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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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den Boden fallen!
    Den Bäckerladen hoben wir uns bis zuletzt auf. Gegen elf war da immer Hochbetrieb.
    Wir guckten weder rechts noch links, sondern gingen direkt zum Ladentisch. Die vielen Kundinnen wichen zur Seite, machten uns Platz. Ich fühlte die Augen, die auf uns gerichtet waren.
    „Guten Morgen, kann ich bitte zwei Stück Teekuchen haben?“ sagte ich.
    „Guten Morgen, kann ich bitte zwei Stück Teekuchen haben?“ sagte Senta.
    „Ja, richtig, auch zwei Berliner“, fügte ich hinzu.
    „Ja, richtig, auch zwei Berliner“, kam das Echo von Senta.
    Die Bäckerfrau blieb stehen mit offenem Mund und der Kuchenzange in der Hand.
    „Ist Ihnen nicht gut?“ fragte Senta teilnehmend.
    „Ist Ihnen nicht gut?“ wiederholte ich genau so.
    Dann erklang ein „nein so was!“ mit matter Stimme hinter uns. Senta drehte sich um und lächelte die Versammlung an.
    „Ulkig, nicht wahr? Das wußten Sie wohl nicht, daß ich eine Zwillingsschwester habe?“
    „Ja, aber - wer von Ihnen.“
    Jetzt ergriff ich das Wort.
    „Raten Sie mal! Die eine von uns wohnt hier und heißt Brunner. Die andere wohnt in Kiel und war am Sonntag mit ihrem Mann auf dem Jahrmarkt.“
    „Ja - aber dann.“
    „Eben“, nickte Senta. „Aber dann - , das ist genau richtig!“
    Nach einer ausgiebigen Einkaufsrunde im Selbstbedienungsladen, nach Schnürsenkeleinkauf beim Schuster und Briefpapierbesorgen im Papiergeschäft begaben wir uns auf den Heimweg.
    Da kam eine Nachbarin uns entgegen.
    „Wissen Sie, Frau Brunner“, fing sie an, die Augen auf mich gerichtet.
    „Ich bin die Schwester“, sagte ich und setzte meinen Weg fort.
    Heiko lachte Tränen, als er am Mittagstisch ein genaues Referat bekommen hatte. Noch mehr Tränen lachte Rolf, der am späten Nachmittag kam, um seine Angetraute per Auto abzuholen.
    Vor dem Gartentor spielte sich die große Abschiedsszene ab.
    Nur wußte kein Zuschauer, daß es Rolf war, der mich küßte, und Heiko küßte seine Schwägerin.
    „Aber eins sage ich dir, Sonnie“, sprach Rolf feierlich. „Untersteh dich, eine Bank zu knacken oder ein Engagement als Stripteasegirl in St. Pauli anzunehmen und es meiner Frau in die Schuhe zu schieben!“
    „Und sollte ich eines Tages Lust haben, Rolf zu betrügen, dann mußt du nach Kiel kommen und mir aus der Patsche helfen“, sagte mein Schwesterherz zum Abschluß. Dann winkte sie durchs Fenster, und der Wagen brauste ab.

Briefeschreiben
    17. April 19 -
    Meine geliebte Beatemutti!
    Innigen Dank für Deinen Brief! Ich habe heut grade Zeit, ihn zu beantworten, denn bei meinem Göttergatten ist mein Typ augenblicklich nicht gefragt! Das heißt, er sitzt an der Schreibmaschine - nein, du irrst Dich! Es ist nicht die Doktorarbeit, die ist fertig und abgegeben, und wir drücken in jeder freien Sekunde die Daumen blau und grün! Heut schreibt er was anderes: einen Antrag auf ein Stipendium für Studien an einem Forschungsinstitut in Ostafrika. Und ich werde wohl auch die großen Zehen blaudrücken müssen, da die Daumen schon von der Doktorarbeit in Anspruch genommen sind!
    So, meine holde Schwester hat schon von unserer Zwillingskomödie erzählt! Aber weißt du, das war das richtige! Denn jetzt klatschen sie alle - nicht über meinen unmoralischen Lebenswandel, sondern über diese noch nie dagewesene Ähnlichkeit. Sie versichern alle, „ja, ich habe keinen Augenblick daran geglaubt, liebe Frau Brunner“, - Pustekuchen! Sie glaubten es alle, sie schwelgten in Sensation und Skandal. Aber seit Sentas Besuch hier überbieten sie sich in Liebenswürdigkeit, alle mögen mich plötzlich soooooo gern!
    Hoffentlich haben die ollen Klatschbasen nun etwas aus dieser Geschichte gelernt. Wenn nicht, dann habe ich es jedenfalls. Natürlich verstehe ich, daß Frau Schulz denken mußte, daß ich es war - auf dem Jahrmarkt - und daß sie es glaubte, das kann ich ihr nicht vorwerfen. Aber daß sie es weiterbrachte, daß sie diesen widerlichen Dorfklatsch daraus machte, das verzeihe ich ihr nie! Ich weiß, wenn ich durch einen Zufall so was sehen sollte, wenn ich von einem Mitmenschen etwas Nachteiliges erfahre, dann werde ich meinen Mund halten! Das kannst Du als ein heiliges Gelübde betrachten! Das wird mir auch nicht schwerfallen. Denn wenn ich es mir überlege, weiß ich, daß in meinem Elternhaus nie geklatscht worden ist! Einmal - das ist sehr lange her, bevor Du zu uns kamst, ich war wohl so ungefähr elf Jahre, fing ich an, eine Skandalgeschichte zu erzählen, es war etwas

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