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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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musst du wissen, wo die Ikone ist. Raus damit.«
    Wolodja presste die Mündung hart an seinen Kopf, und Koroljow zuckte unwillkürlich zusammen, nicht nur weil es wehtat, sondern auch weil Wolodjas Hand zitterte. Hoffentlich hatte der Koloss die Waffe noch nicht entsichert.
    »Ich weiß nicht, wo sie ist. Das habe ich Ihnen doch schon in der Lubjanka gesagt.«
    »Bitte, Koroljow, verkauf mich nicht für blöd.« Gregorin zog eine Pistole aus der Tasche, deren graues Metall im Zwielicht ölig schimmerte. Er zielte auf Koroljow und nickte Wolodja zu. »Hol sie her.«
    Wolodja schob seine Waffe ein und trat in Walentina Nikolajewnas Zimmer. Zuerst brachte er Natascha herüber, die winzig wirkte in seinen gewaltigen Armen. Obwohl sie an Händen und Füßen gefesselt war, wehrte sie sich, aber der Fleischberg achtete gar nicht darauf und warf sie einfach auf das Sofa. Sie war geknebelt, die Augen groß vor Angst. Dann schleppte er Walentina Nikolajewna heraus, die Hände unter ihren Achseln. Koroljow bemerkte eine dunkelrote Prellung auf ihrer linken Gesichtsseite, die unter dem weißen Baumwollfetzen verschwand, der ihren Mund zu einer blutverschmierten Grimasse verzerrte. Auch sie wurde von Wolodja abgesetzt, als würde er Puppen für eine Teegesellschaft arrangieren.
    »Schau, Koroljow, ich weiß doch inzwischen, wie du tickst. Du bist ein zäher Bursche, aber ich glaube, du hast ein weiches Herz. Wahrscheinlich denkst du dir, ich erschieße dich sowieso, und lachst mir ins Gesicht, wenn ich dich bedrohe. Aber die zwei hier könnten vielleicht doch heil aus der Sache rauskommen.« Er beugte sich vor und strich Natascha mit der Waffe übers Gesicht. Durch den Knebel des Mädchens drang ein leises Wimmern, während Walentina Nikolajewna hilflos das tränenüberströmte Gesicht senkte.
    »Das Mädchen zuerst, denke ich. Du musst verstehen, Koroljow, ich mache das nicht aus Spaß. Du zwingst mich dazu. Diese Ikone gehört mir, und ich will sie unbedingt haben. Ich habe keine Lust, in Armut zu leben, wenn ich dieses verfluchte Land verlasse. Und Wolodja auch nicht, oder?«
    Zur Bestätigung drückte der Fahrer Koroljow wieder die Waffe an den Schädel. Walentina hatte sich zu Koroljow umgedreht, und ihre Augen flehten ihn an.
    Angesichts dieser Augen hatte er keine Wahl. »Schwartz hat sie. In seinem Zimmer im Metropol.«
    »Was?« Gregorin wirkte fast schockiert. Dann ließ er sich das Gehörte durch den Kopf gehen, und sein Gesicht wurde zu einer Fratze der Wut. »Der Schweinehund. Natürlich, er hat uns die ganze Zeit nur hingehalten. Und dich hat er auch benutzt, um uns in die Irre zu führen.«
    »Die Nonne hat es mir verraten.« Während er sprach, wurde er sich bewusst, dass Schwartz' Beteiligung am Ikonenschmuggel für die Kirche durchaus plausibel klang.
    »Er hat mir doch erzählt, dass die Kirche in Amerika an ihn herangetreten ist, erinnern Sie sich? Er hat die ganze Zeit mit den Kultanhängern zusammengearbeitet.«
    Gregorin schien fieberhaft zu überlegen. Schließlich glitt sein Blick von Koroljow zu Mutter und Tochter. Er gelangte offenbar zu einem Entschluss und deutete mit der Waffe auf Walentina Nikolajewna.
    »Dann wirst
du
sie uns bringen. Wenn du es nicht schaffst oder irgendwelche Tricks versuchst, wird deine Tochter nicht einfach erschossen. Schau dir Wolodja an, er hat schon tagelang keine Frau mehr gehabt. Das Mädchen ist vielleicht ein bisschen jung für ihn, aber er ist nicht wählerisch. Seh ich das richtig, Wolodja?«
    »Ja.« Die tiefe Stimme des Fahrers klang leicht amüsiert.
    Natascha weinte jetzt, und Walentinas rote Prellung zeichnete sich lebhaft vor der Schreckensblässe ihrer Haut ab, ihre Pupillen waren große schwarze Kreise. Wie ein elektrisches Kraftfeld zuckte die Spannung zwischen den Anwesenden hin und her. Als es draußen vor der Wohnungstür knarrte, war es wie das Knallen einer Peitsche.
    Zuerst erstarrte alles. Ein Karren, der draußen über das Kopfsteinpflaster holperte, klang wie ein Panzer. Dann drang ein weiteres Geräusch aus dem Korridor, als würde sich jemand mit größter Behutsamkeit der Tür nähern. Gregorins Augen waren jetzt so rund wie die Nataschas. Er streckte die Arme aus und erhob sich langsam. Mit der Waffe winkte er Koroljow in die Ecke, weg von der Tür, dann nickte er Wolodja zu und mimte das Drücken einer Klinke. Lautlos durchquerte der Fahrer das Zimmer, während Gregorin die Waffe anlegte. An die Wand geduckt, wünschte sich Koroljow, viel

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