Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen
nannte. Ich mochte sie sehr gern.
Auf dieser Strecke gab es längst nicht so viele Tiere zu sehen, wie ich gehofft hatte. Nur hin und wieder ein paar Gazellen, dann eine einsame Giraffe, etwas später schließlich zwei Impalaantilopen.
Aber jedesmal, wenn ein Tier auftauchte, mußte Francis halten, damit unser Filmtyp seine Kamera betätigen konnte. Und jedesmal fragte er nachher:
„Was war das nun für ein Viech?“
Er hatte anscheinend keine Ahnung.
Wie war die Natur doch ganz anders als voriges Jahr! Damals war alles frisch grün gewesen und die Straßen zum Teil ganz aufgeweicht vom Regen. Jetzt war das Gras dürr und gelb, die
Straßen waren beileibe nicht aufgeweicht, sie waren im Gegenteil voller Staub! Bald waren wir von oben bis unten mit der roten Erde gepudert, die ich an sich so liebe. Aber nach dieser Fahrt hatte ich gelernt, sie mehr zu lieben, wenn ich darauf trat, als wenn sie als roter Staub auf meiner Haut und meiner Kleidung lag.
Wir machten Lunchpause in dem wunderbaren „Outspan Hotel“. Alles klappte wie am Schnürchen, zwei große Tische waren für die „Tellus-Touren-Gruppe“ reserviert, und das Essen war ein Gedicht. Hier lernten unsere Schützlinge das köstliche ostafrikanische kalte Buffet kennen, und was in der ersten Stunde an frischer Ananas, gemischtem Obstsalat, Geflügel, Pastetchen und kaltem Fleisch verputzt wurde, war unglaublich.
Endlich konnte ich auch ein paar Worte mit Heiko wechseln. Er warf einen Blick auf meinen Teller.
„Leichtsinniges Huhn“, drückte er sich aus. „Erdbeeren hast du genommen!“
„Heiko, das kann ich doch nicht lassen - es sind ja Walderdbeeren, so was Schönes!“
„Und später kannst du in dein Tagebuch schreiben: Am 28. Juli holte ich mir unterwegs nach Secret Valley meinen Typhus!“
„Heiko“, sagte ich kleinlaut: „Deine Warnung kommt zu spät. Es ist schon meine zweite Portion!“
Wir tranken Kaffee im herrlichen Park, der Filmtyp rannte rum wie ein Rasender und machte Filmaufnahmen, was übrigens bestimmt lohnend war, denn so schöne und farbenprächtige Blumen und Sträucher hatte ich nie gesehen. Die beiden Jünglinge aus meinem Wagen spielten Fußball auf dem Rasen. Heiko beantwortete Fragen, die Sonne strahlte, und die Stimmung war ausgezeichnet.
Es ging weiter. Ich hatte die Karte über diese Strecke so intensiv studiert, daß sie sozusagen an meiner Netzhaut klebte. Außerdem halfen mir Francis und Frau Robinson wunderbar. Wenn bloß die beiden anderen Fahrer auch so hilfsbereit sein würden! Ich konnte erzählen, wann wir 2000 Meter über dem Meeresspiegel waren und wann wir - hoffentlich! - den Gipfel von Mount Kenya zu sehen bekommen würden. Die Tiere, die wir hin und wieder sahen, machten mir keine Schwierigkeiten. Da kannte ich mich aus!
Dann kam der große Augenblick, wo wir den Äquator überquerten. Sehr feierlich war der Punkt nicht vermerkt, nur mit einem großen gelben Schild, aber Francis tröstete uns: In Uganda würden wir es viel schöner erleben.
Mount Kenya war freundlich, oder vielmehr, Petrus war es: Er schob alle Wolkenvorhänge zur Seite und ließ uns den schneebedeckten, sonnenbestrahlten Gipfel sehen.
Dann waren wir in Nanyuki, und unsere kleine Wagenkolonne hielt vor einem hübschen, niedrigen weißen Gebäude. Es gab eine schnelle Tasse Tee und ein bißchen Beinevertreten. Ein bildhübsches Mädchen von etwa zwölf Jahren begrüßte Frau Robinson strahlend. Sie wechselten ein paar Worte, das Mädchen rannte ins Haus und kam raus mit einem winzigen, molligen Etwas in den Händen. Sie gab es Frau Robinson. Die streichelte es mit einem Finger und machte mir ein Zeichen, ich sollte näher kommen.
„Oh!“ rief ich. „Das ist doch ein Buschbaby! Ich habe so was im Fernsehen gesehen. Nein, wie ist es niedlich!“
Ich durfte den kleinen Kerl einen Augenblick halten, Heiko machte schnell eine Aufnahme, und ich stellte das reizende Tierchen mit den großen runden Augen auf die Erde. Mit Riesensprüngen verschwand es, zurück ins Haus.
Das Mädchen war eine kleine Inderin, erzählte Frau Robinson, die Tochter des Hotelmanagers. Das Buschbaby hatte sie vor einem Jahr bekommen und liebte es heiß und innig.
„Das kann ich verstehen!“ nickte ich. Dann erzählte ich von unseren Zwergbilchen, wie sie monatelang unseren ganzen täglichen Rhythmus bestimmt hatten und daß Heiko sie in seiner Doktorarbeit verewigt hatte.
„Es wäre überhaupt schön, wenn man auch etwas vom Kleingetier in
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