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Russisches Abendmahl

Russisches Abendmahl

Titel: Russisches Abendmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Ghelfi
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Volk. Ich kam vor ein paar Tagen nach Hause, und er war nicht im Halfter. Vielleicht hat ihn jemand gestohlen. Ich weiß es nicht.«
    Früher glaubte ich zu wissen, wann jemand lügt und wann nicht. Darüber mache ich mir inzwischen keine Illusionen mehr, aber in diesem Augenblick sagt mir mein Bauchgefühl, dass Gromow die Wahrheit sagt. Ich stecke die Glock ein, und stoße dem Fahrer die Mündung meiner Sig in den Hinterkopf. »Halten Sie hier.«
    Gromow blickt verwirrt, als ich aus dem Wagen steige und davonstapfe, während ich Dubinins Nummer wähle.
     
    Kurze Zeit später treffe ich Dubinin im Leichenschauhaus des Botkin-Krankenhauses. Er trägt einen schwarzen Mantel mit silbernen Schulterstücken und sieht mürrisch aus. Er überreicht mir einen Ordner.
    Ich runzle die Stirn.
    »Sie baten um Kopien der Aufträge und der Kasernenbücher, erinnern Sie sich?«
    Der suppige Gestank von Kadavern, getrocknetem Blut und stechendem Formaldehyd breitet sich in den Räumen aus. Die eisige Sterilität der Leichen auf den Obduktionstischen ruft in mir eine Übelkeit hervor, wie es frische Tote nie getan haben.
    Dubinin zeigt mit dem Schnurrbart in Richtung eines weiß bekittelten Leichenbeschauers, der ein neues Sägeblatt einlegt, während sein Assistent eifrig Fotos schießt. »Der Leichenbeschauer sagt, dass die Todesursache in beiden Fällen Kopfschussverletzungen waren. Ziemlich aufschlussreich, finden Sie nicht?«
    Der Leichenbeschauer schnaubt, betätigt einen Schalter an der Säge und drückt das jaulende Blatt gegen den Schädel der Leiche. Ich bin mir nicht sicher, welcher der beiden Soldaten auf dem Tisch liegt. Eine rote Plakette am großen Zeh würde es mir verraten, aber ich habe keine Lust nachzusehen.
    »Was ist mit den Kugeln?« Ich muss lauter sprechen, um mich gegen das Kreischen der Säge durchzusetzen.
    »Kaliber fünfundvierzig.«
    Zumindest ist es nicht die Glock, die ich Gromow abgenommen habe. Die Glock ist eine 40er, führt also nirgends hin, höchstens zu einer anderen Leiche, die für mich nicht von Interesse ist. Die Säge läuft knirschend aus. Der Leichenbeschauer spaltet den Schädel auf. In seine Arbeit vertieft sieht er zufriedener aus. Flüssigkeiten laufen aus dem Schädel durch die Löcher im Metalltisch und stauen sich in einem Becken, von wo sie durch einen Polyurethanschlauch in einen Sammeltank aus rostfreiem Stahl geleitet werden. Ein Seziertisch für Kleinteile mit entsprechenden Ablauflöchern wartet auf das Gehirn, das der Leichenbeschauer untersucht wie ein Kind ein neues Spielzeug.
    Dubinin legt die Stirn in Falten. »Wenn die Gerichtsmedizin fertig ist, wissen wir mehr.«
    Ich lasse sie allein - den mürrischen Hauptmann, den inzwischen vergnügten Mediziner und seinen fleißigen Assistenten. Mache mich auf den Weg zum Loft, die Hände in den tiefen Manteltaschen verborgen. Grübelnd.
     
    Zurück im Loft lese ich mir Dubinins Unterlagen durch. Die beiden getöteten Soldaten waren die meiste Zeit zusammen im Einsatz, wahrscheinlich eines von vielen Spezialteams, die der General für sich arbeiten lässt. Über den Auftrag in Uschhorod, wo sie Lipman finden sollten, steht nur etwas von »laufender Überwachung einer vermuteten Schmuggleraktivität«.
    Ein paar Tage zuvor waren sie kurzfristig in eine Einheit auf einem Luftstützpunkt bei Wladikawkas im Süden versetzt worden, für einen nicht näher beschriebenen »Transportauftrag«. Das Datum - keine zwei Wochen nachdem ich die Leda verloren habe - und die Bezeichnung des Auftrags lösen eine flüchtige Assoziation in meinem Kopf aus, aber ich kann nicht genau sagen, was es ist, bis ich das Kasernenbuch lese. Dort ist um fünf Uhr morgens der Besuch des ehemaligen Artilleriemajors Leonid Gribakin eingetragen, an dem Tag, als die Soldaten erschossen wurden. Etwa eine Stunde später hat er die Kaserne wieder verlassen.
    Der Einsatz der beiden in Wladikawkas, zusammen mit Leonids Namen im Kasernenbuch, erinnert mich an die Transportmaschine, die in der iranischen Wüste abgestürzt ist, als sie Panzerfahrzeuge und andere Waffen von Russland nach Teheran überführte. Aber die einzige Verbindung zwischen den beiden Ereignissen ist, dass ich die Nachricht von dem Flugzeugabsturz in Leonids Wohnung gesehen habe.
    Ich klappe den Ordner zu. Formal gesehen ist die Untersuchung damit beendet. Ich weiß immer noch nicht, warum die Soldaten getötet wurden, aber ich weiß jetzt, wer sie getötet hat.
     
    Später in der Nacht weckt

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