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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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hinter einen Busch.
    „Sei nicht so vertraulich, wo
Leute uns sehen können, Ada“, sagte Tob verdrießlich. „Du weißt, daß die Frauen
schon über uns reden.“
    „Laß sie reden! Etwas Wichtiges
ist geschehen.“
    „Was ist?“
    „Zwei Frauen sind hier. Sie
kamen aus Moab.“
    „Aus Moab? Wer sind sie?“
    „Die ältere ist Noëmi, Frau des
Elimelech, die jüngere ist eine Moabiterin.“
    „Noëmi hier?“ Tob sah aus, als
ob er in Ohnmacht fallen wollte. „Ein großer Teil meines Landes gehörte ihrem
Mann. Ich war der nächste Verwandte, deshalb habe ich es genutzt, aber
jetzt...“
    „Kauf das Land. Es ist dein
Recht als ihr Verwandter.“
    Tob wischte sich den Schweiß
von der Stirn. „Ich habe kein Geld, um Land zu kaufen. Ich stehe schon jetzt in
Boas’ Schuld, und du willst immer noch mehr Schmuck haben.“ Er packte sie am
Arm. „Was soll ich machen? Noëmi kann mich ruinieren, wenn sie darauf besteht,
daß ich den Besitz kaufe. Meine Gläubiger könnten mich steinigen lassen.“
    „Nimm sie auf“, schlug Ada
gelassen vor. „Wer weiß, was mit ihnen geschehen wird.“
    „Still!“ Tob sah sich ängstlich
um, um sicherzugehen, daß man sie nicht belauschte. „Wer, sagtest du, ist die
andere, außer Noëmi?“
    „Eine Moabiterin. Die Witwe von
einem der Söhne Noëmis.“
    „Eine Moabiterin in meinem
Hause? Was wird der Rat dazu sagen? Geh, bring mir Wein, Ada. Dann werde ich
hineingehen und mit ihnen sprechen.“
    Ein Becher Wein half Tob, seine
Fassung zurückzugewinnen, bevor er den großen Raum betrat, der fast das gesamte
erste Stockwerk einnahm. „Noëmi!“ rief er aus und umarmte seine Verwandte mit
gespielter Herzlichkeit. „Bist du es wirklich und nicht dein Geist?“
    „Ich bin es, Tob“, sagte Noëmi
leise. „Ich sehe, du bist reich geworden.“
    „Die Geschäfte eines Kaufmanns
sind sehr unsicher“, sagte Tob wachsam. „Ich teile deinen Schmerz über den Tod
Elimelechs. Wo sind deine Söhne?“
    „Tot. Durch Hedaks Hände. Sie
liegen in Moab begraben.“ Tob hob seine feisten Hände und ließ sie wieder
fallen. „Was kann man dazu sagen? Man hatte euch davor gewarnt, nach Moab zu
ziehen.“
    „Hättest du uns in der Hungersnot
geholfen“, sagte Noëmi geradeheraus, „wären wir vielleicht in Israel
geblieben.“
    Tob sah sie vorwurfsvoll an.
„Das waren schlimme Zeiten. Es sah aus, als würden wir alle zugrunde gehen.“
    „Ich habe nichts mehr außer den
Kleidern, die ich auf dem Leibe trage“, sagte Noëmi. „Das Land, das Elimelech
gehörte, ist dein, wenn du es als nächster Verwandter zu kaufen wünschst.“
    „Wir werden später darüber
sprechen“, sagte Tob eilig. „Nachdem ihr geruht habt.“
    „Steht uns demnach deine Tür
offen?“
    „Natürlich. Ich bin dein
Verwandter, und ich kenne meine Pflicht... obwohl die Zeiten nicht gut gewesen
sind.“ Er sah Ruth an. „Wer ist diese hier?“
    „Das ist Ruth, die Witwe
Machlons. Sie ist mit mir zurückgekommen.“
    „Sie stammt nicht aus unserem
Volk“, sagte Tob streng.
    „Sie gehört jetzt dazu.“
    Ruth hob zum ersten Mal ihren
Kopf. Tobs Augen leuchteten auf, als er ihre Schönheit bemerkte, und ein
freudiges Erstaunen zog über sein Gesicht.
    „Sei willkommen, Ruth“, sagte
er mit größerem Eifer als bisher. Sie ließ den Schal von ihrem Haupt gleiten
und enthüllte das Zeichen Kamoschs und ihr dunkelrotes Haar. Tob atmete tief
ein beim Anblick ihrer aufsehenerregenden Schönheit. „Obwohl ich eine
Moabiterin bin?“ fragte sie mit Absicht, denn sie wollte nicht unter
Vorspiegelung falscher Tatsachen auftreten.
    Tob fuhr sich mit der Zunge
über die wulstigen Lippen. „Befiehlt uns nicht der Allerhöchste“, sagte er
salbungsvoll, „’wenn sich ein Fremdling bei euch im Lande aufhält, dürft ihr
ihn nicht bedrücken’? Du bist willkommen, Ruth, denn auch ich bin dein nächster
Verwandter, da du die Witwe Machlons bist.“
    Ruth übersah nicht seinen
lüsternen Blick. „Ich möchte dir keine Unannehmlichkeiten bereiten“, sagte sie
schnell, aber Tob fiel ihr ins Wort.
    „Ich habe genügend Platz. Es
ist ein großes Haus, und ich bin ein einsamer alter Junggeselle.“ Er klatschte
in die Hände, und Ada trat ein, gefolgt von einer alten Frau. „Nimm meine
Verwandten mit, damit sie sich herrichten können, Ada“, befahl er. „Und hole
ihnen Wasser zum Baden. Gib Noëmi das Zimmer nach Sonnenuntergang.“
    Ada nickte der Dienerin zu, die
sich mit Ruth und Noëmi entfernte.

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