Russendisko
spielt, fallen ständig die falschen Leberflecken ab. Er hat ein sehr bewegliches Gesicht und muss jede Stunde von mehreren Maskenbildnerinnen neu geschminkt werden. Dazu benutzen sie ein dickes amerikanisches ChruschtschowBuch, in dem ganz genau steht, welche Leberflecke der Russe wo hatte.
»Schade, dass sie den Champagner wegschütten«, In den Schützengräben von Stalingrad meint Grischa. »Aber was soll's, die Amis sind nun mal keine Champagnertrinker, die stehen mehr auf Bier.« »Die Russen trinken auch gerne Bier«, erwidere ich. »Die Russen trinken alles, sie lassen sich auch nicht lange bitten«, sagt Grischa. Ich hatte inzwischen Chruschtschows Frühstück weiter verputzt und konnte nicht mehr. »Schluss mit der falschen Bescheidenheit, wir dürfen nicht zulassen, dass deine ganzen guten Sachen weggeschmissen werden. Das sind wir unseren Vätern schuldig, die einst Stalingrad stürmten«, agitierte mich Politoffizier Grischa. »Das ist doch eine auf Verschwendung angelegte Filmproduktion, die werden neues Zeug einkaufen und wieder alles wegwerfen. Was meinst du, warum dieser Film überhaupt gedreht wird?«, versuchte ich meinen Freund aufzuklären. »Wie - warum? Aus Albernheit natürlich«, meinte er. »Aus Schadenfreude«, behauptete ich, »ein überaus typisches Verhaltensmerkmal der westlichen Zivilisation.« »Das muss ich meinen amerikanischen Kollegen erzählen.« Grischa überlegt kurz und kaut weiter. »Wie heißt eigentlich >Schadenfreude< auf Englisch?« »Weiß ich nicht, muss man im Wörterbuch nachsehen.« Wenig später fanden wir in der RequisiteeinDeutsch-Englisches-Wörterbuch.
>Schadenfreude< heißt auf Englisch >Schadenfreude<.
Political Correctness
Die moderne Gesellschaft zerstört die traditionellen Umgangsformen der Menschen. Damit das Zusammenleben aber nicht gänzlich unerträglich wird, schaffen die demokratischen Staaten neue künstliche Regeln. Der letzte Schrei auf diesem Gebiet ist die political correctness. In den USA, dem Land der unbegrenzten Anzahl von Gesetzen, dürfen die Frauen zum Beispiel seit einiger Zeit im Zuge der Gleichberechtigung in der New Yorker U-Bahn mit entblößten Brüsten fahren. Gleichzeitig ist es den anderen Fahrgästen verboten, ihre nackten Titten anzustarren. Das gilt als politisch höchst unkorrekt, wird als Verletzung der Privatsphäre betrachtet und kann bei der Polizei angezeigt werden.
An der Berliner Volksbühne sind an der »Titus Andronikus«- Inszenierung zwei russische Schauspieler beteiligt. In dem blutigsten und gewalttätigsten Shakespeare-Drama werden ununterbrochen die Darsteller verstümmelt. Eine Unmenge von Beinen, Händen, Zungen und anderen lebenswichtigen Körperteilen werden auf der Bühne abgehackt. Die Hauptübeltäter, die Barbaren, werden von Russen gespielt. Denn offenbar ist jedem klar, dass Barbaren diejenigen sind, die von weither kommen und Deutsch mit russischem Akzent sprechen.
In New York darf man Mongoloide nicht als Mongoloide bezeichnen. Politisch korrekt heißen sie »alternativ begabte Menschen«. Es gibt viele amerikanische Bücher und Hollywoodfilme, die sich des Themas »Alternative Begabung« annehmen. Eine ganze Kulturindustrie ist daraus entstanden. In der Regel arbeiten viele alternativ begabte Mongoloide in Kaufhäusern und Supermärkten, wo sie an der Kasse stehen
und die gekauften Waren in Tüten packen. Sie sind immer nett und lassen einen gleich an Forest Gump und den Rainman denken. Doch die New Yorker Rainmänner haben eine merkwürdige Angewohnheit: Beim Einpacken schieben sie immer die weichen Früchte und das Gemüse zuerst in die Tüte, die Zweiliterdosen und Whiskeyflaschen kommen dann oben drauf. Die Amerikaner, die in Sachen political correctness schon einiges gewohnt sind, ärgern sich darüber kein bisschen. Im Gegenteil, weil sie moderne aufgeschlossene Menschen sind, können sie die zunächst befremdliche Logik von alternativ Begabten total gut nachvollziehen: Die Mongoloiden tun dies nicht, um den anderen den Konsumspaß zu verderben. Sie wollen einfach nur die schönsten und sich angenehm anfühlenden Sachen zuerst in die Hand nehmen - die warmen roten Tomaten, die Paprikaschoten. Als Letztes fassen sie die kalten, toten, nichts sagenden Olivenölbüchsen und Flaschen an. Sie bewerten die Dinge nicht nach dem Gewicht, sondern nach anderen, vielleicht ästhetischen Kategorien. In einem Berliner Theater fragte neulich eine schwarzafrikanische Schauspielerin den Regisseur, was
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