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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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was passiert? Etwas mit deiner Arbeit?“
    „Etwas mit meinen - mit unseren Zukunftsplänen, Impala“, sagte Heiko leise. „Komm, ich hänge deinen Mantel auf. Ich habe mir grade einen Kaffee gemacht, möchtest du auch eine Tasse?“
    Ich setzte mich auf die Couch, zog Heiko an mich.
    „Erzähl, Liebling.“
    Zum ersten Mal sah ich, daß Heikos Gesicht auch blaß, müde und überanstrengt aussehen konnte. So kannte ich ihn nicht. Entweder war er sonst fröhlich und munter, so wie im Urlaub, oder er war ruhig, zufrieden, von seiner Arbeit in Anspruch genommen, eifrig beschäftigt. Aber dieses müde, unglückliche Gesicht. Ich empfand eine große Zärtlichkeit, ich wollte ihm so gern helfen, wenn ich bloß konnte.
    „Impala, wenn man was Schlimmes erlebt, woran man selbst schuld ist, dann ist es - ja, es ist besonders schwer. Denn dann macht man sich Selbstvorwürfe, man begreift nicht, daß man so dämlich und so leichtsinnig sein konnte - , daß man vielleicht dem Menschen, den man über alles auf der Welt liebt, eine furchtbare Enttäuschung bereiten muß.“
    Ja, Heiko brauchte Hilfe, das verstand ich. Und ich wußte auch, worin die Enttäuschung nun bestehen möge, ich würde sie tragen können. Ich mußte sie hinnehmen, ohne zu heulen, ohne eine große Szene zu machen.
    Ich würde es schaffen, alles konnte ich tragen, wenn nur ein einziges unverändert blieb: unsere Liebe.
    „Sprich ruhig, Heiko. Wie heißt es nun gleich, ich glaube, es steht in der Bibel: Geteilte Sorgen sind halbe Sorgen - ich weiß es nur auf norwegisch, aber so ungefähr wird es wohl auf deutsch sein.“ Er nahm meine Hand und hielt sie fest zwischen den seinen. „Sonnie, ich bin so unverzeihlich dumm gewesen. Ich bin blind und gedankenlos gewesen, ich habe wie ein Verrückter für ein einziges Ziel gearbeitet und habe dich in dieses einspurige Dasein mit reingeschleppt.“
    „Was heißt hier geschleppt? Bin ich nicht in allerhöchstem Grade freiwillig mit in dein Dasein gekommen? Ist dein Ziel nicht auch das meine? Heiko, wenn ich an die Steppen denke - an die Tiere - an den blauen afrikanischen Himmel - , wenn ich bloß weiß, daß wir wieder dahin fahren, dann kann ich alle Enttäuschungen tragen!“
    Es zuckte in Heikos Gesicht. Dann kam es, leise und angestrengt: „Und wenn wir nun nicht dorthin kämen?“
    Ich schluckte. Ruhig, Sonja, sagte ich mir. Sei ruhig, mach es Heiko nicht schwerer. Wir lieben uns, dann ist alles andere unwichtig, es sei denn - , dann fühlte ich, daß ich ganz blaß wurde.
    „Heiko, sag mir nur eins: Hat es etwas mit deiner Gesundheit zu tun? Bist du krank? Darfst du nicht fahren? Verträgst du das Klima nicht?“
    Da kam ein ganz kleines Lächeln auf seinem Gesicht zum Vorschein.
    „Kleine Impala. Nein, mein Mädchen, ich bin gesund wie ein Fisch und stark wie ein Bär. So, das war dein erster Gedanke? Du machst mich ja einfach glücklich mitten in unserem Unglück!“
    „Dann erzähl doch endlich von dem Unglück, wie du es nennst!“ Er holte tief Luft und erzählte, was er an diesem Tage zu wissen bekommen hatte.
    In keinem Nationalpark in Afrika wurden Europäer angestellt. Die, die schon da waren, seit Jahren, zum Teil ihr ganzes Leben lang, wußten, daß sie eines Tages überflüssig sein würden, daß ihre Stellungen mit Afrikanern besetzt werden würden. Unzählige Afrikaner wurden als Parkwärter, als Wildhüter, als Büropersonal ausgebildet. Afrika hat Menschen genug. Keine Kunst, dort eine Auslese zu treffen und intelligente, gut geeignete Männer zu finden und auszubilden.
    Da halfen weder Zoologiestudium, Fotomeisterprüfung, Suahelikenntnisse noch Pilotenschein. Piloten gab es schon in Hülle und Fülle da unten, und man brauchte kein Universitätsexamen, um Wildhüter zu sein.
    „Aber Heiko, es gibt doch noch Europäer, die da unten arbeiten!“ „Ja, im Rahmen der Entwicklungshilfe, es gibt Europäer, die unterrichten, das stimmt.“
    „Und was ist mit den Wissenschaftlern?“
    „Ja, siehst du, das ist meine einzige Möglichkeit. Wenn ich Glück habe, kriege ich ein Stipendium. Dann kann ich drei Jahre in einem Forschungslabor arbeiten, was ich natürlich brennend gern tun möchte. Ich habe heut stundenlang mit meinem Professor darüber gesprochen. Ebenso mit dem jungen Mann, den ich in Hannover traf, der grade nach drei Jahren aus Afrika zurückgekommen war. Er meinte übrigens, wenn es soweit ist, daß ich einen Vorstoß in Richtung Stipendium mache, soll ich bloß nicht meine

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