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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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von der russischen Miliz suchen. Aber der ist ohnehin bekannt, dass Rostowjewa verschwunden ist. Und sie wird sie wohl nicht umbringen, bloß weil sie eine Menge weiß. – Bin ich mir da sicher? Es reicht ja schon, wenn die Miliz, wenn jemand von der Miliz den richtigen Leuten einen Tipp gibt. Ich muss einen Termin mit dem Innenminister bekommen. Kann ja nicht so schwer sein.
    Droch wird mir helfen. Gismo fehlt mir. Es ist, als wäre die ganze Wohnung leer geräumt, die Möbel nur Kulisse. Wenn Oskar mich nicht sehen will, nicht einmal mit mir sprechen will: Eine SMS wird er vielleicht lesen. »Gismo gehört mir. Gib sie mir sofort zurück.« Das klingt lächerlich, kindisch. Aber es ist wahr: Gismo gehört zu mir, wir leben viel länger zusammen, als wir es mit Oskar tun. Wir haben schon viel miteinander durchgestanden. Ihren schrecklichen Unfall damals. Meine Schwärmerei für den Volksmusikmoderator. Einige Monate auf dem Land. Samt Reblaus, dem freundlichen Schäferhund. Ich schaue in den Kühlschrank. Jetzt ist er endgültig leer. Bis auf ein paar Senftuben, ein angebrochenes Glas eingelegte Chilis und ältlichen Knoblauch. Spaghetti aglio, olio, peperoncino. Das geht. Das wird mich trösten. Ich bin es doch gewohnt, allein zu leben. Ich habe immer gern allein gelebt.
    Ich setze mich an den Computer und schicke Karla über mein Hotmail-Konto eine E-Mail. Man kann es auch übertreiben mit der Angst, überwacht zu werden. Ich bedanke mich für alles und schreibe ihr, dass ich gut angekommen bin. Ich bitte sie, etwas über Sergej Popp herauszufinden, Chauffeur und Leibwächter. Dann schicke ich auch Manninger eine Mail. Lob für seine Moskauer Küche, dass es mir gut gehe, ein paar lustige Zeilen, dass ich wiederkommen und bei ihm kochen wolle. Mein dramatischer Auftritt sei bloß eine Finte gewesen, um mich einzuschleichen.
    Ich habe Freunde. Manninger. Vesna. Droch. Seit Neuem auch Karla, die selbst der zynische Droch bewundert. Eleganter, intelligenter Elan. Das trifft es. Wie gern wäre ich auch so, das darf ich der zierlichen Russland-Expertin aber nicht sagen. Sie würde hellauf lachen. Klaus Feldner, auch er könnte zu einem Freund werden.
    Es läutet an der Gegensprechanlage. Oskar. Er hat nicht gewusst, was er am Telefon sagen sollte. Er ist selbst gekommen. Achtung, Mira. Vielleicht bringt er bloß Gismo zurück. Auch gut. Ich gehe ins Vorzimmer, lausche auf seine Schritte. Aber das sind definitiv nicht seine Schritte, zu leicht, zu schnell. Ich habe das Haustor nicht aufgemacht. Wer immer da kommt, muss einen Schlüssel haben. Vesna wollte nach Leipzig. Vielleicht sind Oskars Schritte heute schneller, leichter, weil er zu mir will. Ich renne ins Badezimmer, schaue, ob ich halbwegs attraktiv aussehe, etwas Puder auf die Nase, etwas Gel in die Haare. Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, ich sause ins Vorzimmer zurück, ein liebevoll-verzeihendes, verzeihung-heischend-erwartungsvolles Lächeln im Gesicht. Vesna sieht mich erstaunt an.
    »Was ist los?«, sage ich und bin wieder auf dem Boden der Realität.
    »Halilovi c ist weg. Ich habe ja weiter in Hotelzimmer gewohnt, aber ich bin heute heim zu den Zwillingen, ist schon gut, wenn man ab und zu nachsieht. Und Jana sagt, Papa ist vorgestern ausgezogen.«
    »Wohin?«
    »Hat er Freundin, kannst du dir das vorstellen? Zuerst tut er, als würde Welt untergehen, wenn ich nicht mehr da bin, und dann hat er Freundin.«
    »Wer weiß, ob das wahr ist«, versuche ich Vesna zu beruhigen.
    »Ich weiß. Wofür kenne ich mich aus mit Nachforschungen? Ich habe heute Nachmittag nachgesehen. Halilovi c hat Jana und Fran eine Adresse gegeben, wo sie ihn erreichen können. Und an dieser Adresse wohnt diese Person.« Vesna funkelt mich an.
    »Vielleicht wohnt er bei ihr nur zur Untermiete«, überlege ich.
    »Nix Untermiete. Ist ganz in der Nähe, wo er arbeitet. Sie hat so ein Espresso-Café, eine Art Bar, und so sieht sie auch aus. Aufgedonnert mit vielen gefärbten blonden Haaren. Ist sicher nicht jünger als ich, tut nur so.«
    »Und woher willst du wissen, dass er mit ihr etwas hat?«
    »Also, ich sehe mir Adresse an und fahre hin. Da ist das Espresso-Café ›Dubrovnik‹. Und darüber Wohnung von dieser Person. Ich verdrücke mich auf guten Beobachtungsposten. Er kommt von der Arbeit, es war gerade die Zeit dafür, er geht ins Café, und er küsst die Person mit viel zu viel Lippenstift vor allen anderen, die da waren. Und dann ist er einfach hinaufgegangen in ihre

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