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Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen

Titel: Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Mangofrüchte oder eine Avocadobirne oder ein Pfund Walderdbeeren leisten könnte - ich glaube, ich würde wahnsinnig werden.“
    Papa hörte mich aufmerksam an. Als ich mit etwas zitternden Lippen schwieg, sagte er, gedämpft und sanft:
    „Weißt du was, Sonnie? Dein Heiko und seine Eltern sind wahre Lebenskünstler!“
    „ Was sagst du da? Lebens.“
    „ - künstler, ja, du hast richtig gehört. Es ist keine Kunst, fröhlich zu sein, wenn man reich ist, wenn man das Wort Geldsorgen nur aus dem Wörterbuch kennt!“
    „Aber Paps, ich habe doch nicht das Gefühl, daß meine Schwiegereltern Geldsorgen haben!“
    „Nein, sie haben verstanden, sie zu vermeiden, weil sie - ja, weil sie eben Lebenskünstler sind. Sonnie, Heiko hat mir damals vor der Hochzeit viel über sein bisheriges Leben und sein Elternhaus erzählt. Sein Vater hat eine bescheidene Stellung und ein kleines, festes Gehalt. Auf diesen Tatsachen haben die beiden ihr Leben aufgebaut. Sie bekamen Kinder und wußten, daß das wichtigste von allem die Ausbildung der Kinder war. Heikos Vater hatte selbst auf ein Studium verzichten müssen, jetzt wollte er, daß seine Söhne besser ausgerüstet den Lebensweg antreten sollten.“
    „Aber Paps, Heiko hat doch tausend Jobs gehabt und.“
    „Weiß ich. Aber er hat die ganze Zeit, bis er 26 war, zu Hause wohnen können - gratis! Weißt du, was das für eine Hilfe für einen Studenten ist? Als er seine Fotolehre beendet hatte, konnte er umsatteln und Naturwissenschaft studieren. Die Eltern ließen ihn weiter zu Hause wohnen und essen. Anfangs zahlten sie auch seine Bücher und was er brauchte. Der Bruder bekam auch eine Ausbildung. Woher, glaubst du, nahmen sie das Geld dazu? Sie haben gespart, Sonnie, sie haben bescheiden gelebt, haben sich tausend kleine Wünsche verkniffen. Sie sind zu Fuß gegangen, statt ein Auto auf Raten zu kaufen, sie haben - “
    „Buttermilchsuppe gegessen“, sagte ich.
    „Eben! Und all die zusammengesparten Groschen wurden eine Summe, die ihnen helfen konnte, wenn es nottat. Die Ausbildung der Söhne - eine Reserve für einen Krankheitsfall - oder für eine Norwegenreise, als ihr Ältester heiratete. Sie haben auf vieles verzichtet, um für das Wertvollste die Mittel zu haben, verstehst du das? Und sie haben, wenn ich dich richtig verstehe, mit einem Lächeln verzichten können, sie erlauben sich nicht, Wünsche zu hegen, die doch nicht erfüllt werden können. Deine Schwiegermutter wünscht sich nicht die Avocados oder den Räucherlachs oder was sie nun so in den exklusiven Schaufenstern sieht - sie weiß, daß es da ist, so wie die Nerzpelze beim Kürschner und die Brillanten beim Juwelier, aber sie gehören nicht zu ihrer Welt, denn sie lebt auf - ja, was soll ich sagen - auf einer anderen Ebene, wo andere Dinge sind, die zählen. Versuch, ob du das verstehen kannst, Sonnie!“
    Ich schwieg eine Weile. Alles, was Papa gesagt hatte, mußte sich irgendwie festsetzen, ich mußte es systematisch in mich aufnehmen. Er hatte ja recht. Bestimmt hatte er recht!
    „Vielleicht -“ sagte ich langsam - , „vielleicht war es auch so bei Muttis Eltern.“
    „Das war es. Und von deiner wunderbaren Beatemutti habe ich meine Weisheit. Verstehst du, Sonnie, dies hat nichts mit Geiz zu tun. Es ist - ja, ich kann kein besseres Wort finden. Es ist Lebenskunst.“
    „Du meinst also“, versuchte ich meine Gedanken auszudrücken, „du meinst, daß ich die Kleinigkeiten, die ich gern gehabt hätte, als etwas wegschieben soll, was mich und meine Welt nichts angeht?“
    „So kannst du es ausdrücken. Was ist deine Welt, Kind? Es ist in erster Linie deine Liebe zu Heiko, (ich nickte eifrig) und zweitens ist es euer Ziel, euer afrikanischer Traum.“
    „Und ihr daheim“, ergänzte ich.
    „Ja, aber wir verschaffen dir hoffentlich keine Probleme? Also, ihr könntet euch ein Fernsehen und Blumen und Schokolade und Mangofrüchte und vielleicht sogar ein Auto leisten.
    Das tun die meisten, aber dann haben sie auch kein Geld übrig für Flüge nach Afrika! Und was ist dir lieber?“
    Ich legte meine Arme um Papas Hals und küßte seine Wange.
    „Am liebsten ist mir im Augenblick der Gedanke, daß ich einen wundervollen, klugen Vater habe. Und dann hab ich das beschämende Gefühl, daß besagter Vater mich jetzt eigentlich übers Knie legen müßte.“
    „Weißt du, das ist Heikos Sache. Ich habe keine Verantwortung mehr! Aber im Ernst, mein Mädel, etwas ist mir eingefallen. Du hast doch so viel

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