Russka
Pächter für das beste Land. Inzwischen bearbeitete er einen Teil des guten Landes mit einigen Sklaven, die er irgendwo aufgetrieben hatte.
Das warme Wetter dauerte in diesem Jahr bis Mitte Oktober an. Yanka gewöhnte sich allmählich an den ruhigen Rhythmus des Ortes. Sie ging mit den anderen Frauen in den Wald zum Nüssesammeln; und als die Männer eines Tages einen Elch erlegten, half sie den Frauen bei den Vorbereitungen für ein großes Fest. Und doch fand Yanka die trübe Jahreszeit bedrückend. Es war besonders schlimm, als sie einmal, nachdem es aufgehört hatte zu regnen, in das nahe gelegene Dorf Sumpfloch ging. Was war das nur für ein Nest! Ein paar Hütten standen am Flußufer eng beieinander. Das hier war Schwarzes Land wie das nördliche Territorium, und so waren die Bauern praktisch frei. Besser noch: Das zum Ort gehörige Land lag unmittelbar auf dem tschernozem. Trotzdem war es trostlos. Das Flußufer war ganz flach. Der Boden war morastig, die Luft roch modrig.
Yanka war froh, als sie wieder zu Hause war, und gleich legte sie Holz nach.
An diesem Abend kam Sawa mit einem wunderschönen Mantel zurück, den eine Mordvinin aus dem Fell eines Bären gefertigt hatte, den er eigens für seine Tochter erlegt hatte. Er hatte es bis dahin als Geheimnis bewahrt. Nun übergab er ihr den Mantel und lächelte.
»Du hast einen Bären getötet – für mich?« Yanka war halb entzückt, halb betroffen. »Er hätte dich zerreißen können.«
»Der Mantel wird dich warm halten hier im kalten Norden«, sagte der Vater nur. Da küßte sie ihn.
Drei Tage später setzten die Schneefälle ein. Es war sehr kalt; im Haus aber war es wunderbar warm.
Wie nun der Winter das Dörfchen völlig abgeriegelt hatte, langweilte sich Yanka doch sehr. Sie hatte keine Freunde. Sie traf nicht oft mit den Nachbarn zusammen, und manchmal sprachen sie und ihr Vater tagelang mit keiner Seele. Nicht einmal eine Kirche gab es, in der man sich hätte versammeln können. Zum Zeitvertreib begann sie mit einer Handarbeit. Auf weißen Grund stickte sie in leuchtendem Rot Vögel in der Art, wie sie es in ihrer Kindheit von den Dorffrauen gelernt hatte. Der November verstrich ohne bemerkenswerte Ereignisse. Doch in der ersten Dezemberhälfte veränderte sich Yankas Leben ganz plötzlich. Sawa war in letzter Zeit sehr liebevoll zu ihr gewesen. Er wußte, daß sie sich vor ihm fürchtete, wenn er zuviel trank, und so hatte er seit dem Herbst kaum einen Becher Met angerührt. Eines Abends jedoch sah sie wieder die verräterische leichte Rötung auf seinem Nacken. Sie blickte ihn unruhig an. Dann passierte ihr ein Mißgeschick. Sie hatte rotes Färbemittel für den Faden erhitzt. Es war kochend heiß, als sie es nahm und an ihrem Vater vorbeiging, der schweigend am Tisch saß. In diesem Augenblick stolperte Yanka, und dabei wurde ein Teil der brühend-heißen Flüssigkeit auf dem Tisch verschüttet.
»Hol's der Teufel!« Der Vater sprang zurück, und die Bank stürzte um.
Sie starrte ihn entsetzt an. »Deine Hände?«
»Du willst mich wohl bei lebendigem Leib verbrühen?« Er verzog schmerzlich das Gesicht.
Yanka stellte den Topf zurück. »Laß sehen. Ich verbinde sie.«
»Du unachtsame Idiotin!« Sawa schrie. »Warte nur ab«, sagte er plötzlich sehr leise.
Sie fühlte Kälte in sich aufsteigen. Sie kannte diesen Ton aus ihrer Kindheit und wußte, daß das Schläge bedeutete. Sie zitterte. In einem einzigen Augenblick war die schöne Beziehung der vergangenen Monate zerstört. Sie war wieder das kleine Mädchen. Und das war demütigend für sie. Ihre Knie bebten. Andererseits war sie fassungslos, daß sie ihm weh getan hatte. Sie hatte es wohl verdient, bestraft zu werden. »Geh zur Bank!«
Sie legte sich darauf, hörte, wie er seinen Gürtel löste, spürte, wie er ihr Hemd hochschob. Sie erwartete den Schmerz. Doch nichts geschah.
Yanka schloß die Augen, wartete. Dann fühlte sie zu ihrer Überraschung seine Hände, seinen Atem neben ihrem Ohr. »Diesmal werde ich dich nicht bestrafen, mein Frauchen«, sagte Sawa sanft. »Aber du kannst etwas für mich tun.« Seine Hände strichen an ihren Beinen nach oben. Sie überlegte. Was wollte er nur? »Ganz still!« Er atmete schwer. »Ich tu dir nicht weh.« Sie begriff nicht, was vor sich ging. Seine Hände tasteten sich vor. Sie fühlte sich nackt wie nie zuvor. Sie wollte schreien, fortlaufen, doch ein Gefühl heißer Scham lähmte sie. Und plötzlich bäumte sich ihr Körper auf, und
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