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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Sie selbst, er hat niemanden geschont, wirklich niemanden, und für seine Hetzjagd hat er sich ganz normale, anständige Leute ausgesucht, die eine derartige Publicity, mit Verlaub gesagt, ums Verrecken nicht brauchen konnten. Zum Beispiel war eine sehr bekannte und beliebte Fernsehmoderatorin darunter, ihren Namen will ich nicht nennen. Artjom war hinter ihr her wie der Teufel hinter der armen Seele. Er hat herausgefunden, daß ihre Mutter Alkoholikerin ist. Ich bin nicht mit ihm gefahren, aber ein anderer Kameramann hat sich dazu bereit gefunden. Sie haben die alte Frau im Vollrausch fotografiert. Und das kam natürlich sofort ins Fernsehen, als Sonderbericht in Butejkos Nachtsendung: das verlebte Gesicht, die verdreckte Wohnung und dazwischen Bilder von der Fernsehmoderatorin, damit die Zuschauer keine Sekunde lang vergaßen, wessen Mutter das war.«
    »Wann war das?«
    »Erst vor knapp einem Monat.«
    »Und wie hat die Moderatorin reagiert?«
    »Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht. Gerüchteweise habe ich gehört, sie hätte ihm im Foyer von Ostankino eine runtergehauen und sich vorher erst noch Handschuhe angezogen. Er soll zurückgeschlagen haben, und beinahe hätten sie sich richtig geprügelt. Aber wahrscheinlich hat Artjom dieses Gerücht selber in Umlauf gesetzt. Das ist genau sein Stil.«
    Borodin hatte sofort begriffen, daß die Rede von der Beljajewa war.
     
    Zu Hause entdeckte Borodin, daß auf allen Audiokassetten, die mit der Aufschrift »Beljajewa« versehen waren, die Stimme Butejkos fehlte. Die Fragen an Jelisaweta Beljajewa wurden in honigsüßem Ton von irgendwelchen jungen Mädchen gestellt.
    »Jelisaweta Pawlowna, was würden Sie tun, wenn Sie erfahren, daß Ihr Mann Sie betrügt?«
    »Haben Sie die Absicht, sich Ihre Jugend mit Hilfe von Schönheitschirurgen zu erhalten?«
    Nein, derartige Fragen kamen nicht sofort. Das Gespräch begann durchaus wohlwollend, die Mädchen versicherten am Anfang der Unterhaltung, wie entzückt sie von Jelisaweta Beljajewas Charme und Schönheit seien, stellten harmlose Fragen und schossen erst dann ihre Giftpfeile ab.
    »Sagen Sie, warum leben Sie seit zwanzig Jahren mit demselben Mann zusammen, haben sich sonst keine Interessenten gefunden?«
    Auf einem Zettel in einer der Kassettenhüllen entdeckte Borodin eine Bleistiftnotiz in winzigen Buchstaben: Hundert Prozent, 20.   03.   98. Er rief Kossizki an und bat ihn herauszufinden, was das bedeute. Der Hauptmann erklärte sofort, daß so eine Boulevardzeitung heiße.
    »Besorg die Nummer vom zwanzigsten März letzten Jahres und bring in Erfahrung, wer das Interview mit Jelisaweta Beljajewa geführt hat.«
    »Mit wem? Mit der Beljajewa?« Kossizki stieß einen Pfiff aus. »Haben wir etwa eine neue Verdächtige?«
    »Warum fragst du?«
    »Weil das ganze Fernsehen von dem reizenden Pärchen weiß. Die Beljajewa und Butejko sind erbitterte Feinde, sie hassen einander. Es gab eine skandalöse Talkshow, nach der Butejko aus dem Jugendsender rausflog, lange Zeit nicht auf dem Bildschirm erschien und nur noch für Presse und Rundfunk arbeitete. Die einen sagen, die Beljajewa habe ihn in dieser Show bloßgestellt, es war eine Live-Sendung. Die anderen meinen, ihr Auftritt sei nur der Anlaß für die Leitung des Senders gewesen, um Butejko loszuwerden.«
    »Sehr interessant. Bring das alles genauer in Erfahrung.Und versuch herauszufinden, wer das Interview mit ihr für die ›Hundert Prozent‹ gemacht hat, so rasch wie möglich.«
    »Für alle Fälle teile ich dir mit, daß die Beljajewa sich jetzt in Montreal auf einer internationalen Konferenz für Menschenrechte befindet. Abgeflogen ist sie einen Tag vor dem Mord, am Samstag kommt sie zurück«, sagte Kossizki.
    Borodin legte auf und schaltete den Videorecorder ein. Fast augenblicklich wurde ihm klar, daß er eine Aufzeichnung ebenjener Talkshow sah, die Butejko zum Verhängnis geworden war.
    Mitten in einem runden Studio saß ein junger Bursche in schwarzen Jeans und einem schwarzen Pullover. Sein Gesicht war hinter einer Maske verborgen.
    »Ich hatte eine schwierige Phase in meinem Leben«, sagte er mit dumpfer, brüchiger Stimme, »ich wollte mich umbringen. Mehrere Male habe ich es versucht, aber es hat nicht geklappt. Ich konnte nicht … Verzeihen Sie, es fällt mir schwer, darüber zu sprechen.«
    »Haben Sie keine Angst«, ermunterte ihn der Moderator Butejko, »erzählen Sie, dann wird Ihnen leichter werden. Und vielleicht können wir Ihnen ja helfen und

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