Runlandsaga - Sturm der Serephin
jedem verstreichenden Lidschlag nahm das Bild an Eindringlichkeit zu.
Margon hielt diese Vorstellung in seinen Gedanken, bis er glaubte, sich nicht länger sammeln zu können. Dann entließ er die Kraft mit dem Ausatmen aus seinem Geistkörper und spie sie auf die Brücke, unmittelbar vor die sitzenden Gestalten. Ein dunkler Strom fuhr aus seinem Mund und formte sich zu einer steinernen Mauer, deren Blöcke sich auf dem Boden der Brücke in einer geraden Linie von der einen Seite des Weges bis zur anderen anordneten. In Windeseile wuchs die dunkle Masse an.
Reihe um Reihe richtete sich wie von unsichtbaren Händen gesetzt übereinander auf, massiv, aber dennoch durchscheinend wie rauchiges Glas. Ein Bollwerk entstand, geformt von einem Teil der magischen Kraft innerhalb der Sphäre und dem gemeinsam aufrecht erhaltenen Gedanken, dessen Willen sie unterworfen war. Jeder einzelne der Steine, in die der Strom der Kraft sich verwandelt hatte, vibrierte laut und dröhnend wie ein riesiger, hohler Klangkörper.
Sie entsteht tatsächlich!
Es war Thajas Stimme, die Margon schwach unter dem Ohren betäubenden Brausen der Steine heraushörte. Wir haben es geschafft!
Sie hielt immer noch die Hand seines stofflichen Körpers fest, sie waren miteinander verbunden. Auch wenn sie selbst ihren Körper nicht verlassen hatte, um die Mauer zu betrachten, konnte sie dennoch fühlen, dass das Bild, das sie sich mit aller ihnen innewohnenden Kraft vorzustellen versucht hatten, in der Geistwelt Wirklichkeit geworden war.
Ob die Magie stark genug war, um auch Ranár in beiden Welten aufzuhalten, falls er sie angreifen würde?
In diesem Moment toste ein Schrei über das Dröhnen der magischen Kraft hinweg.
DU!
Margons Aufmerksamkeit wandte sich dem Podest zu. Ein eisiger Schreck schleuderte ihn erneut beinahe in seinen Körper zurück. Ranár hatte sie bemerkt!
In der Mitte des Rahmens, der das innere Portal des Quelors bildete, schwebte der Kopf des Serephin. Er hatte dasselbe Aussehen wie der Kopf des von ihm besetzten Menschen angenommen. Der Rest seines Geistkörpers war nicht zu sehen. Den Magier durchfuhr die plötzliche Erkenntnis, dass Ranárs Geist in das Metall eingedrungen war, um die verborgene Kraft des Portals besser erforschen zu können. Deshalb hatte er so lange nicht auf seine Geiseln geachtet!
WAS GESCHIEHT HIER, TEMARI?
Der Zorn in seiner Stimme schwang trotz des Lärms unüberhörbar mit. Plötzlich schien Margon ein schneidender Wind ins Gesicht zu wehen. Ranárs Augen funkelten den Magier über die Brücke hinweg an wie Kugeln aus Stahl.
Er kann mich sehen! schrie eine verängstigte Stimme in Margons Gedanken, von der er wusste, dass es die seine war. Er nimmt mich wahr!
Jetzt würden sie herausfinden, wie stark der Schutzwall war, den sie errichtet hatten.
Das schwebende Gesicht wurde jäh von Ranárs sitzendem Menschenkörper aufgesogen und verschwand. Gleich darauf sprang der Serephin auf die Beine.
O nein, er kommt! Er kommt!
Ein panischer Aufschrei ertönte, ob mit einer Stimme oder in Gedanken ausgestoßen, hätte der Magier nicht sagen können. Es musste einer der Jungen gewesen sein.
Ranár hatte sich umgedreht und rannte in vollem Lauf über die Brücke. Seine Stiefel hämmerten hart auf den Boden, sein dunkler Umhang bauschte sich hinter ihm wie schwarze Flügel. Margon sammelte all seine verbliebene Willenskraft und sandte den anderen, die immer noch hinter ihm saßen, eine Botschaft.
Vergesst nicht, was ich euch gesagt habe! Haltet weiter das Bild von der Mauer aufrecht, egal was passiert! Sie muss standhalten, bis Arcad fertig ist!
Bevor er eine Antwort vernahm, war Ranár da.
Haltet das Bild in eurem Geist!
Mit einem Brüllen sprang der Serephin an der Mauer hoch, um sich auf ihren Rand emporzuziehen. Doch im selben Augenblick, als er das Gestein berührte, durchfuhr die Sphäre ein Dröhnen, dessen Gewalt noch lauter durch jeden Winkel von Margons Verstand hallte als das bisherige Brausen.
Er schrie auf vor Entsetzen. Einen Augenblick schien sein gesamtes Wesen nur aus seinem Gehör zu bestehen, das einen betäubenden Schmerz erfuhr. Wieder kostete es ihn alle verbliebene Willenskraft, nicht in seinen stofflichen Körper zurückgeschleudert zu werden. Dann sah er, wie sich die Steine der Mauer ledrigen Blasen gleich ausdehnten und den Serephin zurückschleuderten. Ranár prallte mit voller Wucht auf dem Boden der Brücke auf. Das Dröhnen verklang, und die Steine schrumpften auf
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