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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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Überraschung aus den Reihen der Zuschauer,
als Hedaks Klinge auseinanderbrach und zu Boden fiel. Der moabitische Prinz
starrte auf den Griff, der in seiner Hand geblieben war. Einen Augenblick lang
war er zu verblüfft, um sich zu rühren. Dann aber warf er das zerschmetterte
Schwert mit einem Fluch zur Seite und riß einen Speer aus der Hand eines in der
Nähe stehenden Soldaten. Er erhob den Speer, um ihn in Machlons ungeschützten
Rücken zu stoßen, als die Stimme Zebuschars laut über die Menge schallte:
    „Halt, Hedak! Kein Blut wird
hier vergossen, bis ich es befehle!“
    Der Ton seiner Stimme ließ
keinen Widerspruch zu; selbst Hedak wagte es nicht, ihr zu trotzen. Widerwillig
senkte er den Speer und gab ihn dem Soldaten zurück, aus dessen Hand er ihn
gerissen hatte.
    „Tritt vor, Israelit!“ befahl
der König. „Ich möchte deine Klinge näher betrachten.“
    Machlon näherte sich dem Thron
und reichte Zebuschar die Waffe, der sie, in seinen Händen wiegend, bewunderte.
„Moab braucht solche Geheimnisse wie diese“, sagte er nachdenklich.
    „Es sind keine Geheimnisse,
König“, versicherte ihm Machlon. „Die Künste, die wir beherrschen, sind die
eines Schmiedes, und das Geheimnis liegt nur in der Mischung von Erden und
Pulvern, um das Metall zu härten. Diese Kenntnisse werden vom Vater an den Sohn
weitergegeben, und ich habe sie von Elimelech, meinem Vater, erhalten.“
    „Kannst du Lanzenspitzen
schmieden?“
    „Ja, König. Aber ich mache
lieber Sensen und Sicheln.“
    „Was sagst du nun, Prinz
Hedak?“ fragte Zebuschar trocken. „Können diese Schmiede nicht mit ihrer
Familie in Moab bleiben, wie sie es wünschen?“
    Hedak zögerte, dann senkte er
den Kopf. „Wenn es der Wille Kamoschs ist, Herr.“
    „Du hast recht“, gab Zebuschar
zu. „Laßt den Gott entscheiden, da sie Jahwe anbeten.“
    Machlon hatte dem Standbild des
moabitischen Gottes nach einem kurzen Blick, als er in den Tempel gezerrt
worden war, keine besondere Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Aber als sich nun
aller Augen auf Kamosch richteten, folgte er ihren Blicken. Das heilige Feuer,
das in dem großen eisernen Bauch der Statue brannte, wurde von einer Masse
glühender Kohlen gespeist. Hinter dem Götzenbild führten Stufen zu einer
erhöhten Tür in der Rückwand des Tempels; vor ihr stand ein Priester in
zeremoniellen Gewändern. Die Sonne fiel durch ein offenes Fenster in der
Tempelmauer und tauchte den Thron, auf dem Zebuschar saß, in helles Licht.
    „O mein Vater, Kamosch, Gott
von Moab“, sprach Zebuschar laut. „Urteile du für uns an diesem Tag, ob der
Israelit Machlon und seine Familie in Frieden kommen. Sende deine Feuer aus,
wenn ihnen Zuflucht gewährt werden soll, wie sie es von uns verlangen, und das
Recht, ihrem Gott in Frieden zu dienen.“
    Alle Augen waren auf das Feuer
gerichtet, und keiner bemerkte, wie Zebuschar seine Hand bewegte, so daß die
Sonne auf den großen Siegelring an seinem Finger fiel. Der Lichtstrahl, den der
Stein des Rings zu dem Priester hinaufwarf, barst in einen winzigen
Farbenkreis, der wie ein Miniatur-Regenbogen aussah, an der Tempelwand. Der
Priester blickte verblüfft auf und verschwand durch die Tür.
    „Sprich, Gott von Moab!“ rief
Zebuschar aus. „Verkünde uns deinen Willen.“
    Als ob sein Ruf erhört worden
wäre, begannen die Flammen in dem glühenden Bauch des Gottes emporzulodern, und
Machlon hörte, wie ein Raunen durch die Menge ging. Die züngelnden Flammen
schienen ihn ergreifen zu wollen, und er taumelte zurück, als ein plötzlicher
Feuerschwall nach oben schoß.
    „Kamosch hat gesprochen!“ rief
Zebuschar. Die anderen im Tempel nahmen den Ruf auf und warfen sich zu Boden.
Über ihre Körper hinweg blickte Machlon auf den König und sah in dessen
unergründliche Augen.
    „Du hast in der Tat Gnade vor
den Augen des Gottes gefunden, Machlon von Israel“, verkündete Zebuschar. „Du
kannst in Moab leben und Schwerter für unsere Krieger schmieden. Und du kannst
deinem Gott in Frieden dienen.“
    Machlon senkte den Kopf. „Es
ist der Wille des Höchsten“, flüsterte er. Wie es genau vor sich gegangen war,
daß sein Leben verschont wurde, wußte Machlon nicht. Aber er ahnte, daß er
seine Rettung menschlichem Eingreifen zu verdanken hatte und nicht einem
Götzenbild, das offensichtlich weder Leben noch Macht besaß, außer jener, die
ihm diejenigen zuerkannten, die den Gott Moabs anbeteten. Er stellte jedoch das
Verfahren nicht in Frage. Es war

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