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Rushdie Salman

Rushdie Salman

Titel: Rushdie Salman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die bezaubernde Florentinerin
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schon offen in der
Hand hielt, kaum dass er sich wieder aufrichtete, obwohl
weder Akbar noch Abul Fazl gesehen hatten, wie er das
Siegel erbrach. Ein Taschenspielertrick, dachte der Herrscher. Das gefallt mir. Der Scharlatan las den Brief auf
Englisch vor und übersetzte ihn dann fließend und ohne
zu zaudern ins Persische. «0 Ihr unbezwingbarer, höchst
machtvoller Herrscher», schrieb Königin Elizabeth,
«Lord Zelabdim Echebar, König von Cambaia, ich entsende Euch meinen Gruß.»
Abul Fazl wieherte verächtlich. «Zelabdim?», schnaubte
er. «Und wer soll dieser Echebar sein?»
Der über ihm sitzende Herrscher klatschte sich vor Vergnügen auf die Schenkel. «Wir sind er», gluckste er.
«Wir sind der padishah Echebar, Lord über das sagenhafte Königreich Cambaia. Ach, ihr armen, unwissenden
Engländer, mich dauert dieses Volk, denn seine Königin
ist ein ignoranter Simpel.»
    Der Brief-Vorleser verstummte und wartete darauf, dass
sich das Lachen legte. «Weiter, macht weiter», rief der
auffordernd winkende Herrscher. «König Zelabdim verlangt es.» Dann lachte er wieder und suchte nach einem
Taschentuch, um sich die Tränen fortzuwischen.
Der «Botschafter» verbeugte sich erneut, diesmal noch
umständlicher als zuvor, fuhr fort und hatte, noch ehe er
zum Ende kam, sein Publikum ein zweites Mal in seinen
Bann geschlagen. «Für Handelsgeschäfte und sonstige
Unternehmungen zu gegenseitigem Vorteile erbitten wir
Euer Wohlwollen», las er. «Uns wurde zur Kenntnis gebracht, dass Euer Majestät sich für unfehlbar erklärte,
und wir versichern, dass wir die auetoritas, die zu diesem
machtvollen Anspruch führte, durchaus nicht hinterfragen. Dennoch geben wir kund und zu wissen, dass es ein
weiteres Individuum gibt, welches Gleiches von sich
behauptet, und seid versichert, dass wir nicht im Mindesten daran zweifeln, dass ebenjener andere der Betrüger
ist. Gemeint, mächtiger Monarch, ist damit der unwürdige Priester und Bischof von Rom, genannt Gregor, der
Dreizehnte in einer schmählichen Abfolge von Päpsten
gleichen Namens, dessen gegen die Ostreiche gerichtete
Ränke Ihr geratenerweise nicht unterschätzen solltet.
Wenn er Priester nach Cambaia, China oder Japan entsendet, dann nicht, so seid gewiss, allein in heiliger Mission. Ebenjener Bischof rüstet übrigens gegenwärtig zum
Kriege gegen uns; und seine katholischen Untertanen
sind verräterische Subjekte an Eurem Hofe, planen sie
doch seine künftigen Eroberungszüge.
Hütet Euch vor den Lakaien Eures Rivalen! Verbündet
Euch mit uns, und gemeinsam werden wir unsere Feinde
besiegen! Ich weiß, ich habe den Leib einer schwachen
und kraftlosen Frau, aber ich besitze auch das Herz und
den Mut eines Königs, und den eines Königs von England dazu. Rasende Verachtung überkommt mich, denke
ich daran, dass irgendein Papst in Rom es wagen sollte,
mich oder einen meiner Verbündeten zu entehren, verfüge ich doch nicht nur über auetoritas, sondern auch über
potestas, und dank ihrer, dank meiner Macht, bleibe ich
Siegerin in diesem Kampf. Sind unsere Feinde aber erst
vernichtet und in alle vier Winde zerstreut, werdet Ihr
Euch freuen, mit England gemeinsame Sache gemacht zu
haben.»
Kaum schwieg der «Botschafter», spürte der Herrscher,
dass er sich innerhalb weniger Minuten zum zweiten Mal
verliebt hatte, denn ihn hatte ein großes Verlangen nach
der Verfasserin des Briefes ergriffen, nach der Königin
von England. «Abul Fazl», rief er, «sollen wir dieses
großartige Weib nicht unverzüglich heiraten? Diese jungfräuliche Königin, Rani Zelabat Giloriana Pehlavi? Wir
glauben, wir müssen sie auf der Stelle unser Eigen nennen.»
«Ausgezeichneter Gedanke», sagte der «Botschafter»
Mogor dell’ Amore. «Und hier in diesem Medaillon findet Ihr ein Bild von Ihrer Majestät, das sie Euch mit ergebensten Grüßen übersendet. Ihre Schönheit wird Euch
bezaubern, übertrifft sie doch die Schönheit ihrer Worte.»
Mit schwungvoller Gebärde und bauschenden Ärmelspitzen zückte er daraufhin einen goldenen Anhänger, den
Abul Fazl mit einer Miene tiefsten Misstrauens entgegennahm. In Abul Fazl regte sich die Ahnung, dass sie
sich in tiefes Gewässer vorwagten und die Anwesenheit
dieses Mogor noch die weitreichendsten Folgen zeitigen
würde, die dem Hofe keineswegs unbedingt zum Vorteil
gereichen mochten, doch als er seinen Herrn vor einer
weiteren Annäherung warnen wollte, wischte der furchterregendste Mensch

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