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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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Sie Scheißkerl. Wir machen es auf meine Art oder ich rede mit dem General. Wie haben Sie ihn genannt, den Zwergengeneral? Ich nehme an, dass er Ihnen in St. Petersburg ernsthafte Schwierigkeiten bereiten kann. Wie würde Ihnen das gefallen, wenn Sie Putins Jungs an der Backe haben und die in Ihren Geschäften rumstochern?«
    »Ich hätte Sie in Prag töten sollen.«
    »Da haben Sie recht, denn das Zweite ist, dass, wenn ich Sie lebend erwische, ich Sie fesseln und in Brand stecken werde.«
    »Sie sind ein Psychopath, wissen Sie das?«
    »Setzen Sie Valja in drei Tagen in den Aeroflot Flug 712 von Prag. Sorgen Sie dafür, dass sie jede Hilfe hat, die sie benötigt. Okay?«
    »Okay.« Er klingt, als müsse er würgen.
    »Lassen Sie mich mit ihr reden.«
    Er will noch mehr sagen, bricht aber ab. Ich höre, wie das Telefon weitergegeben wird.
    »Mein Liebling«, sagt sie.
    Mein heiles Bein knickt weg, und ich breche von einem Gefühlsschwall überwältigt auf dem Fußboden zusammen. Das Plastikgehäuse des Telefons knackt. Ich muss meinen Griff lockern, damit es nicht zerspringt. Ich kann meine Erleichterung nicht zurückhalten, auch als Posnowas Blick auf mir klebt und ein stilles Lächeln um ihre verkrusteten Lippen huscht.
     
    Nabi bohrt nervös seine Schuhspitze in den Schieferboden meines Kellerbüros, während Vadim pechschwarzen Kaffee serviert und wortlos zur Seite tritt. Ich schlucke die brühend heiße Flüssigkeit hinunter und versuche, meine Wut und meinen Kummer zu ertränken.
    »Die F-f-frau, die du m-m-mitgebracht hast. Sie ist in k-k-keinem guten Zustand. Wir s-s-sollten sie zu einem A-a-arzt bringen.«
    Nabi macht sich Sorgen um Posnowa, ausgerechnet. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er sich jemals für das Wohlergehen eines anderen Menschen interessiert hätte. »Die Einnahmen sind fünfzig Prozent drunter«, erinnere ich ihn.
    »Ich h-h-hab dir doch gesagt, dass Nigel B-b-bolles es nicht mehr bringt.«
    Er hat sich seit Tagen nicht rasiert. Die ungleichmäßigen Stoppeln gehen an den Wangenknochen hoch bis unter die Krähenfüße. Das Alter und zu viele Partys haben sein schwarzes Haar grau meliert.
    »Bring Bolles morgen Nachmittag zu mir«, sage ich zu ihm und winke ihn raus.
    Er schlüpft in eine Jacke und geht. Im selben Moment summt das Nokia und zeigt eine Nummer an, die ich nicht kenne. »Was?«
    »Zwei Soldaten sind tot«, sagt der General.
    Ein Moment vergeht, bis ich meine Gedanken gesammelt habe und mich an Gromows Auftrag erinnere, die beiden Soldaten umzulegen, die ihm den falschen Schah-Diamanten andrehen wollten. Der Auftrag, von dem mir Leonid, der gebrochene Soldat, erzählt hat. »Gromows Soldaten?«
    »Nein. Zwei andere.«
    Ich muss schwer von Begriff sein. Ich weiß nicht, was er meint.
    »Die beiden, die ich nach Uschhorod in der Ukraine geschickt habe«, sagt er. »Die Lipman fotografiert haben, als er über die Grenze in die Slowakei gekommen ist.«
    Ich verstehe immer noch nicht, wer Grund gehabt haben könnte, sie zu töten, es sei denn, weil sie zum Korps des Generals gehören. Ganz entfernt taucht eine Verbindung auf - und verschwindet gleich wieder, wie ein hauchdünner Faden in einem Spinnennetz, den man nur aus einem bestimmten Winkel gegen das Licht sehen kann.
    »Ist die Polizei schon eingeschaltet?«, frage ich.
    »Noch nicht. Die Leichen wurden in der Kaserne des Arsenals entdeckt. Sie sind noch dort. Du musst kommen.«
    »Bin sofort da.«
    »Hauptmann Dubinin wird dich durch den Tunnel führen«, sagt er und hängt auf, bevor ich fragen kann, wer Dubinin ist.
     
    Bevor ich losfahre, bleibe ich noch kurz sitzen, um mit Vadim zu sprechen. »Erzähl mir von Nabi.«
    Er setzt sich mir gegenüber auf den Stuhl. Manchmal erinnert er an eine hungrige Maus, aber der Eindruck täuscht. Vadim ist Zigeuner. Anfang, Mitte fünfzig, schätze ich, aber das lässt sich schwer sagen. Er verbrachte die Achtzigerjahre in einem Arbeitslager in Archangelsk, wo er weitaus imposantere Individuen überlebte. Die Kommunisten hatten sich schon unter Stalin zu unerbittlichen Verfolgern entwickelt. Vadim ist stolz darauf, sie überdauert zu haben.
    Er hält meinem Blick stand. »Nabi sagt nicht die Wahrheit«, erklärt er auf seine unverblümte Art. Er lässt chinesische Kugeln in seiner rechten Hand kreisen, sodass die Muskeln seines Unterarms unter den ausgeblichenen blauen Nummern auf seiner Haut spielen. »Er war bei Maxim, nehme ich an.«
    Nabi weiß nicht genug, um Maxim

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