Rywig 04 - Die Glücksleiter hat viele Sprossen
einen bläulichen Schimmer.
„Löffelfüchse“, half mir Frau Robinson. Dann lächelte sie. „Sehen Sie, wieder so was niedliches Kleines, das man vor lauter Löwen und Elefanten und Giraffen ganz vergißt!“
In diesem Punkt verstanden wir uns auch. Die anderen Mitreisenden waren - mit Recht! - hell begeistert jedesmal, wenn eine Zebraherde zu sehen war, wenn etliche Gnus quer über den Weg liefen, und erst recht, wenn ein Löwenpärchen auftauchte. Und wir beide, Frau Robinson und ich, hielten den Atem an vor lauter freudiger Aufregung, als wir eine Dikdikantilope sahen, als zwei Zebramangusten auf einem Hügelchen saßen und als noch so ein kleines blaues Füchslein durch das dürre Gras lief.
„Wie ist das schön!“ flüsterte ich.
Frau Robinson antwortete leise, und ihre Augen leuchteten: „Ja, Sonja. Es ist schön.“
Die Geschichte eines Mantels
Vor uns tauchten die grünen Zelte auf. Mein Herz klopfte wild. Oh, daß ich in diesem Augenblick nicht Heiko neben mir hatte, daß ich nicht jetzt, in dieser Sekunde, seine Hand drücken konnte!
Denn jetzt war der Augenblick da: Wir rollten in Camp Seronera
ein.
Ich wünschte, daß meine Gruppe - unsere ganze Gesellschaft -auf dem Mond säße. Daß ich mit Heiko allein, mit meiner Hand in der seinen, still und schweigsam und glücklich durchs Gelände gehen könnte, den Klippschliefern ein paar Bananenbissen zustecken, mich bücken und etwas von der trockenen roten Erde durch die Finger rieseln lassen könnte. Und dann, aus dem glühendweißen Mittags-Sonnenlicht wollte ich in ein halbdunkles, schattenspendendes Zelt hineintauchen und mit meinem geliebten Mann allein sein.
Aber - unsere Reisegesellschaft war nicht auf dem Mond, sondern in Seronera, und sie wußte nicht, daß dies für mich eine heilige Stätte war.
Für sie war es ein Lodge, ein Camp, eine Übernachtungsmöglichkeit, sogar eine ohne Swimming-Pool und ohne moderne Appartements. Kurz gesagt: ohne Komfort. Ein Platz wie viele andere, ohne eine persönliche Erinnerung.
Kurz danach waren die Teilnehmer untergebracht, die Stewards liefen mit Gepäck auf nackten schwarzen Füßen zu Reihenhäuschen und Zelten. Heiko hatte alles mit dem „Clerk“ geregelt, und wir konnten aufatmen. Hand in Hand gingen wir zu derselben Zeltreihe, in der wir voriges Jahr gewohnt hatten. Heiko guckte mich an mit einem kleinen Lächeln, als er mich zielbewußt zum Zelt Nummer 42 führte.
„O Heiko! Das war ja dein Zelt!“
„Ja, mein Schatz. Jetzt ist es unseres!“
Er steckte dem Steward einen Schilling in die Hand und bedankte sich fürs Koffertragen: „Ahsante sana!“ Endlich waren wir für uns. Wir standen vor dem Zelt, die Sonne brannte, über uns wölbte sich der azurblaue Himmel. Und endlich bekam ich den Kuß, der schon längst fällig war.
Ein kleines Geräusch brachte mich dazu, mich aus Heikos Armen zu lösen. Es war Frau Robinson, die vorbeiging.
„Lassen Sie sich nicht stören“, lächelte sie.
Es war mir, als ob ich ihr eine Erklärung geben müßte.
„Wissen Sie, wir sind wohl ein bißchen sentimental, aber.“ „Kind, Sie brauchen doch nichts zu erklären! Sie dürfen doch Ihren Mann küssen!“
In diesem Augenblick wurde Heiko weggerufen. Ich antwortete: „Ja, das darf ich wohl.“ Ich mußte lachen. „Aber - ich meine -wissen Sie, als wir voriges Jahr nach Seronera kamen, wußte ich, daß ich nie in meinem Leben so glücklich gewesen war. Seronera - das ist ein so schöner Name. Finden Sie nicht? Ich hatte mich so wahnsinnig darauf gefreut, und - ja, dann waren wir also eines Tages hier, und ich wohnte mit meiner Schwester in dem Zelt, das Sie jetzt haben, und Heiko hatte dieses. Und dann - ja dann erlebte ich das Unglaubliche. Als wir wieder wegfuhren, war ich noch glücklicher, denn inzwischen - hier, in Seronera - hatten wir uns verlobt!“
Frau Robinson kam einen Schritt näher. Ihre Augen waren voll Wärme, voll Güte. Sie strich mir schnell über die Wange.
„Und jetzt, Kind? Was könnte Sie heut recht ,wahnsinnig glücklich* machen?“
„Ich bin es doch schon! Aber - das allergrößte Glück jetzt wäre wohl, daß wir hierbleiben dürften, daß wir hier arbeiten könnten. Aber ich weiß schon, daß es unmöglich ist.“
Frau Robinson sah mich lächelnd an.
„Meinen Sie? Nun ja, warten Sie es ab, Ihr Mann kriegt vielleicht ein Stipendium.“
„Wenn er das bloß bekäme! Oh, helfen Sie uns, die Daumen zu drücken!“
„Ich tu es ja schon!“ lächelte Frau
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