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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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zurückzukehren.“
    „Nach Israel?“ fragte Orpa
verblüfft. „Warum?“
    „Es ist ihre Heimat. Ich
verstehe, was sie empfindet... und wir müssen mit ihr gehen.“
    Orpa blickte zurück zur
Karawane, die zum Aufbruch bereit war. Eine Gruppe von Männern baute das Zelt
ab, in dem Ruth und Noëmi geschlafen hatten, und Orpas Zeitgenossin rief nach
ihr.
    „Geht, meine Töchter, und kehrt
heim, eine jede in das Haus ihrer Mutter“, sagte Noëmi sanft. „Der Herr erweise
euch Liebe, wie ihr sie den Toten und mir erwiesen habt. Er gewähre einer jeden
von euch, Ruhestatt zu finden im Hause eines Mannes.“ Sie wandte sich ihnen zu
und küßte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    „Nein“, sagte Ruth fest. „Wir
werden mit dir zu deinem Volk gehen, Noëmi.“
    „Kehrt heim, meine Töchter“,
bat Noëmi sie inständig. „Warum wollt ihr mit mir gehen? Habe ich noch Söhne in
meinem Schöße, die eure Männer werden könnten?“
    Orpa blickte auf die junge
Edomiterin mit ihrem Kind und sah Ruth flehend an. „Ich kann nicht in ein
fremdes Land gehen und unter fremden Leuten leben“, sagte sie mit leiser
Stimme. „Verlange das nicht von mir, bitte.“
    „Geh du mit der Karawane“,
sagte Ruth, und es gelang ihr zu lächeln. „Wir begreifen dich.“
    Orpa drückte sie an sich, halb
weinend vor Erleichterung und Glück, und umarmte Noëmi. „Möge Kamosch — und
Jahwe — euch beiden Gnade erweisen“, plapperte sie fröhlich, bevor sie
zurückrannte und sich der Karawane anschloß.
    „Mögest du dein Glück finden“,
flüsterte Ruth und sah ihr nach. „Orpa ist zu ihrem eigenen Volk zurückgekehrt,
Ruth“, sagte Noëmi drängend. „Folge ihr nach, und laß mich hier bei der Familie
des Hirten zurück. Sie werden dafür sorgen, daß ich unversehrt nach Betlehem
komme. Das ist alles, was ich möchte, denn ich werde in Israel bald sterben.“
    Ruth wandte sich um und legte
ihre Arme zärtlich um ihre Schwiegermutter. „Dränge mich nicht, dich zu
verlassen und wegzugehen von dir“, sagte sie herzlich, und die Liebe, die sie
für Noëmi hegte, strahlte aus ihren Augen. „Denn wo du hingehst, will auch ich
hingehn; wo du weilst, will auch ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein
Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will ich sterben, und da will ich
begraben sein. Möge Jahwe mir dieses Schlimme antun und jenes andere auch noch,
wenn nicht der Tod allein uns scheiden wird.“
    Noëmis Augen glänzten vor
Tränen. Sie hielt Ruth eng an sich gedrückt und redete nicht mehr auf sie ein.
„Möge dich Gott segnen, du Standhafte“, sagte sie mit erstickter Stimme. „Und dir
Glück schenken.“

III   Die Tenne
     
     
     
     
     
    So
kehrte Noëmi heim und mit ihr ihre Schwiegertochter Ruth, die Moabiterin…
    Sie
kamen zu Beginn der Gerstenernte in Betlehem an.
     
    ruth 1, 22

1
     
    Zur Zeit der Richter waren die
zwölf Stämme Israels nicht mehr zu einem einzigen Volk vereinigt, wie sie es
unter Mose während jener langen Reise aus Ägypten in das Land Kanaan gewesen
waren. Nicht einmal unter der Führung Josuas hatten alle Stämme gemeinsam
gekämpft, und seitdem hatten kaum mehr als vier von ihnen gemeinsam gehandelt.
Selbst dann war es immer nur für kurze Zeit gewesen, unter der Führung eines
der großen Volkshelden, Richter oder Schophet genannt, der seinen
eigenen Stamm oder vereinigte Stämme durch eine Zeit nationaler Notlage
geleitete — nur um mit ansehen zu müssen, wie sie wieder auseinanderfielen und
schwach wurden, sobald das allgemeine Schutzbedürfnis weniger dringend geworden
war.
    Unter den Stämmen im Süden
hatte Juda seit mehreren Generationen die anerkannte Führung übernommen. Ohne
diesen unerschütterlichen Fels unter den Kindern Israels wären die Hebräer
jener Region in der Tat schon längst von den sie umgebenden Feinden, den
Moabitern im Osten und den Philistern im Westen, erobert worden. Selbst auf dem
Gebiet Judas gab es immer noch vereinzelte Hochburgen des Heidentums, wie die
nur wenige Meilen von Betlehem entfernt liegende Stadt Jerusalem, die sich auch
jetzt noch, viele Generationen, nachdem die Kinder Israels nach Kanaan gekommen
waren, in den Händen der Nachkommen ihrer Eroberer, der Jebusiter, befand.
    Nachdem Boas von Moab nach
Betlehem zurückgekehrt war, sandte er Joseph und andere als Boten aus. Er bat
um eine Versammlung des seit langem ruhenden Rates von Israel in Betlehem,
hatte jedoch wenig Hoffnung, daß die nördlichen Stämme dabei

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