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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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augenblicklich in unserer Sofaecke. Ja, und vor einem Würstchenstand fütterte er mich wie ein Baby, weil meine Hände voll Teddybären und Handtasche und siebzehn anderer Sachen waren - er benahm sich so, daß der Würstchenverkäufer schmunzelnd etwas über „das Fräulein Braut“ sagte. Der dachte sich wohl nicht, daß Eheleute sich so blöd verliebt benehmen könnten! Ja, wenn dein oller Hausdrachen das gesehen hat und es überall herumerzählt!“
    „Das hat sie anscheinend“, meinte ich. Dann erzählte ich, wie abscheulich alle Leute im Dorf sich benommen hatten und daß ich überall nur mit Eiseskälte und spöttischen Gesichtern dürftig begrüßt wurde.
    „Mensch, was werden wir für einen Tag haben!“ sagte Senta begeistert. „Ich freue mich schon darauf, daß deine Klatschbasen wie ohnmächtige Fliegen unseren Weg säumen werden. Gehen wir los?“
    „Noch nicht. Zuerst der Drachen. Sie soll den ersten Schock haben! Sie wird ganz bestimmt gleich runterkommen. Sie hat gestern einen Berg Wäsche in den Keller gebracht, und sie läßt immer die Waschmaschine gegen neun laufen.“
    Schnell noch einen Blick in den Spiegel. Wir trugen beide unsere blauen Pullis, - schnell der Frisur ein bißchen nachhelfen, so, jetzt lagen meine Haare genau wie Sentas. Ach ja, andere Schuhe, Senta trug braune Halbschuhe. Also meine auch in Windeseile angezogen.
    Dann waren wir zu allem Unfug bereit und standen horchend an der Tür.
    „Jetzt!“ flüsterte ich.
    Schritte auf der Treppe. Ich hatte im Flur Licht gemacht. Als Frau Schulz runterkam, standen Senta und ich vor unserer Wohnzimmertür, nebeneinander, in haargenau derselben Stellung und beide mit einem freundlichen Lächeln.
    „Guten Morgen, Frau Schulz“, sagte ich, und Senta bewegte den Mund, als spräche sie auch.
    Frau Schulz blieb stehen, japste nach Luft und faßte sich zuerst ans Herz, dann an den Kopf.
    „Ist Ihnen nicht gut, Frau Schulz?“ fragte ich engelsfromm, und Senta bewegte wieder die Lippen.
    „Ich - ich glaube - meine Augen.“, sie fuhr mit dem Handrücken über die Augen.
    Nun bekam ich es mit der Angst. Ich wollte nicht daran schuld sein, daß sie einen Herzschlag erlitt.
    „Ach so, ja natürlich, Sie kennen ja nicht meine Schwester. Darf ich bekanntmachen - also meine Zwillingsschwester aus Kiel, Frau Senta Skogstad.“
    „Aus Kiel“, flüsterte Frau Schulz.
    „Ja, gewiß“, lächelte Senta und reichte dem Drachen die Hand. „Meine Schwester erzählt mir grade, daß Sie mich am Sonntag auf dem Jahrmarkt gesehen haben!“
    „Ja - das heißt - ich meinte, daß Sie es waren - nein, Sie - nein, ich meine.“ Ihre Augen flackerten von der einen zur anderen.
    „Das mußte ja einen komischen Eindruck auf Sie machen“, sagte ich. „Daß ich da mit einem anderen Mann rumlief und mich von ihm küssen ließ! Wie gut, daß ich Sie als einen so diskreten Menschen kenne, Frau Schulz. Wenn ich mir vorstelle, Sie hätten hier im Dorf das Gerücht verbreitet, ich führe hinter dem Rücken meines Mannes los, um mich mit anderen Männern zu treffen! Nicht auszudenken, dann wäre ja mein Ruf hier vollkommen zerstört!“
    Ich nahm mit Genugtuung zur Kenntnis, daß Frau Schulz stumm wie eine Auster blieb. Sie wußte einfach nicht, was sie sagen sollte.
    Dann nickten wir beide sehr freundlich und zogen uns zurück. Nachher brachte Senta die Kaffeetassen in die Küche. Als ich Stimmen hörte, blieb ich stehen und horchte.
    „Ach, jetzt sehe ich es, Frau Brunner!“ erklang die Drachenstimme. „Ich begreife nicht, daß ich es nicht gleich kapiert habe. Natürlich waren Sie es nicht am Sonntag!“
    „Bedauere, aber das war’s eben“, antwortete meine Schwester. „Ich bin nämlich die aus Kiel. Ihre Mieterin befindet sich im Wohnzimmer und gießt die Topfpflanzen!“
    Ich hörte nur einen Japser. Dann gab Frau Schulz auf.
    Wir machten unsere Runde. Zuerst zur Post. Wieder nebeneinander vor dem Schalter. Wieder derselbe Schabernack. Zuletzt das erlösende Wort über die Schwester aus Kiel.
    Dann ins Milchgeschäft.
    Das dritte Mal wurde es Senta zu langweilig. Sie übernahm meine Rolle und stellte mich als die Kieler Schwester vor.
    Dann auf einen Sprung zur Friseuse. Da machte ich es kurz.
    „Guten Morgen, Fräulein Müller. Ich möchte Ihnen nur die Dame zeigen, die am Sonntag auf dem Jahrmarkt war. Sind Sie jetzt überzeugt, daß ich es nicht war?“
    Das arme kleine Fräulein Müller! Sie ließ ein ganzes Tablett voll Dauerwellenwickler auf

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