Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden

Titel: Rywig 03 - Meine Träume ziehn nach Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Schiebedach schließen. Die Sonne brannte unheimlich. Frau Johannsen stöhnte, Frau Dieters wischte sich das Gesicht mit dem Taschentuch ab.
    Sentas und meine norwegischen Mückenstifte machten die Runde. Als die anderen sich darüber wunderten, daß gerade aus Norwegen so gute Mückenmittel kamen, erzählten wir von den katastrophalen Mückenschwärmen in Nordnorwegen während der Sommermonate - wie die Touristen breitkrempige Hüte tragen müssen, mit ganz dichten Schleiern, ungefähr wie die Imker.
    „Das ist doch nicht zu fassen - da oben bei den Eisbären!“ sagte Frau Johannsen mit einem ungläubig-erstaunten Ausdruck.
    Wir machten uns nicht die Mühe, ihre geographische oder zoologische Auffassung richtigzustellen. Wer denkt schon mitten in der Serengeti an Eisbären?
    An diesem Tag mußte Moses unzählige Male halten, und ich möchte wissen, wie viele Meter Film verknipst wurden. Wer kann aber mit einem „ach wie schön“ einfach weiterfahren, wenn plötzlich das ganze Gelände, so weit man blicken kann, eine einzige zusammenhängende Masse bezaubernder, gestreifter Zebras ist! Zebramütter mit kleinen saugenden Fohlen, deren helle Streifen noch gelblich und schwarze noch bräunlich sind. Größere, herrliche Hengste. Verspielte Jungtiere. Trächtige, langsame Stuten. Tausende waren da -viele Tausende - welcher Reichtum, welche verschwenderische Schönheit! Ich stand im offenen Wagen, spürte nicht die brennende Sonne, mein Blick hing wie gebannt an diesem Quadratkilometer Savanne voll gestreifter Felle, blanker Tieraugen, wedelnder Schwänze - voll gottbegnadeten Lebens.
    Erst nachher entdeckte ich, daß eine Hand meine fest umschloß. Jemand hatte sie ergriffen, als wir plötzlich diesen überwältigenden Anblick vor uns hatten. Jemand hielt meine Hand, drückte sie ganz fest in höchster Begeisterung, in stummer Aufregung.
    Moses fuhr langsam an. Die Hand löste sich von der meinen. Jetzt sah ich, wessen Hand es war!
    Sie gehörte Frau Johannsen.
    Von dem Augenblick an hatte ich nichts mehr gegen sie. Beinahe das Gegenteil. Zwei Menschen, die ein solches Erlebnis gemeinsam
    gehabt haben, werden immer Freunde bleiben.
    Dann erlebten wir ähnliche Augenblicke mit Thomsongazellen, mit den wohlbekannten Kongonis, mit den bärtigen Gnus.
    Dazwischen kleinere Impalaherden, kleine Gruppen Kaffernbüffel, und als ein schönes Extraerlebnis: drei der niedlichen, scheuen kleinen Dikdikantilopen, so zierlich und fein, daß man sie „am liebsten mitnehmen und auf die Kommode stellen möchte“, wie meine Schwester sich ausdrückte.
    Es kam das Dorf Banagi mit dem Forschungsinstitut und Labor -Heiko sandte einen langen, sehnsüchtigen Blick dorthin, aber Moses fuhr weiter. Wir durften hier nicht rumlungern - was ja begreiflich war. Wir waren nur Touristen von einer Sammelreise - jene, die da drin im Institut arbeiteten, konnten ja nicht wissen, daß vielleicht ein künftiger Kollege in dem vorbeirollenden Kleinbus saß, und außerdem die künftige Frau des künftigen Kollegen.
    Ich drückte Heikos Hand.
    „Das nächste Mal, Heiko!“
    Er strich mir ganz schnell über die Wange. Dann packte er mich an der Schulter.
    „Sieh da, du Afrikanerin! Ach Moses, bitte langsamer, nur einen Augenblick bitte! Sieh dir das Tier an, weißt du, was das ist?“
    „Ein Einzelgänger unter allen Umständen“, sagte ich. Das Tier stand still und allein, direkt im Profil zu uns.
    „Eigentlich kein Einzelgänger, aber diese Tiere leben in kleinen, verstreuten Herden“, sagte mein allwissender Heiko. „Na, Sonnie, was ist es?“
    „Ein Wasserbock?“ fragte ich unsicher.
    „Verkehrt!“
    „Es ist eine Pferdeantilope“, kam es sicher und bestimmt von Herrn Johannsen. „Gerade in dieser Gegend soll ja eine kleine Gruppe davon leben.“
    „Stimmt! Aber daß Sie das Tier sofort erkannt haben!“
    „Tscha, wenn das Vieh sich freundlicherweise genauso aufstellt, wie es in einem meiner Bücher abgebildet ist“, sagte Herr Johannsen. Dann fiel sein Mund wieder zu. Ich kann mich nicht erinnern, daß er an diesem Tag mehr redete.
    „Pferdeantilope“, wiederholte seine Frau gedankenvoll. „Ich weiß wohl, daß Pferde und Esel zusammen Junge kriegen... aber Pferde und Antilopen?“
    Heiko biß sich auf die Lippe. Frau Dieters bekam einen Hustenanfall. Senta mußte plötzlich niesen und drückte das Taschentuch gegen den Mund.
    Nur Herr Johannsen blieb vollkommen ungerührt.
    Dann tauchten kleine runde, weißgetünchte Hütten mit

Weitere Kostenlose Bücher