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Russisches Requiem

Russisches Requiem

Titel: Russisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Ryan
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übertragen zu lassen. Kämpfen werde ich bestimmt nicht. Wenn die Partei der Meinung ist, dass Mendelejews loses Mundwerk ein Dolchstoß gegen den von allen Seiten bedrohten Staat war, dann werde ich nicht widersprechen. Ich mochte Eisenfaust - ein guter Arbeiter und fähiger Polizist. Aber er hätte es besser wissen müssen, auch wenn er kein Parteimitglied ist. Wenn man mich vor der Verhängung der Strafe gefragt hätte, hätte ich seine Leistungen berücksichtigt. Aber wäre das richtig gewesen? Die Partei ist der Ansicht, dass ich das Politische ignoriert und mich nur um das Praktische gekümmert habe, und sie hat Recht. Ich dachte, dass man das von mir erwartet und dass die Tschekisten für das Politische zuständig sind. Aber das war natürlich ein Irrtum.« Je gestelzter seine Formulierungen wurden, desto rauer wurde die Stimme des Generals. Seine Fingerknöchel am Lenkrad waren weiß.
    »Ich habe Blut für die Partei vergossen, und nicht nur einmal, Koroljow. Wenn nötig, werde ich es auch wieder tun. Die Weltsituation ist uns allen bekannt. Die spanischen Genossen verlieren gegen die Faschisten, die Deutschen haben die Partei im Land zerschlagen und schieben ihre Grenzen hinaus, und die Italiener waten in Afrika durch Blut. Früher oder später werden sie auf uns losstürmen, sie bereiten sich schon darauf vor mit ihren Spionen und Provokateuren. Das weiß die Partei natürlich. Wir dürfen nicht nachlassen in unserer Wachsamkeit, sonst werden sie über uns herfallen wie der Blitz. Und wenn die Partei ein Exempel statuieren muss, um die Abteilung an diese Pflicht zu erinnern, dann stelle ich mich gerne zur Verfügung.«
    Koroljow wusste nicht, was er sagen sollte. Es stimmte - sogar im Osten hatten die Japaner ein Auge auf Sibirien geworfen und drängten gegen die sowjetischen Grenzen. So war es schon immer gewesen. Seit ihrer Entstehung war die Sowjetunion von Feinden umringt, nur dass sie jetzt stärker waren als je zuvor. »Es war auch mein Versagen.«
    Der General verzog das Gesicht. »Fangen Sie nicht wieder damit an. Überlassen Sie die Entscheidung der Partei und bleiben Sie im Hintergrund. In Ordnung?«
    Koroljow nickte widerstrebend.
    Popows Miene wurde wieder freundlicher. »Und jetzt erzählen Sie mir, was Sie mir oben nicht sagen konnten.«
    Nachdem er tief Atem geholt hatte, berichtete Koroljow, wie Kardaschewa die von ihr in der Rasin-Straße beobachteten Männer einschätzte und dass Gregorin möglicherweise der Anführer des Suchtrupps war, der die Ikone entdeckt hatte.
    »Ich verstehe. Aber Sie haben ja schon von Gregorin erfahren, dass Elemente in der Tscheka hinter dieser Sache stecken könnten.«
    »Er hat nicht erwähnt, dass er selbst die Suchaktion gegen die Banditen kommandiert hat.«
    »Nein. Aber wenn er es war, könnte das der Grund sein, warum er den Auftrag erhalten hat, die Ermittlungen in diesem Fall zu übernehmen. Was meinen Sie? Er kann doch unmöglich dafür verantwortlich sein, dass die Ikone aus dem Lager in der Lubjanka verschwunden ist.«
    »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
    Schweigend ließ sich der General die neuen Informationen durch den Kopf gehen.
    Koroljow fragte sich, wie er auf den toten Tschekisten und auf die Tatsache reagiert hätte, dass es sich bei der Ikone um die Kasanskaja handelte. Wahrscheinlich würde er den Wagen zu Schrott fahren. »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Tun? Was ist das für eine Frage? Zurückziehen können Sie sich auf keinen Fall.« Popow bog in die Bolschoi-Nikolo-Worobinski-Gasse und schaltete herunter, als sich der Wagen die glitschige Steigung hinaufmühte. Der Regen hatte Morast über den Hügel gespült, und die Motorhaube ruckte unruhig hin und her. Im Strahl der Scheinwerfer war zu erkennen, dass der Asphalt braun überzogen war. »Schlimme Nacht. Die Rasputitsa hat uns wieder. Erinnern Sie sich noch an den Herbstschlamm damals im Krieg? Ich habe erlebt, wie Männer darin ertrunken sind. Wir können uns bei der Partei für den Asphalt bedanken. Und für viele andere Dinge.« Der General bremste vor der Nummer vier. Regen prasselte auf das Dach.
    »Wo ist denn heute Abend Ihr Fahrer, Genosse General?«
    Popow zuckte die Achseln. »Krank - sagt er wenigstens.« Er blickte Koroljow an. »Hören Sie mir jetzt gut zu. Sie müssen vorgehen wie bei einer ganz normalen Untersuchung. Das ist das Sicherste. Wenn es in der Tscheka Verräter gibt, kriegen sie früher oder später die Quittung. Anscheinend ist ihnen Gregorin

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