diese abergläubischen Kerle doch denken, was sie wollen. – Komm, Enris, lassen wir sie allein.« Er legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter.
»Wir bringen dir später etwas von dem Essen!«, rief
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