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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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(mit einer Ausnahme,: ein kleiner, zuckersüß lächelnder Mann von enormem Intellekt und Leibesumfang, vom Herrscher geliebt,
von neidischen Rivalen gehasst, ein Schmeichler, ein
Kriecher, der jeden Tag Speisen im Gewicht von fünfzehn Kilo verdrückte, ein Mann, der seinen Köchen befehlen konnte, zum Abendessen tausend verschiedene
Gerichte zuzubereiten, ein Mann, dessen Allwissenheit
kein bloßes Gerücht, sondern Grundvoraussetzung seines
Lebens war.
Das war Abul Fazl, der Mann, der alles wusste (nur
Fremdsprachen beherrschte er keine, auch die vielen gewöhnlichen Zungen Indiens nicht, sie waren ihm ausnahmslos unbekannt, was ihn zu einer recht außergewöhnlichen, monoglotten Gestalt im vielsprachigen Babel des Hofes machte,. Historiker, Meisterspion, Hellster
der Neun Sterne und zweitengster Vertrauter des furchterregendsten Menschen auf Erden (ohne Ausnahme,,
Abul Fazl, der die wahre Geschichte der Schöpfung der
Welt kannte, weil sie ihm, wie er sagte, die Engel selbst
erzählt hatten, und der auch wusste, wie viel Futter den
Pferden in den kaiserlichen Ställen täglich gestattet war,
der das allgemein anerkannte Rezept für das Reisgericht
Biryani kannte und wusste, warum man Sklaven in Jünger umbenannt hatte, der über die Geschichte der Juden
Bescheid wusste und über die Ordnung der himmlischen
Sphären, dem die Sieben Grade der Sünde vertraut waren, die Neun Schulen, die Sechzehn Bredouillen, die
Achtzehn Wissenschaften und die Zweiundvierzig Unreinen Dinge. Durch sein Netz an Informanten wurde er
über jedes Wort unterrichtet, das innerhalb der Mauern
von Fatehpur Sikri fiel, in welcher Sprache auch immer,
er erfuhr von allen geflüsterten Geheimnissen, von jedem
Verrat, jeder Nachgiebigkeit, jeder Promiskuität, weshalb
alle Menschen innerhalb der Mauer auch seiner Gnade
ausgeliefert waren, zumindest der Gnade seines Stiftes,
über den König Abdullah von Buchara gesagt hatte, man
müsse ihn sogar noch mehr fürchten als Akbars Schwert:
Von dieser Furcht befreit war allein der furchterregendste
Mensch auf Erden (ohne Ausnahme,, der sich vor niemandem zu fürchten brauchte, und das war natürlich der
Herrscher, sein Gebieter.
Wie ein König hielt Abul Fazl ihm das Profil zugewandt
und drehte sich nicht zum Neuankömmling um. Sein langes Schweigen machte mehr als deutlich, dass eine Beleidigung beabsichtigt war. Und der Botschafter von Königin Elisabeth begriff: Dies war die erste Probe, die er
zu bestehen hatte. Also blieb er ebenfalls stumm, und in
der schrecklichen Stille lernten beide Männer viel übereinander. Du glaubst, du verrätst mir nichts, dachte der
Reisende, doch an deiner Pracht und deinen ungehobelten Manieren, an deiner Dickleibigkeit und der strengen
Miene erkenne ich, dass du einer Welt angehörst, in der
Hedonismus neben Misstrauen existiert, in der Gewalt -
denn diese Stille ist eine Art gewaltsamer Angriff - Hand
in Hand mit der Betrachtung des Schönen geht, einer
Welt des übermäßigen Genießens und der Unversöhnlichkeit, deren Schwäche die Eitelkeit ist. Sie ist der Zauber, unter deren Bann du stehst, und durch mein Wissen
um deine Eitelkeit werde ich mein Ziel erreichen.
    Dann endlich ergriff der furchterregendste Mann auf Erden (mit einer Ausnahme, das Wort und sprach, als antwortete er auf die Gedanken des Fremden. «Exzellenz»,
begann er in höhnischem Ton, «wie ich merke, habt Ihr
Euch in Düfte gehüllt, die den Herrscher umgarnen sollen, woraus ich schließe, dass Ihr mit unseren Eigenheiten nicht gänzlich unvertraut seid, mehr noch, dass Ihr
nämlich keineswegs bloß ein unschuldiger Reisender
seid. Ich habe Euch nicht getraut, als ich vor wenigen
Augenblicken von Eurer Existenz erfuhr, und seit ich
Euch riechen kann, traue ich Euch noch viel weniger.»
Der gelb haarige Mogor dell’Amore ahnte, dass Abul
Fazl der Verfasser jenes Buches magischer Salben war,
deren Formeln Mohini so geschickt anzuwenden wusste,
weshalb ihre olfaktorischen Beschwörungen keine Macht
über ihn besaßen und folglich ihren Einfluss auf ihn wie
auch auf jeden anderen verloren. Als die Wachen an den
vier Eingängen zum Haus der Privataudienz plötzlich
wieder zu sich kamen, verschwand das dämliche Grinsen
aus ihrem Gesicht, und als die verschleierten Sklavenmädchen, die darauf warteten, den illustren Männern zu
Willen sein zu dürfen, ihre Mienen erotischer Verträumtheit verloren, begriff der Neuankömmling, dass er vor
dem

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