Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen
ganze Kleingetier, Schlangen und Schildkröten kommen jämmerlich ums Leben, und auf die Dauer wird auch der Humusboden zerstört.
Wir waren unterwegs durchs Massaireservat, da, wo wir voriges Jahr unsere denkwürdige Fahrt durch Lehm und Schlamm gehabt hatten. Jetzt ging es fix vorwärts. Die Riesentierherden sahen wir nicht, aber es tauchten immer wieder kleinere Mengen Antilopen, Giraffen und Zebras auf.
Heut hatte ich Wagen I, morgen würde ich wieder II haben, und darüber war ich froh. Denn morgen würden wir in Seronera ankommen, und wenn ich bei der Gelegenheit nicht mit Heiko fahren konnte, würde ich sehr gern Frau Robinson in der Nähe haben.
Nur einmal hatten wir an diesem Tag eine Aufregung. Alle drei Wagen hielten in einem Dorf, um zu tanken. Die Wagen standen nebeneinander, die Schiebedächer waren aufgemacht. Heiko hatte uns vor der Abfahrt sehr ernst davor gewarnt, hier zu fotografieren. Es könnte die schlimmsten Folgen haben, die Leute würden wütend werden, und man könne nicht sagen, was ihnen dann einfallen werde.
Unsere Fahrer hatten es wiederholt. Bloß nicht die Apparate zeigen, nein, auch nicht gegen Zahlung ließen sich diese Menschen knipsen.
Also ließen wir es, schweren Herzens. Ich tröstete meine Gruppe: Wir würden in zwei Tagen viele Massais zu sehen bekommen, Massais, die mit sich reden ließen und die man gegen eine Entlohnung knipsen konnte.
Aber dann - plötzlich stand der Filmtyp im Nachbarwagen mit einem Mini-Fotoapparat vor dem Auge.
Heiko war ausgestiegen, um mit dem Fahrer etwas zu besprechen. Er sah nicht, was im Wagen vor sich ging. Aber Frau Robinson sah es und handelte blitzschnell.
„Sind Sie nicht bei Trost?“ rief sie und riß den Apparat an sich. Schon zu spät! Ein paar große Männer kamen näher, sie drohten, der eine spuckte den Wagen an. Hinter ihnen stand eine Frau schon mit einem Stein in der Hand.
Frau Robinson rief den Leuten etwas zu. Nun war sich Heiko auch klar über die Situation. Frau Robinson warf ihm die kleine Kamera zu.
„Holen Sie den Film raus und geben Sie ihn den Massais!“ rief sie. Dann sprach sie wieder zu den aufgeregten Leuten, erklärte ihnen etwas, alles in fließendem Suaheli. Sie schienen sich zu beruhigen. Der eine Mann streckte die Hand aus. Heiko nickte, nahm den Film aus der Kamera und überreichte ihn dem Mann. Die Frau ließ den Stein fallen.
Herr Braun bekam seine Kamera wieder. Er war weiß vor Wut im Gesicht.
„Ich verbitte mir, daß Sie.“
„Wir alle verbitten uns, daß Sie durch Ihren Mangel an Disziplin unser Leben gefährden!“ sagte Frau Robinson. „Wir haben alle ganz deutlich zu wissen bekommen, daß wir hier unter keinen Umständen fotografieren dürfen. Wenn Sie sich unbedingt in Gefahr bringen wollen, bitte schön, das ist Ihre Sache. Aber dann dürfen Sie nicht an einer Gruppenreise teilnehmen!“
„Und all meine Aufnahmen von Secret Valley.“
„Die hätten Sie jetzt gehabt, wenn Sie vernünftig gewesen wären!“ antwortete Frau Robinson, drehte Herrn Braun den Rücken und setzte sich auf ihren Platz.
„So ein Quatsch - als ob das den Niggern schaden würde!“
Da erhob sich eine Stimme aus Wagen III. Es war ein Herr „reiferen Alters“, ein Professor der Geologie, der die Reise mit seiner Frau machte.
„Würden Sie es sich gefallen lassen, jeden Tag von neugierigen Touristen begafft und fotografiert zu werden?“ fragte er. „Glauben Sie nicht, daß Sie auch nach einiger Zeit wütend würden? Die ,Nigger*, wie Sie sich auszudrücken belieben - ich darf voraussetzen, daß Sie ,Afrikaner’ oder ,Massais’ meinen - haben es
aus leicht begreiflichen Gründen satt!
Filmen Sie die Tiere nach Herzenslust! Um die zu sehen, sind Sie doch wohl überhaupt hergekommen? Wir anderen sind das jedenfalls, und wir möchten uns unsere Reise nicht durch Unverstand von Einzelpersonen stören lassen.“
Nach ein paar weiteren Stunden waren wir in Keekorok.
Das herrliche Keekorok Lodge mit den schönen Appartements, dem großen Aufenthaltsraum, mit dem Schwimmbecken, den wunderbaren Blumen - wie schön war es, wieder hier zu sein!
Da war unser Appartement vom vorigen Jahr, da hatten Senta und ich gewohnt und daneben Heiko. Hier war der Pfad, auf dem Heiko und ich ganz früh am Morgen zum Swimming-Pool gelaufen waren, mit Obst und Brot für die Meerkatzen.
Ja - die Meerkatzen? Wo waren sie bloß? Keine einzige zu sehen! So eine Bande! Ganz einfach wegzubleiben, wenn ich da war, ich hatte mich
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