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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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die sehr gut Deutsch konnte und wahrscheinlich Sonja hieß, einem blonden großen Russen, der sein Fahrer oder sein Bodyguard gewesen sein dürfte, und dessen Begleitung im ›Zirben‹ gesessen. Ein Hubschrauber mit dem Bauunternehmer Sorger und einigen Bekannten ist gelandet. Darauf ist Ihr Bruder ganz plötzlich mit seinen Leuten durch den Küchenausgang geflohen. Was kann das bedeuten?«
    »Sorger?« Dolochow runzelt die Stirne. »Ich habe nur einmal einige Minuten mit ihm gesprochen. Warum Sorger?«
    »Kann er gewusst haben, dass Sie Sorger kennen und dass er die Kapelle für Sie baut?«
    »Ja«, meint Dolochow langsam, »das ist schon möglich. Dieser Sorger hat es leider überall herumerzählt. Vielleicht hat mein Bruder bessere Kontakte zu meiner Umgebung gehabt, als ich gedacht habe.«
    »Er wollte, dass alle glauben, er wäre der Oligarch Dolochow. Er hat Angst gehabt, dass Sorger weiß, dass Sie gar nicht am Arlberg sein können …«
    Der Oligarch nickt. »Das ist möglich. Ich werde das klären lassen.«
    »Erfahre ich es?«, sage ich bittend und versuche einen treuherzigen Blick. Selbst bei Droch wirkt er meistens.
    »Nein. Ich will nur, dass der Fall rasch geklärt wird und dass klargestellt wird, dass ich damit nichts zu tun habe.«
    »Dafür wäre ein Interview doch hilfreich.«
    Dolochow lächelt. »Sie sind hartnäckig, das gefällt mir. Ich bin kein Medienmensch. Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt. Wer weiß. Und ich danke Ihnen, dass Sie mir die Sache vom Arlberg erzählt haben.«
    »Gut möglich, dass sich Wassili als Boris Dolochow ausgegeben hat.«
    »Ja, kann sein.« Dolochow geht in Richtung Türe. »Wenn Sie etwas herausfinden, rufen Sie mich an. Unter dieser Nummer bin ich immer erreichbar.« Er drückt mir einen Zettel in die Hand, keine Visitenkarte, sondern ein kariertes Stück Papier, das wohl von einem Block abgerissen wurde und auf dem eine lange Nummer steht.
    »Haben Sie schon mit Dr. Zuckerbrot gesprochen?«, frage ich ihn.
    Dolochow lächelt. »Das ist mein zweiter Termin heute in Wien.«
    Wir stehen beide vor der geschlossenen Türe. Es wäre höflich, sie jetzt zu öffnen.
    »Und dann geht es zurück nach Moskau?«, frage ich, als hätten wir bloß Small Talk gemacht. »Oder fahren Sie noch zum Grab Ihres Großvaters? – Keine Sorge, ich bin keine, die jemandem Fotografen hinterherhetzt.«
    Dolochow schüttelt den Kopf. Worauf er es bezieht, lässt sich schwer sagen.
    Mir kommt eine Idee. »Was, wenn jemand Ihren Bruder mit Ihnen verwechselt hat? Einer, der die alten Kriegsgeschichten nicht vergessen kann? Der sich jetzt gerächt hat?«
    Dolochow greift zur Türklinke. »Unsinn. Wir leben im 21. Jahrhundert. – Ich danke Ihnen für das Gespräch.« Jetzt öffnet er endgültig die Tür, gibt mir die Hand und steht im engen Hausflur. »Übrigens«, er lächelt, »die Videokamera ist geschickt montiert.« Meine Güte, ist mir das peinlich. Ich könnte Vesna …
    »Ihre Freundin hat wohl ein Reinigungsunternehmen der besonderen Art. Sie soll auf Sie aufpassen.«
    »Ich wollte … Es war nur … Meine Freundin wollte für den Fall, dass nicht Sie, sondern … dass alles eine Falle … – Wie haben Sie bloß …«
    »Man bekommt Augen dafür«, sagt er mit einem beinahe traurigen Lächeln.
    »Er sieht gut aus«, sagt Vesna, als wir uns die Aufzeichnung auf dem Computer ansehen. Sie hat es nicht so schlimm gefunden, dass er die Kamera entdeckt hat, so wisse er wenigstens, dass er es mit Profis zu tun habe.
    »Mein Typ ist er nicht«, erwidere ich. »Aber er war irgendwie … eindrucksvoll«
    »Vierzehn Milliarden«, meint Vesna.
    Wir sehen die Aufzeichnung zu Ende, und mir dämmert etwas. Ich habe ihm vom Vorfall am Arlberg erzählt. Egal ob er wichtig oder unwichtig ist, wenn er wirklich an der raschen Aufklärung des Falls interessiert ist, wird Zuckerbrot in Kürze davon erfahren. Und die russischen Behörden auch. Ich muss vor ihnen allen in Zürs sein.
    Vesna ist untröstlich, dass sie nicht mit kann, zu viele Aufträge, zu viele Termine. Fran sucht mir im Internet den nächsten Flug, ich habe Glück. Intersky. In eineinhalb Stunden. Das muss reichen. Ich bestelle das Ticket online, er druckt es mir aus, und ich bewundere wieder einmal, wie schnell er auf dem Computer ist. So als wäre er ein Teil von ihm.
    Zum Glück haben die kleinen, billigen Fluglinien viel kürzere Eincheckzeiten als die großen. Warum auch immer. Die anschließende Fahrt mit dem Bus nach Zürs

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