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Ruth

Ruth

Titel: Ruth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank G. Slaughter
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darf
nur an das Wohl Israels denken. Die Entscheidung, ob du in Juda bleiben kannst
oder nicht, liegt bei mir. Selbst wenn... wenn ich dich liebte... müßte ich
dich ausfragen, um zu erfahren, warum du nach Juda gekommen bist.“
    „Wenn du einer Frau vertrauen
könntest, dann wüßtest du, warum ich mit Noëmi nach Juda gekommen bin“, sagte
Ruth leise. „Wie du sagst, ich hätte auch zu meinem Volk zurückkehren können,
anstatt in den Feldern Ähren zu lesen und von Zelda angespuckt zu werden.“
    „Wenn Zelda dir etwas zuleide
tut, werde ich...“
    „Niemand kann mich durch
Schmähungen verletzen, solange ich in meinem Herzen weiß, wer ich bin.“
    „Warum bist du also nach
Betlehem gekommen?“
    „Aus dem Grund, den ich dir
gestern schon nannte. Weil ich Noëmi liebe und sie die Mutter meines Mannes
ist.“
    Die Versuchung, ihr zu glauben,
war groß, bis er sich an Tobs Anspielungen und Adas Bestätigung erinnerte.
    „Ohne Zweifel bist du in den
Künsten der Liebe erfahren“, platzte er grob heraus. „Tob hat mir berichtet,
wie weich die Haut deines Körpers ist. Er spricht sogar davon, dich heiraten zu
wollen, warum er dies jedoch sollte, leuchtet mir nicht ein. Ich glaube mich zu
erinnern, daß dies nach moabitischen Sitten nicht erforderlich ist.“
    Langsam wich die Farbe aus
Ruths Wangen. Als sie sprach, war ihre Stimme wie ein Peitschenhieb. „Und du
hast ihm natürlich geglaubt?“
    „Er war in deinem Zimmer. Ada
sah ihn herauskommen.“
    „Ich gebe zu, daß er dort war.“
    „Leugnest du, daß Tob dich
umarmt hat, wie er es behauptet?“
    „Du bist nicht unser nächster
Verwandter, Boas“, sagte Ruth mit Nachdruck. „Und du bist weder für Noëmi noch
für mich verantwortlich, deshalb hast du kein Recht zu verlangen, daß ich vor
dir etwas leugne oder gestehe.“
    „Aber Tob sagte...“
    „Tob sagte, was er sagte“, gab
Ruth verächtlich zurück. „Wenn du ihm glauben willst, dann glaube ihm.“ Sie zog
den kleinen Dolch heraus, den sie immer bei sich trug, seit sie Heschbon
verlassen hatte. „Aber wenn du so begierig darauf bist, die Wahrheit zu
erfahren, dann frage Tob, wie er zu dem Schnitt in seinem Arm gekommen ist. Und
dann schau, ob die Spitze dieses Dolches nicht in die Wunde paßt.“
    Boas erkannte, daß Tob ihn
getäuscht und daß er in seinem grundsätzlichen Mißtrauen allen Frauen gegenüber
das Schlimmste geglaubt hatte. Nun war er plötzlich sehr froh, daß die Dinge
nicht so lagen. Er hatte in der vergangenen Nacht nur wenig geschlafen, hin-
und hergerissen zwischen seiner Überzeugung, daß Ruth so aufrichtig und
tugendhaft war, wie sie erschien, und Tobs Beschuldigung.
    „Ruth“, sagte er beschämt, „was
soll ich sagen? Ich kann dich nur um Vergebung bitten, daß ich ein solcher Narr
gewesen bin.“ Nun war Ruth an der Reihe, über die Änderung in seiner Haltung
überrascht zu sein, und ihr Zorn hatte sich gelegt, bevor er um Verzeihung
gebeten hatte. „Wir wollen nicht mehr darüber reden“, sagte sie sanft. „Gibt es
noch andere Fragen?“
    „Für die Sicherheit Judas muß
ich immer noch feststellen, ob dein Kommen keinen Schaden verursacht.“
    „Und für dich selbst?“
    „Ich habe seit vielen Jahren
kein Selbst mehr gehabt. Meine einzige Sorge ist das Wohl meines Volkes.“
    „Dann werde ich, falls es
notwendig ist, dem Führer Israels schwören, daß ich keine Spionin bin.“ Sie
lächelte. „Aber du mußt selbst entscheiden, Boas, ob ich darüber und auch über
Tob die Wahrheit sage oder nicht.“
    Sie wandte sich erneut ihrer
Arbeit zu und sah deshalb nicht, daß er mit ausgestreckten Armen einen Schritt
auf sie zuging, als ob er ihre Hände ergreifen wollte. Er berührte sie jedoch
nicht. Statt dessen ging er zurück zu Joseph, der bei den Pferden wartete, und
überraschte seinen Begleiter damit, daß er über dessen Scherze lächelte.
     
    Die Schnitter blieben während
ihrer Mittagsmahlzeit unter dem Schatten einer großen Terebinthe. Boas, der
großzügig war, hatte gut für seine Arbeiter gesorgt. Es gab Brot, frisch
geröstete Gerstenkörner, Käse und kaltes Ziegenfleisch. Heute kamen sie zu
einem besonderen Genuß: ein großer Weinschlauch aus Ziegenleder hing von einem
Baum. Viele irdene Becher, aus denen sie trinken konnten, standen bereit.
    Zwischen den Schnittern und den
Frauen, die in der Nähe saßen, gab es viel Gelächter; heitere Reden und rauhe
Scherze flogen hin und her. Einer der Schnitter hatte eine

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