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Runlandsaga - Feuer im Norden

Runlandsaga - Feuer im Norden

Titel: Runlandsaga - Feuer im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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ehrten. Ich fügte deiner Waffe keine Schande zu, sondern erschlug mit ihr den Geist, der dein Grab beschmutzte. Ruhe in Frieden, bis die Schicksalsherrin dir ein neues Leben träumen mag.
    Schließlich erhob sie sich und folgte Sarn zum Eingang des Cairans. Es war ein langgezogener Schacht am anderen Ende des Mittelgangs, gerade groß genug, dass man in der Hocke und mit eingezogenem Kopf hindurchkriechen konnte. Die Alte stieg als Erste hinein. Neria hörte sie angestrengt im Dunkeln keuchen, bis sie zurückrief, dass sie draußen sei. Die Fackel weit vor sich haltend kroch die Voronfrau ihr hinterher. In ihrem Geist hörte sie die angespannten Muskeln ihrer Beine klagen, dass sie sich endlich ausruhen wollten, jetzt und sofort, selbst wenn sich alle Toten dieses Grabes erheben würden, doch sie rang ihren Protest nieder.
    Sie hatte beinahe das Ende des Ganges erreicht, als einer ihrer Stiefel gegen etwas stieß, das klirrend über das Geröll auf dem Boden schlitterte. Die Finger ihrer freien Hand tasteten danach und fuhren über kaltes Metall. Als sie den Gegenstand vor ihr Gesicht hielt, erkannte sie ihren Dolch. Er musste aus seiner Scheide gerutscht sein, als der Gorrandha sie bewusstlos durch den Schacht gezerrt hatte. Sie fühlte sich so müde, dass selbst die Freude darüber, ihre Waffe wiedergefunden zu haben, diese Erschöpfung nicht vertreiben konnte.
    Erst jetzt dachte sie auch an ihren Rucksack, der ebenfalls verlorengegangen war. Sie fragte sich, ob er wohl noch immer inmitten der Riesensteine liegen mochte, wo sie ihn ihrer Erinnerung nach zuletzt bei sich gehabt hatte. Doch jeder weitere Gedanke daran ging in ihrer bleiernen Müdigkeit unter.
    Endlich gelangte sie ins Freie. Im Schein der Flammen sah sie, dass sich der Eingang etwa in der Mitte unterhalb des Hügelkamms befand. Die Erde um den Tunnel, der in das Ganggrab führte, war aufgeworfen. Ein breiter Fels, der anscheinend früher den Eingang versperrt hatte, lag in mehrere Stücke zerbrochen daneben. Der Tunnel war offensichtlich schon vor längerer Zeit aufgebrochen worden, doch auf dieser Seite des Hangs wucherte soviel Gestrüpp, dass es die Öffnung beinahe verdeckt hatte.
    Erschöpft ließ sich Neria auf einem der moosüberwucherten Überreste am Eingang nieder. Sie fühlte sich noch immer völlig entkräftet. Das letzte Stück Weg aus dem Hügelgrab heraus hatte sie sehr angestrengt. Auch Sarn setzte sich, außer Atem und laut durch die Nase schnaufend, nachdem sie das Bündel mit den Überresten des Gorrandhas neben sich abgelegt hatte. Über den beiden Frauen wölbte sich ein nächtlicher Himmel ohne Sterne, dafür mit um so mehr Wolken, die sogar den Mond verdeckten.
    Neria schloss die Augen, legte ihren Kopf in den Nacken und genoss den Nachtwind. Er wehte zwar empfindlich kalt, doch der Duft von Bäumen und Waldboden, den er mit sich führte, war nach dem stickigen und modrigen Geruch in dem Cairan eine noch größere Labsaal als das warme Brennen des Flirins in ihrem Magen.
    Der heisere Schrei eines Raubvogels ertönte. Ein Schatten löste sich aus dem Dunkel der Baumkronen und schwirrte schnell wie ein Pfeil auf Sarn zu.
    »Larnys!«, rief die Alte freudig und streckte ihren Arm aus.
    Voller Staunen sah Neria zu, wie sich ein Falke auf dem Lederriemen um Sarns Handgelenk niederließ. Er rüttelte kurz mit seinen Federn, dann legte er seinen Kopf schief und starrte die beiden Frauen neugierig an.
    »Ich wusste doch, dass dir nichts passiert ist!«
    Lachend strich Sarn ihm über den Rücken. Das Tier hielt still und ließ es geschehen, als sei es ein Hund oder eine Katze, der das Fell gekrault wurde. Nur sein Kopf ruckte umher, als könne er sich nicht entscheiden, auf wem von ihnen er seinen Blick ruhen lassen sollte.
    Neria war sprachlos. Einen Felsenfalken wie ihn hatte sie immer nur aus der Entfernung beobachtet, bei ihren Streifzügen auf der Jagd. In der Alten Stadt hausten einige von ihnen in den verlassenen Türmen, deren Fenster sie als Ein- und Ausgänge für ihre versteckten Nistplätze nutzten. Sie hatte noch nie gehört, dass einer von ihnen nach Einbruch der Dunkelheit umherflog, aber andererseits hatte sie auch noch nie davon gehört, dass jemand einen Falken auf seinem Arm ruhen ließ, als wäre es ein Haustier. Das Volk der gewöhnlichen Menschen steckte voller Überraschungen.
    »Als ich sah, dass der Gorrandha dich lähmte und in das Hügelgrab zog«, erklärte Sarn, »da hab ich Larnys hinterher geschickt. Er

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