Russen kommen
Computer gehandelt hat? Er hat auch schon mit Computern gearbeitet. Technologietransfer zwischen der DDR und der befreundeten U d SSR . Kann gut sein, dass er Dolochow oder Sachow schon lange kennt. Kann sein, dass noch einer investiert hat, den er kennt. Ein großer Autohändler in Leipzig. Vielleicht finde ich mehr heraus. Ich muss aufhören.«
»Vesna!«, rufe ich. Aber sie hat schon aufgelegt. Hat man sie verfolgt? Aber ich beruhige mich. Es sieht ihr ähnlich, Telefongespräche so abrupt abzubrechen, nachdem sie alles gesagt hat, was sie sagen wollte. Hoffentlich ist es so. Und: Wir haben wieder ein Steinchen gefunden.
Drei Tage noch bis zum nächsten Redaktionsschluss. Jetzt will ich nicht mehr nur herausfinden, wer hinter dem Mord an Dolochow, was hinter »Direktinvest« steckt, es geht auch darum, Sonja in Sicherheit zu bringen. Und es dem »Blatt« heimzuzahlen.
Wenn wir von weiteren Investoren wüssten … Einer muss doch reden … Sorger habe ich schon gefragt. Er gilt allgemein als Tölpel, aber ich glaube ihm seltsamerweise, dass er tatsächlich nicht investiert hat. Er hat es zu klar erzählt, bei ihm hat alles zusammengepasst. Und er ist um einiges schlauer, als viele denken. Vielleicht hat er auch bloß einen besseren Instinkt, was zwielichtige Geschäfte angeht.
Das Einzige, was mir einfällt: Ich sollte noch einmal nach Zürs. Die Bauarbeiten am »Sonnenhof« haben nicht danach ausgesehen, als wären sie so rasch abgeschlossen. Christof Guggenbauer wird also da sein. Ich sollte ihn mit dem, was ich jetzt weiß, konfrontieren. Er war vielleicht doch einer der nachträglichen Investoren. Nicht nur ein Opfer von »Direktinvest«, sondern auch von Professor Welser. Denn das hat mir Guggenbauer ja erzählt: Sein Stammgast, dieser Professor, dessen Namen er nicht nennen wollte, habe ihn angesprochen. Vielleicht hätte ich viel früher viel genauer nachforschen müssen. Vielleicht hat auch Flemming seinen Hotelier am Arlberg in die Sache verwickelt? Unsinn. Flemming hat in einem der Fünfsternehäuser gewohnt, die längst einem Konzern gehören. Da gibt es keinen Hotelier mehr, zumindest nicht im herkömmlichen Sinn.
Flug Richtung Arlberg. Jetzt brauche ich wenigstens keine Rücksicht mehr zu nehmen auf Oskar. Nicht mehr fragen, nicht mehr bitten. Mira, so schlimm war es auch wieder nicht. Oskar. Es kann nur einen Grund geben, warum er sich noch immer nicht gemeldet hat. Er will sich nicht melden. Nie mehr. Rund um mich scheinen alle Beziehungen zu zerbrechen. Selbst Halilovi c hat eine Freundin. Die großartige Ärztin hat sich von Welser getrennt. Wobei ich in diesem Fall nicht weiß, was sie jemals an ihm gefunden hat. Vielleicht hat sie einen Helferinnenkomplex, dazu würde die Sache mit ihrem Bruder passen. Welser mit seinem grauen Bart und seiner weltfremden Art hat sie vielleicht angezogen. Auch wenn sie bestreitet, dass er so hilflos wäre. Und dann noch die Frau von Flemming. Ein ganz anderer Fall, Mira. Die war sauer, weil er kein Geld mehr hatte. Und sie hat dankenswerterweise darüber geredet. Vergönnt, Herr Flemming.
Es gibt keinen Platz im Flieger, nicht heute und auch morgen nicht. Ich wechsle von der Billigfluglinie zu unserer AUA : Die haben Plätze, hin und retour, der billigste Tarif sechshundert Euro. Das wird das »Magazin« nicht zahlen. Zumal es ja nur so eine Idee von mir ist, am Arlberg noch irgendetwas Neues herausfinden zu können.
Es ist kurz nach zwei. Ich rechne. Wenn ich mich gleich ins Auto setze, dann bin ich um neun, spätestens halb zehn am Abend dort. Und wenn Guggenbauer nicht da ist? Wenn ich kein Zimmer bekomme? In Lech gibt es Hotels, die das ganze Jahr über offen haben, sollte in Zürs tatsächlich alles zu sein. Seltsam, ein ganzer Ort, der zusperrt. Oskar mag es nicht, wenn ich so weite Strecken allein mit dem Auto fahre. Geht ihn nichts mehr an, Mira. Er hat sich Sorgen gemacht. Du warst eigentlich glücklich darüber, jemanden zu haben, der sich um dich Sorgen macht. Eigentlich. Aber nicht, wenn er mich unter Druck setzt. Ich verbiete mir, weiter an Oskar zu denken. Ich habe wirklich Wichtigeres zu tun. Und außerdem: Was würde es ändern?
Ich setze mich ins Auto und kann nicht verhindern, dass meine Gedanken trotzdem ab und zu um Oskar Kellerfreund, erfolgreichen Wirtschaftsanwalt, Gourmet und Mann, meinen Mann, kreisen. Genau genommen tun sie das vom zweiten Bezirk in Wien bis zum Arlberg.
Es ist bereits finster, als ich den Flexenpass überquere
Weitere Kostenlose Bücher