Runlandsaga - Sturm der Serephin
hatte er schwarze Haare wie Enris selbst statt der blonden, die alle Elfen angeblich besitzen sollten.
»Arcad, erzählt uns, weshalb Ihr hier seid«, forderte die Heilerin ihn auf. Ihre Stimme klang ruhig und freundlich.
»Das ist allein meine Angelegenheit!«, rief Arcad erregt. »Aber ich sehe, dass es nicht möglich ist, in Ruhe gelassen zu werden. Also gehe ich. Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft und sage Euch: Lebt wohl!«
Er wollte an Margon vorbei, um die Halle zu verlassen. Doch der Magier verstellte ihm in den Weg.
»Nicht so schnell«, sagte er und hielt seinen Arm fest.
Der Elf reagierte sofort. Blitzartig riss er sich los und stieß Margon mit der flachen Hand hart vor die Brust. Der alte Mann keuchte und verlor das Gleichgewicht. Thaja sprang zu ihm, um ihn mit der freien Hand zu stützen. Arcad rannte los, doch schon nach wenigen Schritten hatte Enris ihn überholt. Die Fackel mit beiden Händen wie ein Schwert vor sich haltend, baut er sich mitten im Eingang zur Halle auf und versperrte dem Elfen den Weg.
»Lasst mich durch!«, verlangte Arcad.
»Nicht, bevor wir ein paar Antworten von Euch gehört haben!«, ließ Margon hinter ihm vernehmen. Thaja hatte ihn wieder losgelassen. Erneut schritt er auf den Elfen zu, wobei er sich mit einer Hand das Brustbein rieb.
»Was wollt Ihr eigentlich von mir? Was geht es Euch an, was ich hier tue?«, fragte Arcad. Die Stimme des Endars hatte einen verzweifelten Klang angenommen.
»Vielleicht wisst Ihr es noch nicht«, gab Margon zurück, »aber es haben sich Leute nach Euch erkundigt. Eine ganze Bande Halsabschneider, um genau zu sein. Gestern haben sie einen kleinen Jungen entführt, eines der Kinder, die Euch am Strand gefunden haben. Und Enris hier hätten sie beinahe getötet.«
Er stand nun dicht neben Arcad und deutete mit einer ungeduldigen Handbewegung auf den jungen Mann. Der Elf zuckte zusammen.
»Schaut ihn Euch ruhig genauer an!«, rief er. Der Ärger presste seine Kehle zusammen. Für einen Augenblick war selbst über die Heftigkeit dieses Gefühls erstaunt. Wollte er den Mann, der ihm vor Jahrzehnten diese kostbare schwarze Harfe geschenkt hatte, wirklich so hart anfassen? Dann erinnerte er sich daran, wie Arcad ihn zur Seite gestoßen hatte, an Enris‘ und Themets Erlebnisse im Lagerhaus, und sein Zorn flammte erneut auf, Zorn auf den Elfen, der seine Angelegenheiten so peinlichst für sich behalten wollte, während diese in seinem Schatten ihr Eigenleben führten und die Leben anderer gefährdeten.
»Die Wunde in seinem Gesicht hat er den Kerlen zu verdanken, die Euch suchen! Inzwischen wissen sie bestimmt auch, dass man Euch in die Festung gebracht hat – schließlich hat das in der ganzen Stadt die Runde gemacht.«
Er sah, wie Arcads Mund sich erschrocken öffnete, doch er ließ ihm keine Zeit für eine Erwiderung.
»Ich habe Eure Spiele satt, Arcad!«, rief er. »Eure elfische Höflichkeit, mit der Ihr in freundlichen Worten überhaupt nichts sagt, Eure Ausflüchte und Euer Schweigen! Ihr werdet uns erzählen, wer diese Leute sind, damit wir sie zur Rechenschaft ziehen können, und auch zu Eurer eigenen Sicherheit! Also, zum letzten Mal: Was geht hier vor?«
Der Elf schien in sich zusammenzusacken. Alle drei starrten ihn schweigend an.
»Das – das ist eine sehr lange und schwierig zu erklärende Geschichte«, sagte Arcad schließlich. Er drehte sich zu dem Tor aus schwarzem Gestein um, wandte sich aber gleich wieder davon ab.
»Hätte ich nur ein wenig mehr Zeit gehabt!«, rief er.
»Zeit wofür?«, wollte Margon wissen.
»Ich hätte es öffnen können«, fuhr Arcad fort, als hätte er den Magier nicht gehört. »Ich wäre hindurchgegangen, und niemand hätte etwas bemerkt. Niemand wäre zu Schaden gekommen!«
Erregt schüttelte er den Kopf.
»Aber jetzt haltet ihr mich mit euren Fragen auf, dabei sind sie mir auf den Fersen!«
Bei den letzten Worten des Elfen schaute Enris zu dem schwarzen Tor hinüber.
Er spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. Hier, mitten im Fels unter dieser Burg, verbarg sich ein Geheimnis! Es war die ganze Zeit hier versteckt gewesen. Kein Mensch in Andostaan hatte davon gewusst, und sie hatten es entdeckt!
Mit langsamen, regelrecht ehrfurchtsvollen Schritten näherte er sich dem Tor. Für einen Moment war ihm, als würde er sich selbst betrachten, wie er auf das Geheimnis zuging, um es zu ergründen. Dies war seine Geschichte, und in diesem Augenblick wurde ein neues
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