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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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Trabrennen an. Die Jockeys auf ihren niedrigen Sulkys glitten heraus auf die Bahn und beschleunigten, als sie sich dem Start näherten.
    Babel deutete auf einen Jockey mit rotem Stern auf dem weißen Rennhemd. »Iwanow müsste gewinnen.
Proletarische Kraft
ist eine Bank. Kann mir nicht vorstellen, dass die anderen eine Chance gegen ihn haben. Die Quote ist allerdings entsprechend.«
    »Haben Sie gewettet?«
    »Nummer vier auf Platz. Bessere Quote.«
    Um sie herum wurde es allmählich voller, und Koroljow bemerkte mehrere Kerle, die infrage kamen. Ein großer Schlägertyp, das Gesicht verborgen hinter dem Kragen seiner Lederjacke und einer Schirmmütze, ließ sich neben Babel nieder. Aber seine tätowierten, nikotinvergilbten Finger, die eine Papirossa zum Mund führten, waren gut sichtbar.
    »Hätten Sie vielleicht eine Kippe für mich, Freund?« Links von Koroljow hatte sich ein hellhäutiger junger Mann hingesetzt.
    Koroljow nickte und hielt ihm seine Packung Belomors hin.
    »Ah, der Weißmeerkanal!« Mit einem blauen Finger tippte der Bursche auf die abgebildete Landkarte. »In diesem Gully hat sich so mancher feine Kerl sein eigenes Grab geschaufelt. Aber ich nicht, Amigo, ich nicht. Trotzdem eine gute Marke, die sie danach benannt haben.«
    Koroljow schaute in die meerblauen Augen des jungen Mannes. Die Pupillen waren stecknadelgroß und blieben völlig leblos, als er die angeschlagenen gelben Zähne zu einem Lächeln verzog. Sein Atem stank nach Fäulnis, und Koroljow musste sich zusammenreißen, um nicht zurückzuzucken.
    »Bitte folgen Sie mir nach dem Start, Senor. Wenn wir zum Korridor hinter den Tribünen kommen, geben Sie mir Ihre Knarre. Die in der Achsel - ich kann die Beule sehen. Ganz unauffällig natürlich. Die Bürger sind nicht begeistert, wenn man sie bei ihrem Vergnügen mit dem Anblick von Kanonen stört. Sie kriegen sie wieder, keine Sorge.«
    »Verstanden. Haben Sie Ihr eigenes Feuer?«
    »Ja.« Der Junge brachte ein Zündholz zum Vorschein und strich es über die Zähne. Die Schwefelflamme erleuchtete sein Gesicht. Durchaus hübsch, aber man hätte blind sein müssen, um nicht vor den Augen zurückzuschrecken. Dieses Kind würde einem lachend einen Dolch zwischen die Rippen stoßen und ihn umdrehen, um das Vergnügen noch zu steigern.
    »Haben Sie gewettet? Ich kenne die Wagen, kann Ihnen gern einen Tipp geben.« Dreiste Freundlichkeit lag in seinem Ton.
    Koroljow ignorierte die Frage. »Wir gehen also, wenn das Rennen startet?«
    »He, seien Sie doch nicht so. Ich hab nicht oft die Gelegenheit zu einem Plausch mit einem Bullen in angenehmer Atmosphäre. Wer weiß, vielleicht werden wir noch Kumpel. Schauen uns zusammen Dynamo an, treiben uns mit anderen Ments rum. Vielleicht können Sie mich sogar bekehren und einen echten Komsomol-Chorjungen aus mir machen? Schluss mit dem Stehlen für Mischka - ich würde die kleinen Bürger auf andere Weise ausnehmen.«
    Das glucksende Lachen drang nicht bis zu den Augen vor, und plötzlich wurde es Koroljow ein wenig mulmig bei dem Gedanken, seine Waffe aus der Hand geben zu müssen. Doch dann fing das Rennen an, Mischka erhob sich und mit ihm der Papirossa-Raucher. Koroljow hoffte, dass man ihm seine Nervosität nicht anmerkte, als drei weitere bullige Schläger aufstanden.
    »Der Schreiberling kommt auch mit«, bemerkte Mischka. Babel machte große Augen und musterte die Banditen mit unverhohlener Neugier. Um seine Lippen spielte die Andeutung eines Lächelns. Der genießt das, wurde Koroljow plötzlich klar, und er registriert alles, um es für eine seiner verdammten Geschichten zu verwenden. Die Vorstellung hatte so etwas Lächerliches, dass er seinerseits grinsen musste.
    »So ist es recht, Compadres. Die Treppe rauf und dann nach hinten. Ein bisschen zügig, wir wollen uns nicht verspäten.«
    Im Gang hinter der Tribüne hielt Koroljow die Jacke auf. Mischka zog die Walther aus dem Halfter, legte die Sicherung vor und schob sie ein. Ein anderer filzte Babel, dann deutete Mischka mit dem Kopf zu einer Tür am Ende des Korridors.
    Unterwegs blieb er neben Koroljow. »Nette Knarre, die Walther. Zuverlässig. Aber die besten Geräte bauen die Amerikaner. Ein Browning oder ein Colt, mit solchen Kanonen kann man sich Respekt bei den Toten verschaffen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und dann erst die Thompson. Da bleiben keine Wünsche offen - ratatatatat, und schon liegen sie da. Trotzdem, die Deutschen machen auch keine schlechten Sachen. Doch,

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