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Russisch Blut

Titel: Russisch Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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errichten. Hier.«
    In einem bildschönen Winkel der ehemaligen DDR, dem man noch immer anmerkte, daß er bis vor fünfzehn Jahren Sperrgebiet gewesen war. Hier hätten die golffähigen Pensionäre Europas ihr Geld gewiß nicht hingetragen.
    »Dem großen Investor ging schon bald die Luft aus. Er hat an die Frankens verkauft und ihnen einen nicht ganz so guten Preis gemacht wie den, den er selbst bezahlt hat.« Er lächelte dünn.
    »Und Sie haben davon profitiert.«
    »Ich habe Alex Kemper überhaupt erst auf die Idee gebracht. Ich habe ihm vorgeschlagen, das Schloß zu erwerben und mir ein lebenslanges Wohnrecht einzuräumen. Es wird ja nicht mehr lange dauern.«
    Katalina sah ihn an. Der Alte machte sich Illusionen. »Und was haben Sie Kemper und den anderen dafür – versprochen?« Langsam dämmerte ihr, wovon die Frankens sprachen.
    »Die Erfüllung ihrer Wünsche. Und deshalb hat keiner von denen ein Interesse, mir etwas anzutun, verstehen Sie? Die wollen das, was hier drin ist.« Er tippte sich an die Stirn. »Doch das lasse ich nicht raus.«
    Katalina hob die Augenbrauen.
    »Wenn Sie die Wünsche eines Menschen kennen, haben Sie ihn in der Hand.«
    Katalina horchte in sich hinein. Sie fühlte sich weitgehend frei von Wünschen. Ihr genügte, was da war. Es reichte fürs Leben. Für ihr Leben.
    »Sie alle, Alma und Peer, Sophie und Alex, haben Wünsche. Starke, leidenschaftliche Wünsche. Außer vielleicht Erin.«
    Ob er sich da nicht irrte? Sie hatte Erins Gesicht gesehen, als sie sich unbeobachtet fühlte. Erin wünschte sich Alex – mit aller Leidenschaft.
    Und sie selbst? Hatte sie nicht doch einen, diesen einen Wunsch? Sie schaute auf die leere Leinwand, als die sie ihr Inneres empfand. Und in der Tat, in der rechten unteren Ecke bewegte sich ein dunkler Punkt. Wurde größer. Wurde Gavro. Und wenn du jetzt das Zauberwort wüßtest, flüsterte eine Stimme in ihr. Und du müßtest es nur aussprechen, und Gavro käme zurück … Aber sie wünschte ihn nicht zurück. Noch unerträglicher, als – ihn verloren zu haben, war die Vorstellung, ihn ein weiteres Mal zu verlieren.
    »Haben Sie es soeben mit dem Wünschen versucht, Liebe?« fragte der alte Herr.
    Sie blickte auf. »Was haben Sie den Frankens versprochen?«
    Der alte Mann lachte leise. »Ich habe versprochen, Sophie Franken glücklich zu machen. Und das wäre das schönste für Peer Gundson. Und für Alex Kemper.«
    Katalina starrte ihn an. Sein Gesicht hatte sich verändert. Der adelige Herr sah plötzlich aus wie ein böser Kobold, wie ein Luftgeist, der es liebte, die Dinge durcheinanderzuwirbeln.
    »Und wie macht man Sophie Franken glücklich?«
    Der Graf antwortete nicht. Und dann beschrieb er mit der geöffneten Hand einen Bogen, die Handfläche gen Himmel, eine Geste, die alles umfaßte, den Gartensaal, den Neuen Flügel, das ganze alte Schloß.
    »Stellen Sie sich vor, wie es hier ausgesehen hat bis 1945. Porzellan, Gläser, Kerzenleuchter, Bücher. Meublement aus dem 17. Jahrhundert. Standuhren, Teppiche, Wandbehänge. Gemälde.«
    Wovon eine Kunsthistorikerin so träumt, dachte Katalina. »Und wo ist das alles?«
    »Verschwunden. Versteckt, gestohlen, verkauft. Ich weiß es nicht.«
    »Also haben Sie den Frankens falsche Hoffnungen gemacht.«
    »Sagen wir: ich habe ihnen Enttäuschung erspart.«
    »Ist das nicht das gleiche?«
    Der alte Herr lehnte sich zurück. »Wünsche sind das schlimmste im Leben«, sagte er nach einer Weile. »Wünsche machen unfrei. Aber nur eines ist schlimmer als übermächtige Wünsche: ihre Erfüllung.«
    »Und das sagen Sie?«
    »Ich weiß, wovon ich rede.« Der alte Herr sah zum Porträt seines Vorfahren hinüber. »Andere haben eine Ehefrau. Das ist die Erfüllung eines Wunsches. Aber ich – ich habe die ewige Liebe.«
    Die ewige Liebe. So, wie sie bis ans Ende ihrer Tage an Gavro gebunden war. Es schüttelte sie bei dieser Vorstellung, obwohl sie nichts als die Wahrheit war. Oder?
    »Und warum sagen Sie den Frankens nicht endlich, was Sache ist?« Katalina riß sich los von dem Bild, das vor ihrem inneren Auge entstanden war. »Warum tun Sie, als ob Sie nicht ganz bei Trost wären?«
    »Weil ich ihre Fragen nicht beantworten will. Wenn sie wissen, was sie wissen wollen, bin ich entbehrlich. Aber das gilt auch, wenn sie wissen, daß ich nichts weiß.«
    Der Alte war gerissen. Und plötzlich taten ihr die Frankens leid. Sie hatten geglaubt, ein Schaf im Stall zu haben. Aber das entpuppte sich als ganz und

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