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Rushdie, Salman

Rushdie, Salman

Titel: Rushdie, Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luka und das Lebensfeuer
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Nuthog bekümmert. «Solange sie gefangen sind,
bleibt mir keine andere Wahl, als das zu tun, was er mir befiehlt.»
    «Man hat
immer eine Wahl», sagte Hund der Bär.
    «Und»,
rief eine Stimme vom Himmel, «sind dies vielleicht die Schwestern, nach denen
du dich sehnst?»
    Alle an
Bord der Argo schauten nach oben, und dort, hoch
über ihnen, schwebte Soraya, die Königin von Ott, auf Resham, König
Salomons fliegendem Teppich, der groß genug geworden war, um drei riesige,
zitternde Monster zu tragen, die, frisch aus dem Eisgefängnis entlassen, noch
zu verfroren waren, um selber fliegen zu können, und zu schwach, um sich zu
verwandeln, doch sie lebten und waren frei.
    «Bahut-Sara!
Badlo-Badlo! Gyara-Jinn!», rief Nuthog laut vor Freude. Die drei befreiten
Gestaltwandlerinnen stießen zur Antwort schwache, aber glückliche Seufzer aus,
und Captain Aag auf Nuthogs Rücken begann vor Angst zu schlottern. «B-B-Bleiben
wir alle doch ganz ruhig», sagte er und stammelte ein wenig. «Vergessen wir
nicht, dass ich nur Befehle ausgeführt habe und dass es die Aalim waren, die
Wächter des Feuers, die diese drei edlen Damen auf Eis legten und mir
auftrugen, mit dir, Nuthog, das Tor zum Herzen der Magie zu bewachen.
    Und denken
wir auch stets daran, dass die Sicherheit ein strenger Zuchtmeister ist, der
uns harte Entscheidungen abverlangt, weshalb es folglich passieren kann, dass
zum Nutzen aller einige Unschuldige zu leiden haben. Das verstehst du doch,
Nuthog, nicht wahr?»
    «Nur meine
Freunde nennen mich Nuthog», sagte Nuthog und fegte Captain Aag mit einem
kleinen, eleganten Hüftwackler von ihrem Rücken, sodass er mit einem heftigen
Plumps direkt unter ihrer qualmenden Schnauze landete. «Du aber gehörst nicht
zu meinen Freunden», setzte sie noch hinzu. «Für dich heiße ich deshalb Jaldibadal.
Und es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich verstehe es nicht.»
    Captain
Aag stand auf, um sich seinem Schicksal zu stellen. Jetzt sah er nur noch wie
ein ziemlich erbärmlicher Pirat aus, nichts als Haare und kein Feuer mehr.
«Noch ein letztes Wort?», erkundigte sich Jaldibadal zuckersüß. Captain Aag
schüttelte die Faust. «Ich komme wieder!», brüllte er.
    Jaldibadal
schüttelte ihr schuppiges Haupt. «Nein», sagte sie, «ich fürchte, das wirst du
nicht.» Und dann spie sie einen gigantischen Flammenstrahl aus, mit dem sie
Captain Aag umhüllte, und als das Feuer erstarb, gab es keinen Captain mehr,
nur noch einen kleinen Haufen zornig verglühender Asche.
    «Natürlich»,
sagte Jaldibadal, nachdem sie Aag sozusagen ausgelöscht hatte und die
Geiertruppe in ferne Himmelsregionen geflohen war, um niemals mehr gesehen zu
werden, «gibt es Mächte im Herzen der Magie, die ihn, so sie denn wollten,
zurück ins Leben rufen könnten. Allerdings hat er hier nicht allzu viele
Freunde, weshalb ich glaube, dass dies wirklich seine letzte Chance gewesen
ist.» Sie blies einmal kräftig in den kleinen Aschehaufen, der unter ihrer
Nase lag, und die Asche zerstob in alle vier Winde. «Und nun, junger Herr»,
fuhr sie fort und schaute Luka direkt an, «und Herr Hund, Herr Bär, wie ich
hinzufügen sollte, sagt mir, wie kann ich euch behilflich sein?»
    Ihre
Schwestern auf dem fliegenden Teppich schlugen probeweise mit den Flügeln und
stellten zu ihrer großen Freude fest, dass sie wieder fliegen konnten. «Wir wollen
ebenfalls helfen», sagte Badlo-Badlo, und Bahut-Sara und Gyara-Jinn nickten
zustimmend. Die Insultana Soraya klatschte entzückt in die Hände. «So ist's
recht», rief sie erfreut. «Jetzt haben wir eine kleine Armee.»
    In all der
Aufregung bemerkte niemand den winzigen feurigen Käfer, der sich in Richtung
Herz der Magie davonmachte, so rasch er nur fliegen konnte. Er brauste so
rasend schnell dahin wie ein Lauffeuer, das von einem heftigen Wind angefacht
wird.
     
    *
     
    Luka fand,
dass Nobodaddy sich seltsam benahm. Seine Bewegungen waren fahrig, ständig
kratzte er an der angesengten Krempe seines Panamahuts herum, lief gereizt auf
und ab, rieb sich die Hände, und wenn er denn überhaupt etwas sagte, war er
einsilbig. Manchmal sah er fast durchsichtig aus, dann wieder wirkte er geradezu
kompakt. Offenbar kämpfte Raschid Khalifa daheim in Kahani um sein Leben, und
vermutlich hatte dieser Kampf negative Auswirkungen auf Nobodaddys Laune. Doch
Luka kam auch noch ein anderer Gedanke. Vielleicht hatte Nobodaddy ihm bislang
nur seinen Willen gelassen, hatte bloß zu seinem eigenen perversen

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