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Russka

Russka

Titel: Russka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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auch ein wahrhaft demütiger Christ. Jahrzehntelang hatte Monomach alle Kraft auf die Einheit des Herrscherhauses verwandt.
    Möge die Reihe eines Tages an ihm sein, in Kiev zu herrschen, betete Ivanuschka.
    Zwei Söhne Ivans dienten Monomach; der dritte diente dem Sohn des Fürsten, der nun über Novgorod herrschte, und seiner englischen Gemahlin.
    Ivanuschka hatte ein starkes Truppenkontingent mitgebracht. Aus Russka kam eine Truppe Slawen unter dem alten Schtschek, der, trotz seines Alters, darauf bestanden hatte, seinem Herrn zu folgen. Aus den nördlichen Besitzungen kam eine Gruppe von Bogenschützen, teils zu Pferd, teils zu Fuß, die dem finnischen Stamm der Mordvinen angehörten.
    Auch ein hübscher junger Chazare aus Kiev gehörte zu Ivanuschkas Truppe. Ivanuschka hatte ihn eigentlich nicht mitnehmen wollen, obwohl der Vater des Jungen, ein langjähriger Handelspartner, darum gebeten hatte. »Ich habe Angst, daß ihm etwas zustoßen könnte«, gestand Ivanuschka. Erst als der Großvater des Jungen, Zhydovyn, vorstellig geworden war, hatte er sich einverstanden erklärt. »Der junge Chazare soll sich in eurer Nähe halten«, befahl er seinen Söhnen.
    Der Zwist mit den Kumanen hatte sich durch Ivanuschkas ganzes Leben gezogen. Zehn Jahre zuvor hatten die Rus einen massiven Angriff über die Steppe geführt, bei dem zwanzig Kumanenfürsten zu Tode kamen. Vier Jahre später hatten die kumanischen Kriegsherren zurückgeschlagen und sogar die Kiever Kirchen niedergebrannt. Nun sollten sie vernichtet werden. Tagelang ritten sie über die Steppe nach Süden und Osten. Das Gras war grün, der Boden aber ausgedörrt. Ein Stück weiter begann blasses Federgras zu blühen – heller Glanz lag vor ihnen. Pferde und Krieger verursachten ein zischendes Geräusch wie von Schlangenleibern, als sie hindurchzogen. Wo das Gras kurz war, dröhnte der Boden unter den Hufen. Ivanuschka ritt auf seinem schönsten Grauschimmel. Es ging stetig voran.
    Nachts, wenn die Feuer niedergebrannt waren und alle Männer außer den Wachposten schliefen, verfiel Ivanuschka in Melancholie – er war sicher, daß er seinen Vater nicht wiedersehen würde. Seit dem vergangenen Jahr war dieser teilweise gelähmt; er konnte nur noch mit einem Mundwinkel lächeln und sprach sehr undeutlich. »Du solltest nicht traurig sein«, meinte Ivanuschkas Mutter. »Igor wird bald sterben und ich auch. Aber sieh doch, wie viele Jahre Gott uns geschenkt hat, und sei dankbar.«
    Da war noch Svjatopolk. Wenn er auch in einiger Entfernung mit dem Fürsten von Kiev ritt, war er leicht erkennbar an dem Banner mit dem Dreizack, das vor ihm hergetragen wurde. Seine Züge waren immer schon hart und verbittert gewesen, aber da war etwas Neues in seinen Augen, etwas, das Ivanuschka, dem Verzweiflung in seiner Jugend nicht fremd gewesen war, sofort erkannte. Und auch das kühle Verhältnis zu Ivanuschka war wieder gespannt. Wer ihn gut kannte, sah ein Zeichen von Gefahr darin. Svjatopolk hat ein gutes Leben in Kiev. Seine Söhne sind erfolgreich. Was mag nur die Ursache sein, überlegte Ivanuschka.
    Im Schlaf wurde Svjatopolk von Alpträumen heimgesucht. Er konnte es immer noch nicht fassen, daß er in Schulden hatte geraten können. Wenn ich zum engeren Kreis gehört hätte, dachte er, wäre ich jetzt reich. Das ist das Problem.
    In Kiev spekulierte jedermann, auch die meisten Kaufleute und Bojaren, und der größte Spekulant war der Fürst selbst. Salz war der Schlüssel zum Reichtum. Der Fürst von Kiev hatte den Plan, ein Bündnis zu gründen, das den gesamten Salzverkauf im Lande der Rus kontrollieren würde. Diese Kampagne lag ihm mehr am Herzen als der Feldzug gegen die Kumanen.
    »Nichts kann ihn aufhalten«, erklärte Svjatopolk oftmals. »Dann treiben sie die Preise hoch und machen ein Vermögen.« Selbst jetzt erfüllte ihn die Perfektion des Plans mit kalter Freude. Er gehörte allerdings nicht zum Bündnis, und obwohl er dem Fürsten von Kiev treu gedient hatte, wurde er nie in den engeren Kreis aufgenommen. Im Lauf der Zeit wurde ihm klar, daß sein Einfluß eher schwand. »Er ist nicht so wie sein Vater«, meinten die Leute. »Oder wie sein Bruder«, fügten andere hinzu. Und besonders die letzte Bemerkung fraß sich in Svjatopolks Seele. Wenn er nicht durch den Fürsten reich werden konnte, wollte er andere Wege finden. So begann er mit verschiedenen Fehlinvestitionen, wie etwa dem vergeblichen Versuch, Salz vom Schwarzen Meer zu holen. Dann wollte er Eisen

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