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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Pellkartoffeln mit Sirup servieren, und er würde sich daran sattessen, mit derselben unveränderlichen Freundlichkeit wie in unserem Luxus-Strandhotel in Afrika, wo er Geflügelsalat, frische Ananas, gegrillte Koteletts und Cremespeisen sich zu Gemüte führte. Mein Ehemann ist wirklich einmalig. Muß Schluß machen. Grüße und küsse die ganze Familie. Das nächste Mal schreibe ich über
    Euch und nicht Seitenweise über meine eigene uninteressante Wenigkeit.
    Es umarmt Dich ganz herzlich Deine Sonja.

Besuch aus dem Norden
    Ganz so einfach, wie ich es in meinem Brief ausgedrückt hatte, war es nicht.
    Es kam vor, daß ich deprimiert war, daß ich alles ziemlich hoffnungslos fand und vor allem, daß ich mich scheußlich einsam fühlte. Wenn Heiko zu Hause war und Zeit hatte, war alles wunderbar, dann vergaß ich die kleinen Sorgen des Alltags. Aber ich war ja so viel allein! Heiko würde es nicht verstehen, falls ich ihm meine Not geklagt hätte. Für ihn wäre es ein Geschenk des Himmels, reichlich Zeit zu haben. Das hatte er nie gehabt.
    Dann verkniff ich mir meine lächerlichen Problemchen, trug sie allein mit mir herum und dachte nicht daran, daß unausgesprochene Sorgen und Probleme sehr dazu neigen, ins Riesengroße zu wachsen, wenn man immer dran rumkaut und sie nicht ausspucken kann.
    „Haben Sie den Film gesehen, Frau Brunner? Das müssen Sie aber tun!“
    „Haben Sie den Quiz im Fernsehen gestern mitgemacht? Ich hatte gleich die Lösung!“
    „Haben Sie das Sonderangebot im Selbstbedienungsladen gesehen, Pfirsichdosen zu 1,28? Ich habe gleich zehn Dosen gekauft! Sie sind wirklich gut!“
    Ich hatte den Film nicht gesehen, hatte keinen Quiz mitgemacht -wir hatten ja keinen Fernsehapparat - und hatte nicht die sonderangebotenen Pfirsiche gekauft. Mein Haushaltsbudget erlaubte beileibe nicht solchen Leichtsinn. Ich mußte sowieso jede Woche von meinem eigenen Geld ein bißchen zubuttern. Ich sagte es Heiko nicht. Wir waren uns ja einig geworden, ich bekam vorbildlich pünktlich mein Haushaltsgeld und hatte gedacht, es würde reichlich sein. Denkste! Ich hatte anfangs die Wäsche weggeschickt und bekam sie schrankfertig zurück. Das mußte ich anders machen. Ich fing an, die Leibwäsche und den Kleinkram selbst zu waschen, schickte nur Bettwäsche und Handtücher weg und bekam sie geschleudert zurück. Dann plättete ich alles selbst. Und nach zwei Monaten Ehe fing ich an, meine Schwiegermutter zu verstehen: Ich kaufte ein Plastik-Tischtuch.
    Allmählich lernte ich auch, allen Versuchungen im Selbstbedienungsladen zu widerstehen. Ich war ja einverstanden mit Heikos Programm: Sparen, eisern sparen, dann würden wir früher oder später „ganz privat“ nach Afrika fliegen können und das nachholen, was wir damals bei unserer Sammelreise nicht geschafft hatten.
    Aber der Alltag war grau. Grau und ereignislos. Wie viel besser hatte es Senta! Und Heiko - ja, er lebte spartanisch, aber das störte ihn überhaupt nicht. Außerdem hatte er seine Arbeit, die ihm viel Freude machte. Er verstand sich mit seinen Schülern und fühlte, daß er ihnen wirklich etwas beibrachte.
    „Heut war ich ganz stolz“, erzählte er eines Tages. „Wir sprachen in der Physikstunde über Fotografieren, das hatten die Schüler in der Pause Kameraden aus der Parallelklasse erzählt. Na ja, dann tauchte der Direktor auf und fragte, ob es stimme, daß ich die fotografische Meisterprüfung gemacht hatte. Resultat: In der nächsten
    Physikstunde kommen noch zwei Klassen dazu, sie werden eng wie Dosenheringe sitzen müssen, - und ich soll ein erweitertes Unterrichtsprogramm absolvieren!“
    Heiko lächelte vergnügt und setzte sich an den Mittagstisch. Es gab Milchreis und „das herzhafte kleine Etwas“, wie ich es aus Norwegen kenne, diesmal Speck und Spiegelei.
    „Ach, Sonnie, das ist doch nicht nötig!“ sagte Heiko. „Ich bin ganz satt von dem Milchreis!“
    „Erkennst du denn wirklich einen Teller Reis als vollständiges Mittagessen an?“
    „Na klar!“
    Ich stocherte rum im Speck. Das „herzhafte Etwas“ schmeckte mir nicht mehr. Dann seufzte ich.
    „Nanu, hast du Kummer? Du seufzt so tief!“ sagte Heiko.
    „Ja, ich lerne es nie“, sagte ich leise. „Kartoffelpuffer mit Apfelmus - Buttermilchsuppe mit Schwarzbrot - Milchreis ohne etwas hinterher - Herrgott, eßt ihr dann nie etwas Gutes in diesem Land?“
    „Aber Sonnie, natürlich tun wir das! Sonntags gibt es doch immer Fleisch!“
    „Ja, ich danke! Fetten

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