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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Lächelns.
    »Du datierst alles auf den heutigen Tag oder auf gestern und bringst die Änderungen sofort ins Register. Die Kosten sind Nebensache«, wies ich ihn an. »Also mach jetzt schnell die Papiere fertig oder lass mich so viele Blankobögen unterschreiben wie nötig.«
    »In Ordnung«, sagte Rothovius gedehnt. Seine dünnen Lippen strebten unaufhaltsam nach oben. Er ließ die Mine seines goldfarbenen Kugelschreibers auf und ab tanzen. Vermutlich erlebte er gerade einen seltenen Anfall von Ausgelassenheit.
    »Ach ja, sicherheitshalber noch etwas: Es kann sein, dass dich russische Geschäftsleute aufsuchen und nach diesen Firmen fragen. Möglicherweise sind sie ein wenig aufgebracht. Du sagst ihnen lediglich, dass alles legal vonstattengegangen ist und dass du zu den Angelegenheiten deines Klienten keinen Kommentar abgeben kannst, du kannst ihnen nicht einmal darüber Auskunft geben, ob Viktor Kärppä dein Klient ist. Und auch die Erörterung der Frage, ob es überhaupt eine natürliche oder juristische Person namens Viktor Kärppä gibt, ist aus deiner Sicht bloß allgemeines Theoretisieren. Wenn nötig, verleugnest du sogar Jesus.«
    Rothovius blinzelte ein paarmal und setzte wieder seine düstere Miene auf. Ich konnte beinahe hören, wie er in Gedanken seufzte, natürlich, sonst wäre das Geld ja zu leicht verdient. Die Magensäure stieg wieder auf und verätzte ihm die Speiseröhre.
    »In Ordnung«, wiederholte er. Naps-naps, wieder drückte sein Daumen die Mine des Kugelschreibers rauf und runter, aber nun schon in ruhigerem Takt.
    »Ich glaube nicht, dass du in Gefahr bist. Die wollen mich. Ich versteck mich eine Weile und kläre die Sache. Mach dir keine Sorgen.«
    Rothovius nickte und begann die Papiere zu sortieren.
    Ich machte kein Licht im Büro, schaltete weder den Computer noch das Radio ein, saß nur still im Zwielicht des Frühsommerabends. Ich konzentrierte mich darauf nachzudenken.
    Liste die Fakten auf, befahl ich mir. Füge die ungesicherten Informationen hinzu, stell Hypothesen in verschiedenen Richtungen auf, knüpf nicht nur eine einzige logische Kette. Ich brachte lose Verknüpfungen von ein paar Gliedern Länge zustande.
    Ein klarer Fakt war, dass ich nicht wusste, wer die Fäden in der Hand hielt und von wo aus er sie bewegte, festzurrte und locker ließ, sodass ich am anderen Ende sprang. Ich hätte gern mit den wahren Entscheidungsträgern verhandelt. Die Businesszwillinge waren trotz ihrer geschliffenen Umgangsformen und ihres sicheren Auftretens nur Laufburschen.
    Ich hatte mich absichtlich von den Sankt Petersburger Bekannten ferngehalten, obwohl ich langjährige gute Beziehungen hatte – bis hoch hinauf. Nun war es an der Zeit, diese Kontakte aufzufrischen.
    Ich holte eine Prepaidkarte aus der Schublade, öffnete die unberührte Packung und legte sie in mein Zweithandy. Vielleicht litt ich unter Verfolgungswahn, jedenfalls traute ich der Sicherheit von Mobiltelefonen nicht so recht. Ich legte keinen Wert darauf, dass meine Gespräche abgehört wurden, ob absichtlich oder zufällig, oder dass das Handy in meinem Büro geortet wurde. Ich ging durch die Hintertür ins Treppenhaus, von dort in den Hinterhof und spazierte zum Hochhauskomplex Merihaka hinüber. Der Betonkoloss strahlte die gleiche Atmosphäre aus wie die Millionenvorstädte von Sankt Petersburg, doch ich entwickelte keine nostalgische Sehnsucht nach der Stadt, in der ich studiert hatte.
    Ich ging auf dem ebenerdigen Bürgersteig in die Parkhalle, über der sich der Komplex erhob. Vielleicht bildeten die Eisenträger einen Faradaykäfig und hielten die Funkwellen ab, die mich verraten konnten. Aber dann hätte auch mein Handy keinen Empfang … Frustriert überließ ich die physikalischen Grundgesetze ihrem Schicksal und blieb auf einer Stellfläche stehen, die dem Schild zufolge für die Fahrzeuge des Finanzamts reserviert war. Dort hielt ich mein Notizbuch in den schwachen Lichtstreif der an der Decke hängenden Lampe und suchte nach der Rubrik Verwandte .
    Onkel war zwar nicht mit mir verwandt, aber unter diesem Namen hatte ich ihn im grauen oder halbschwarzen Business von Sankt Petersburg kennengelernt. Er war einer der engsten Vertrauten von Kutuzow, der seinerseits zu den wichtigsten Bossen der Petersburger Kasse zählte. Ich wusste, dass sowohl Onkel als auch Kutuzow ihre Position behauptet hatten. Das war keineswegs selbstverständlich in einem Geschäftsbereich, in dem Arbeitsverhältnisse ohne Verhandlungen

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