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Russische Freunde: Kriminalroman

Russische Freunde: Kriminalroman

Titel: Russische Freunde: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Fersen zu bleiben. Allmählich stieg der Boden an, die trockenen Streifen wurden breiter und fester, die Bäche strömten schneller, ihr Wasser wurde klar und frisch. Vor einem steil aufragenden, mit Fichten bewachsenen Abhang blieben wir stehen.
    »Also dann. Hier kehre ich um. Weiterhin alles Gute«, verabschiedete sich Juutilainen, wusste nicht, ob er winken oder salutieren sollte.
    »Danke, und leben Sie wohl«, sagte ich und gab ihm die Hand. »Und denken Sie daran, dass es uns nie gegeben hat, uns nicht und auch sonst nichts. Das ist das Klügste.«
    Ich holte den Kompass, den ich dem Zubehörbeutel entnommen hatte, aus der Hosentasche.
    »Das ist ein Erinnerungsstück für Sie. Wenn jemand fragt, sagen Sie einfach, Sie hätten ihn im Wald gefunden.«
    Juutilainen schüttelte uns noch einmal die Hand und machte sich auf den Rückweg. Eine Zeit lang war sein Anorak noch zwischen dem Weidengestrüpp und den kümmerlichen Krüppelbirken zu sehen, dann verschwand er.
    Das Gelände blieb anstrengend. Ein Hügel folgte dem anderen. Bei jedem zweiten Schritt mussten wir uns von weichen Mooshöckern abstoßen oder über Gestrüpp hechten. Wir wanderten leise und ohne Stopp, obwohl Korhonen eine Zigarettenpause forderte. Ich erinnerte ihn daran, dass unsere Marschgeschwindigkeit nur einige Kilometer pro Stunde betrug und dass wir uns mitten in der Grenzzone befanden.
    »Außerdem ist es nicht opportun, überflüssige Duftspuren zu legen. Was würden zum Beispiel die finnischen Grenzsoldaten denken, wenn ihr Hund unbefugte Wanderer wittert und sie daraufhin mitten im Ödwald zwei Kerle in Turnschuhen aufgreifen, die eine zerlegte Kalaschnikow mit sich rumschleppen?«, gab ich zu bedenken.
    »Uuih«, schüttelte sich Korhonen. »Hunde kann ich überhaupt nicht leiden. Als ich klein war, hat mir mal einer einen Riesenschreck eingejagt. Der hieß Teddy und hat zwei von unseren Hühnern so erschreckt, dass sie tot umgefallen sind.«
    Ich beruhigte ihn. Tatsächlich seien wir bereits auf russischem Boden. Hier seien auch die Grenzschutzhunde nur Memmen, die einem die Hand leckten und sich anschließend auf dem Boden wälzten und gekrault werden wollten.
    »War das übrigens klug?«, fragte Korhonen mit neuem Mut.
    »Was denn?«
    »Na, diesem Einödphilosophen den Sowjetkompass zu geben. Am Ende wundert sich noch jemand, wo der gute Eljas ein russisches Orientierungsinstrument herhat.«
    »Den hat er im Wald gefunden, das hab ich doch gesagt. Und selbst wenn der Alte irgendwann alzheimert und die Geschichte ausbrabbelt, wird ihm keiner glauben. Das Funkgerät liegt im See. Und du hältst den Mund, Korhonen, ist das klar? Die Sicherheitspolizei hat wichtigere Aufgaben, als alten Leuten wegen nichts und wieder nichts auf den Pelz zu rücken«, sagte ich in drohendem Ton.
    »Ja, ja, schon gut«, brummte Korhonen. »Aber ein waschechter Kommunist ist der Alte auf jeden Fall. Ich hab mir die Wimpel auf seiner Kommode angeguckt. Wer weiß, welche Parteischulen der besucht hat.«
    Ich marschierte weiter, ohne die Tirade loszulassen, die mir durch den Kopf ging. Ein Kommunist, ha! Verdammt noch mal, wenn hier einer Kommunisten kennt, dann doch wohl ich, vor allem ehemalige, davon kenne ich Tausende, giftete ich stumm.
    »Ich hab es nie als Verrücktheit oder Charakterstörung oder Krankheit betrachtet, dass einer Kommunist ist. Egal, welchem Ismus oder welcher Religion oder Idee sie anhängen, die Menschen sind klein oder groß. Na ja, vorwiegend klein«, sagte ich dann ruhig.
    »Weißt du was, Viktor, du hast eine wahrhaft christliche Gesinnung«, schnaubte Korhonen. »Aber zurück zum Weltlichen. Einem knauserigen Menschen wie mir tut es in der Seele weh, dass ein Funkgerät zwanzig Sekunden lang benutzt und dann im See versenkt wird.«
    »Es hatte seine Aufgabe erfüllt. Und Armeegerümpel gibt es mehr als genug«, tröstete ich ihn.
    Ich versicherte Korhonen, dass garantiert noch Tausende von Divisionsfunkgeräten übrig waren. In unzähligen Höhlen und Kasernenbaracken lagerten Waschschüsseln und Ferngläser, Handtücher mit dem Emblem einer Flugzeugfabrik, optische Messgeräte, in Ölpapier gewickeltes Präzisionswerkzeug, Gabelschlüssel und massige Hämmer … Waren dieser Art hatte ich selbst schon vermittelt, sowohl an Hobbysammler in Finnland als auch an einen Unternehmer, der in seinem Webshop Ausrüstungsgegenstände der Roten Armee verscherbelte. Wenigstens waren das nicht ganz so morbide Sammelobjekte wie die Waffen

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