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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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Hintertür steht noch offen, Angelica», sagte der
Spiegel. «Wir warten, Angelica», erwiderte Qara Köz.
Sie saß auf einem Stuhl an einem Fenster des grand salon
und sah seitwärts hinaus, sah, ohne gesehen werden zu
können. Unsichtbarkeit war ihr Los. Sie blieb gefasst.
Dann hörte sie Hufschläge und erhob sich. «Er ist da.»
Und das war er auch.
    Vor dem Palast Cocchi deI Nero verbreiterte sich die Via
Porta Rossa zu einem kleinen Platz, an dem auch der
Palazzo Davizzi und die Wohntürme der Foresi standen.
Als Argalia mit den Janitscharen den Platz erreichte,
drohte sie die dichtgedrängte Menge der Hexenjäger aufzuhalten, doch waren sie wild entschlossen und schwer
bewaffnet, weshalb man sie schließlich durchließ. Kaum
hatten die Reiter den Palast erreicht, räumten die Janitscharen den Eingang frei und öffneten, sobald es sicher
war, die Türen. Eine Stimme aus der Menge brüllte:
«Warum beschützt Ihr die Hexe?» Argalia ignorierte den
Ruf. Dann ertönte dieselbe Stimme erneut: «Wem dient
Ihr, condottiere, dem Volk oder Eurer Lust? Dient Ihr der
Stadt und ihrem verhexten Herzog, oder steht Ihr im
Bann der Vettel, die ihn verhext hat?» Argalia riss sein
Pferd herum und blickte über die Menge. «Ich diene ihr»,
rief er, «das habe ich immer getan und werde es immer
tun.» Dann ritt er mit ungefähr dreißig Mann auf den Hof
des Palastes und überließ es Clotho, sich um das Geschehen vor dem Haus zu kümmern. Die Reiter hielten am
Brunnen mitten im Hof, und der zuvor so stille Palast war
plötzlich mit Lärm erfüllt, dem Wiehern der Pferde, dem
Klirren der Waffen und dem Gebrüll der Männer, die
sich Befehle zuriefen. Die Bediensteten stürzten nach
draußen, um Reitern und Rössern eine Stärkung anzubieten. Und wie• eine Frau, die aus dem Schlaf erwacht,
begriff auch Qara Köz plötzlich, in welcher Gefahr sie
schwebte. Sie stand oben auf der Treppe, die in den Hof
hinabführte; Argalia stand unten und schaute zu ihr auf,
seine Haut weiß wie der Tod.
«Ich wusste, dass Ihr lebt», sagte sie, erwähnte aber mit
keinem Wort seinen verletzten Arm.
    «Und Ihr müsst auch leben», sagte er. «Die Menschenmenge wird immer größer.» Er sagte nichts von der
Wunde in seiner rechten Schulter, auch nichts von den
Flammen, die von dort durch seinen ganzen Körper loderten. Er sagte nichts davon, wie heftig sein Herz hämmerte, als er sie anschaute. Nach dem langen Ritt war er
außer Atem. Seine weiße Haut fühlte sich heiß an. Er
sprach das Wort «Liebe» nicht aus. Zum letzten Mal in
seinem Leben fragte er sich, ob er seine Liebe nicht an
eine Frau verschwendete, die ihre Liebe nur schenkte, bis
es Zeit wurde, sie zurückzunehmen. Er schob den Gedanken beiseite. Er hatte dieses eine Mal in seinem Leben sein Herz hingegeben und fand, es sei ein Segen,
dass ihm diese Gelegenheit gewährt worden war. Die
Frage, ob sie seiner Liebe würdig war, hatte keinerlei
Bedeutung. Sein Herz hatte diese Frage schon vor langer
Zeit beantwortet.
«Ihr werdet mich beschützen», sagte sie.
«Mit meinem Leben», antwortete er und begann, ein wenig zu zittern. Als er auf dem Schlachtfeld von Cisano
Bergamasco zu Boden stürzte, folgte dem Kummer über
den Verrat des Serben Konstantin rasch die Einsicht in
die eigene Dummheit. Konstantin hatte ihn erwischt, genau wie er in der Schlacht von Chaldiran einst Schah
Ismail von Persien erwischt hatte. Der Schwertkämpfer
würde stets dem Mann mit dem Gewehr unterliegen. Im
Zeitalter der Luntenschlossflinte und der leichten, transportablen Feldkanone gab es keinen Platz mehr für Ritter
in Rüstungen. Er gehörte der Vergangenheit an. Er hatte
diese Kugel verdient, so wie es die Alten verdienten, von
den Jungen beseitigt zu werden. Ihm war ein wenig
schwindlig.
«Ich konnte nicht gehen», sagte sie, und ihrer Stimme
war ein wenig Überraschung anzumerken, so als hätte sie
etwas Außergewöhnliches über sich erfahren.
«Aber jetzt müsst Ihr gehen», erwiderte er ein wenig
keuchend.
    Sie gingen nicht aufeinander zu. Sie umarmten sich nicht.
Qara Köz trat auf Spiegel zu.
«Nun, Angelica, sollten wir uns zum Sterben bereit machen», sagte sie.
    Die Nacht stand in Flammen. Überall loderten Feuer in
den leuchtenden Himmel auf. Dicht über dem Horizont
hing ein voller Mond, rot getönt, riesig groß. Wie Gottes
kaltes, irres Auge blickte er herab. Der Herzog war tot,
und allein das Gerücht regierte. Dem Gerücht zufolge
hatte

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