Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
mit dem Betriebsrat oder Debatten über unterschiedliche unternehmerische Auffassungen beendet wurden. Eine Kugel in den Kopf machte die Frührente überflüssig, und zum Abschied gab es einen erdigen Händedruck.
    Ich hatte Onkels Nummer nach meinem Geheimsystem in zwei Vierergruppen notiert, die von hinten zu lesen waren, beginnend mit der ersten Gruppe. Ich wählte die Vorwahl für Sankt Petersburg, tippte sorgfältig die eigentliche Nummer ein und wartete.
    » Da ?«
    Ich erkannte ihn an dem einen Wort.
    »Grüße aus Helsinki, Onkel«, sagte ich.
    »Vitja, mein Junge, ich müsste mit dir schimpfen. Hast du uns ganz vergessen?«, tadelte Onkel.
    »Zu viel Arbeit und Hektik, du weißt ja, wie es ist«, verteidigte ich mich leichthin und kam dann direkt zur Sache. »Ich hab hier ein paar Russen am Hals. Hast du eine Ahnung, wer mir da zusetzt?«
    Onkel schwieg eine Weile.
    »Davon habe ich nichts gehört«, sagte er dann. »Ist es schlimm?«
    »Nein, keine Sorge. Um diese Art von Hilfe bitte ich dich nicht. Ich will nur wissen, wer da zugange ist«, wiegelte ich ab.
    »Ich höre mich um«, sagte Onkel. »Und vergiss nicht, du kannst jederzeit herkommen.«
    Ich bedankte mich und versprach, in Verbindung zu bleiben.
    Während des Gesprächs hatte ich versucht, auf die Nuancen in Onkels Stimme zu achten wie ein Impresario, der auf Unreinheiten im Gesang einer Sopranistin horcht. Onkel hatte so ausgeglichen gesprochen wie immer, aber ganz sicher war ich mir nicht. Und ich konnte niemandem voll und ganz vertrauen.
    Ich hatte das Handy gerade eingesteckt, da vibrierte etwas in meiner Manteltasche. Mein Ersthandy.
    »Hallo«, meldete ich mich und versuchte, meiner Stimme einen weichen Klang zu geben.
    »Komm schon. Ich hab die Sauna geheizt«, bat Marja.
    Ich ging zum Marktplatz und setzte mich in meinen Mercedes. Der Bordcomputer zeigte blinkend irgendeine Störung an, doch ich verstand den fremdsprachigen Text nicht. Ich nahm mir vor, am nächsten Tag die Jungs auf der Baustelle zu fragen; sie würden auf Anhieb wissen, was los war, oder wenigstens im Handbuch das richtige Kapitel finden. Es wird sich schon alles einrenken, dachte ich. Keine Not, in einer endlichen Welt.

6
    »Jetzt ist Not«, kreischte Oksana. Ich hörte an ihrer Stimme, dass es wirklich schlimm stand.
    »Ganz ruhig«, mahnte ich teilnahmsvoll und hohl wie ein Arzt, der einem kleinen Jungen einen Angelhaken aus der Lippe zieht und beteuert, es täte überhaupt nicht weh. »Was ist los?«
    »Polizei … Telefon … dein Haus läuft auf die Firma, sie haben hier angerufen. Woher sollten sie auch deine Nummer haben. Na, ich gebe die Nachricht sofort an dich weiter …«, stieß meine Sekretärin hervor.
    »Beruhige dich, Oksana«, redete ich ihr zu. »Erzähl mir langsam und der Reihe nach, was passiert ist.«
    »Dein Haus …« Oksana Pelkonen holte schniefend Luft und heulte den Rest: »… brennt.«
    Ich war in der Nachbarstadt Vantaa, im Vorort Ylästö. Ich hatte telefonisch über den Kauf einer Partie Fenster mit leichten Qualitätsmängeln verhandelt. Nun war ich unterwegs, um sie mir anzusehen und den Preis um zwanzig Prozent herunterzuhandeln. Hastig lenkte ich den Wagen an den Straßenrand.
    »Warte einen Moment«, bat ich Oksana.
    Ein paar Sekunden lang saß ich still da, mit lockeren Armen, das Handy im Schoß. Ich bemühte mich, gleichmäßig zu atmen, und wartete, bis das Rauschen in meinen Ohren nachließ.
    »Also«, begann ich. »Die Polizei hat angerufen, weil mein Haus brennt. Haben sie sonst noch was gesagt?«
    »Nein, die nicht«, erklärte Oksana. »Aber diese bösen Männer, die Russen, waren am Morgen hier. Sie haben nach dir gefragt, nach Papieren, nach Unterschriften. Ich habe gesagt, du hättest heute viel zu tun und würdest wohl nicht ins Büro kommen.« Oksana ging mit bebender Stimme zum Russischen über, dem sie nach Businessart halbenglische Brocken beimischte. Offis , zischte es in meinem Ohr.
    »Aha. Und dann?«, drängte ich.
    »Und dann hat der eine seine glühende Zigarette in den Papierkorb geworfen, und die Papiere haben gleich angefangen zu glimmen, obwohl es ja nicht viele waren, ich sortier sie ja immer ordentlich in die Kartons, zum Recycling, aber irgendwelche Schnipsel landen ja doch im Papierkorb, und die fingen an zu glimmen und zu brennen, da hab ich Teewasser drübergegossen, und dann stieg Rauch auf oder Dampf, aber das Feuer ging aus. Und der Mann hat bloß gesagt, oops, oho, so ein Pech.«
    Oksana

Weitere Kostenlose Bücher