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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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nicht mehr mit dem Fall Dolochow beschäftigen kann? Die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Österreich. Wie wichtig sind sie? Wer bestimmt, dass Ruhe herrscht? Ich rufe mich zur Ordnung. Wir sollten uns um Naheliegendes kümmern.
    Wir sitzen in der Küche von Vesnas alter Wohnung. Ihre beiden Telefone, das eine für Reinigungsarbeiten, das andere für Nachforschungen, hat sie auf den Küchentisch gestellt.
    »Halilovi c ist ja fort«, hat sie lediglich gesagt, und heute hat es sich bereits so angehört, als könnte sie damit leben.
    Wir fassen zusammen, was wir über Flemming wissen.
    »Er hat sich mit Filialen in München und Frankfurt übernommen. Das ist klar«, sagt Vesna. »Die meisten gehen nicht zu Experten einkaufen, wenn sie Computer woanders billiger haben können. Er hat mit internationalen Computermärkten nicht mithalten können.«
    »Wie bist du darauf gekommen?«, frage ich. Schön langsam weicht die Leichtigkeit von heute Morgen einem Vakuum im Kopf. Zu viele Kilometer. Zu viele Fakten. Zu viele Vermutungen. Zu wenig Schlaf.
    »Ich habe mir gedacht, wer wird über einen lokalen Computerkönig etwas wissen? Lokale Zeitung, »Leipziger Tagblatt«. Ich habe mit dem Wirtschaftsredakteur gegessen, habe gesagt, ich bin Chefredakteurin einer bosnischen Computerzeitung.«
    »Flemming könnte Dolochow also als letzte Chance betrachtet haben«, überlege ich.
    Vesna nickt. »Flemming hat in den Achtzigerjahren viele Technologiegeschäfte mit Russland gemacht. So ist man vielleicht auf ihn gekommen.«
    Ich überlege. »Aber eigentlich hätte er Geld von Dolochow gebraucht. Stattdessen hat er offenbar alles, was er auftreiben konnte, bei ›Direktinvest‹ eingebracht.«
    »Wer sagt, dass Dolochow nicht versprochen hat, dafür bei ihm einzusteigen? Denke, das würde genau zur Art von ihm passen. Einem Oligarchen glaubt man. Hat ja sogar dein Vorarlberger geglaubt. Nicht Liebe macht blind, Geld macht blind.«
    Vesna hat eine Menge bunter Kärtchen vor sich. Wir wollten die Fakten, die Vermutungen, die handelnden Personen darauf schreiben und so lange Muster legen, bis eines passt. Aber die Kärtchen sind noch leer. Der Anwalt: Ist er tot oder untergetaucht? Es gibt nur eine, die so viel weiß wie er, wahrscheinlich noch um einiges mehr: Sonja.
    Ich überlege. Wer hat die Macht, Sonja Rostowjewa in Sicherheit zu bringen? Und zu uns? Ich habe bereits auf der nächtlichen Fahrt vom Arlberg nach Wien daran gedacht, das Ganze dann aber wieder als absurde Idee eines mit Koffein vollgepumpten Hirns abgetan: Der Einzige, dem ich das zutraue, ist Boris Dolochow. Sein Sicherheitsdienst könnte besser sein als die Leute, die Sonja jagen. Seine Beziehungen gehen über die unseres Innenministers wohl um einiges hinaus. Und was, wenn es gerade Boris Dolochow ist, der hinter allem steckt? Wenn es genau seine Sicherheitsleute sind, die hinter Sonja her sind? Die vielleicht gerade nur noch einen kleinen Hinweis von uns brauchen, um sie endlich zu schnappen?
    »Du denkst und bewegst dabei die Lippen«, sagt Vesna. »Rede gleich laut.«
    Ich seufze und erzähle ihr von meiner Idee. Einer gefährlichen Idee. Selbst Vesna sieht das so.
    »Und wenn Dolochow nicht will, dass Sonja auspackt?«, fragt sie.
    Ich zucke mit den Schultern. »Weißt du etwas Besseres? Dolochow hat mir gesagt, er möchte, dass der Mord an seinem Bruder so rasch wie möglich geklärt wird.«
    Vesna sieht mich zweifelnd an. »Wenn er so viel Macht hat, warum ist der Fall dann noch nicht gelöst? Und erinnere dich: Er hat auch gesagt, er hat vor deiner Story noch nie etwas von ›Direktinvest‹ gehört. War eine Lüge. Sorger hat ihm davon viel früher erzählt.«
    »So viele, die in diesem Fall etwas zu verlieren haben könnten. Oder schon verloren haben«, überlege ich.
    Und jetzt nimmt Vesna ihre Kärtchen und schreibt:
    »Boris Dolochow verliert: guten Ruf als Geschäftsmann, Geld (hat Bruder beseitigt, weil er mit Betrügereien seine Strategien gestört hat).
    Andrej Sachow – gewinnt: Geld, von dem vielleicht nur er weiß, wo es ist (hat ein ganz gutes Alibi für Mord an Wassili Dolochow, hat aber Investoren betrogen, ist laut Vertrag zeichnungsberechtigt bei Banken).
    Sergej Popp – gewinnt: Teil vom Geld (hat deswegen Wassili Dolochow im Auftrag von Sachow ermordet, Geheimdiensterfahrung).
    Sonja Rostowjewa – verliert: hat mitgespielt und weiß zu viel.
    Prof. Welser – verliert: eine Menge Geld.
    Flemming – verliert: eine Menge

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