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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Schweinebauch mit Grünkohl, es liegt wie ein Stein im Magen!“
    „Aber Kind, du kannst ja kochen, was du willst - “
    „Das kann ich gar nicht, das erlaubt meine Haushaltskasse nicht!“
    Ich wollte mehr sagen, viel mehr - und plötzlich ließen mich meine Sprachkenntnisse im Stich. Für täglich kam ich jetzt sehr gut zurecht mit der deutschen Sprache, aber ich merkte, daß meine Kenntnisse längst nicht ausreichten, wenn ich etwas diplomatisch ausdrücken wollte oder sehr exakt. Oft mußte ich umschreiben, weil ich dieses oder jenes Wort nicht kannte. Dann wurde das Gesagte ungenau, es führte zu Mißverständnissen, und das wiederum machte mich wütend und unglücklich.
    Wenn ich nun bloß in meiner Muttersprache die Rede hätte halten können, die meinem nichtsahnenden Mann klargemacht hätte, mit welchen Schwierigkeiten ich zu kämpfen hatte!
    Aber von meiner Muttersprache verstand er höchstens zehn Worte!
    Schnell räumte ich den Tisch ab und wischte mir in der Küche die Augen mit dem Zipfel eines Geschirrtuchs.
    Als ich zurückkam, streichelte mir Heiko über die Wange.
    „Du, Kleines. Es ist bestimmt nicht leicht für dich. Weißt du, ich habe ja mein Leben lang so gegessen und so gelebt, wir haben uns nie irgendwelchen Luxus leisten können.“
    „Ich wußte nicht, daß ein Spiegelei Luxus ist“, sagte ich.
    „Sonnie, du weißt genau, was ich meine. Natürlich kannst du es machen, wie du willst, aber siehst du - wenn wir nun jeden Tag drei Mark mehr fürs Essen ausgeben würden, dann wären das pro Monat neunzig Mark, pro Jahr eintausendachtzig Mark - das wäre ungefähr eine Flugkarte nach Nairobi!“
    „Das stimmt wohl“, seufzte ich. „Gut, machen wir also weiter.“
    Aber ich sagte es ohne Freude. Ich hatte heut einen schwarzen Tag.
    Am nächsten Tag machte ich Plätzchen aus dem Milchreisrest. Aus ganz billigen Kochäpfeln hatte ich Apfelmus gekocht. Jetzt würde wohl endlich mein genügsamer Gatte fragen, ob es nicht mehr gäbe! Zu Hause bei meinen Eltern aßen wir solche Resteplätzchen immer als Nachtisch.
    Heiko aß und aß, fröhlich und zufrieden.
    „Dies schmeckt aber phantastisch gut!“ sagte er und nahm das zwölfte Plätzchen. „Das Rezept mußt du unbedingt Mutti geben, wenn es nicht zu teuer ist!“
    Das war das Resultat meiner Billigkochen-Demonstration!
    Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte!
    Es war Frühling, die Anemonen blühten, die Bäume hatten den ersten feinen Schleier von Grün.
    Ich wusch und plättete, kochte und machte sauber. Ab und zu gingen meine Gedanken südwärts. Ich sehnte mich - sehnte mich so, daß es weh tat! Sehnte mich nach den endlosen Steppen, nach der glühenden Sonne am blauen afrikanischen Himmel! Sehnte mich nach den Giraffen, wenn sie in wiegendem Paßgang über die Steppe zogen und ihre herrliche Silhouette sich gegen den blauen Hintergrund abzeichnete. Ich sehnte mich nach den Klippschliefern, nach den süßen Dikdiks, nach all dem Kleingetier. Ich sehnte mich nach den zahmen Meerkatzen und nach den überwältigend großen Antilopenherden. Jetzt, in diesem Augenblick, während ich hier stand und Quadratmeterweise Bettlaken bügelte, jetzt räkelten sich die Löwen auf dem grünen Boden des Ngorongorokraters, jetzt, während ich Kartoffeln schälte, lagen Leoparden in den Bäumen und leckten die mächtigen Pranken - jetzt, während ich Staub wischte, flogen die Impalas in mächtigen Sprüngen über Wege und Hügelchen. Warum, warum hatte das Schicksal es nicht besser mit uns gemeint? Warum ging Heiko täglich zu seiner Arbeit in ein langweiliges Klassenzimmer, warum stand ich hier in einer halbdunklen Küche - wo wir doch darauf brannten, all unsere Kräfte für eine wichtige, herrliche, bedeutende Arbeit da unten einzusetzen?
    Und die Alltagssorgen wuchsen und nahmen einen übertriebenen Umfang an und töteten langsam und sicher meine Lebensfreude und meine gute Laune.
    Dann kam ein Brief von Senta. Sie wollte diesen Sommer mit Rolf nach Italien. Und sie hatte ein neues Abendkleid, sie waren zu einer Hochzeit eingeladen - und sie hatte Gäste gehabt, zu Fleischfondue, es hatte allen einen Heidenspaß gemacht.
    Wieder mußte ich zu einem Handtuchzipfel greifen.
    Und in dem Augenblick klingelte es an der Tür.
    Ich schmiß meine Küchenschürze in die Ecke und warf schnell einen Blick in den Spiegel, als ich durch den Flur ging. Na, ich war wohl hübsch genug für den Versicherungsvertreter oder Staubsaugeragenten, der bestimmt

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