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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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seine Schwester, nur auf eine andere Art. Als der Orden ihm die Gelegenheit anbot, Vovinadhár zu verlassen, hatte er nicht gezögert, sondern zugegriffen. Die traurige Wahrheit war, dass er ebenso fortgelaufen war. Sie hatten es beide nicht mehr ertragen, gemeinsam mit den Gespenstern der Vergangenheit in diesem Haus zu leben.
    Manaris letzte Worte klangen ihm noch in den Ohren, bevor sie aus dem Haus gestürmt war und es nie mehr betreten hatte.
    Ich halte es nicht mehr aus – ich bin die Feindseligkeiten so leid! Wie konnte er uns das antun! Das Verbrechen eines Vaters ist auch die Schande seines Hauses, die Schande seiner Familie. Er hat gewusst, dass er uns damit vor allen anderen Häusern in Vovinadhár brandmarkt. Aber es war ihm egal. Er hat nur an sich gedacht, und jetzt bezahlen wir für ihn den Preis.
    Ich lasse nicht zu, dass über deinen Vater so gesprochen wird! Nun vernahm er auch Aneirialis in seinen Gedanken, ihre Stimme aufgewühlter als er sie je zuvor vernommen hatte. In diesem Haus wird nicht schlecht über Veranarín geredet, gleichgültig, was er getan haben mag. Hast du verstanden?
    Dann ist das hier eben nicht mehr mein Haus.
    Was? Was sagst du da? Manari! Wo willst du hin? Bleib!
    Mit Mühe drängte Alcarasán die Stimmen zurück in die Tiefen seines Gedächtnisses, aus der sie so plötzlich hervorgebrochen waren.
    Er trat auf Aneirialis zu und legte ihr seinen Arm um die Schulter. »Komm, lass uns nicht hier oben bleiben. Wir wollen die Nacht verbringen, wie du es gesagt hast. Gehen wir in den Garten, dort erzähle ich dir, was ich alles erlebt habe, während ich fort war. Du wirst nicht glauben, wie viele Welten ich während der letzten fünf Jahre gesehen habe! Es gibt wirklich eine Menge zu berichten.«
    Sie nickte und schlang ihrerseits einen Arm um ihn. Gemeinsam verließen sie den nun beinahe dunklen Raum. Alcarasán blickte im Gehen nochmals über seine Schulter zurück, als erwartete er, am Fenster den Schatten eines kleinen Serephins zu sehen, der gerade all seinen Mut für den ersten großen Flug zusammennahm. Doch das Kind und sein Vater neben ihm waren schon vor langer Zeit von diesem Ort fortgegangen. Übrig geblieben war ein leeres Zimmer mit einem weit offen stehenden Fenster, das den Himmel über Gotharnar umrahmte, ein schwarzes Gemälde, auf dem sich allmählich mehr und mehr Sterne entzündeten.

5
    Der Schlag traf Enris so hart an der Nase, dass ihm Tränen in die Augen schossen. Er prallte zurück, doch Mirka hielt ihn fest, damit er nicht hintenüber fiel.
    »Es ... es tut mir leid!«, stieß der Junge hervor. »Aber du warst wie versteinert. Wir müssen abhauen, und ich schaff das nicht allein.«
    »Schon gut«, murmelte Enris. Er richtete sich mühsam auf und blinzelte, um wieder klar zu sehen. »Schon gut. Hab die Botschaft bekommen.«
    Der dumpfe Schmerz in seinem Gesicht erinnerte den jungen Mann unangenehm daran, dass er noch immer am Leben war, wenn auch kaum Hoffnung bestand, dass dies lange so bleiben würde. Die Halle des Rates war an mehreren Stellen durch Brandpfeile angezündet worden, die ins Innere des Gebäudes geflogen waren. Mehrere Säulen brannten lichterloh und erinnerten Enris mit ihren lodernden Laubschnitzereien auf unheimliche Weise an einen in Flammen stehenden Wald.
    Seine Blicke irrten durch den Raum. Der verbrennende Wachmann in der Nähe des Eingangs hatte gerade grausige Gesellschaft bekommen. Einigen von denen, die sich als Letzte aus dem Raum geflüchtet hatten, war draußen von den Angreifern der Weg versperrt worden. Schwer verwundet hatten sie sich zurück in das Gebäude geschleppt.
    Eine Frau war sofort leblos neben dem Wachmann zu Boden gesunken, die übrigen krümmten sich laut stöhnend vor Schmerzen neben den offenstehenden Türflügeln. Einem Mann steckte noch immer ein Pfeil ohne Brandsatz mitten im Bauch. Seine Hände hatten sich um den Schaft geklammert, als wollte er ihn sich selbst herausziehen, doch Enris bezweifelte, dass der Verletzte dies bewerkstelligen könnte. Es war schon unglaublich, dass er es auf eigenen Beinen wieder zurück in den Raum geschafft hatte.
    »Komm doch«, drängte Mirka flehendlich und zog an seinem Arm.
    Enris zwang sich, alle seine Sinne wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er durfte nicht weiter dastehen und sich in dem Grauen um ihn herum verlieren. Wenn sie aus dieser Halle herauskommen wollten, dann musste er sich zusammenreißen. Sein Kopf fuhr herum. »Zum Fenster!«, rief er. »Aber

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