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"Saarland:Krimiland": Fünf Autoren, Fünf Fälle (German Edition)

"Saarland:Krimiland": Fünf Autoren, Fünf Fälle (German Edition)

Titel: "Saarland:Krimiland": Fünf Autoren, Fünf Fälle (German Edition)
Autoren: Elke Schwab , Angelika Lauriel , Christian Bauer , Heinz Draeger , Martin Frohmann
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roten Streifen an ihrem Hals. Sie lag vor ihm auf der Erde, in ihren Augen spiegelte sich der Himmel. Er sah die roten Ansätze der schwarz getuschten Wimpern. Zärtlich hatte Hugo die Strähne von ihrer Wange gestrichen, dann war er aufgestanden, weggelaufen, hatte sich seines Anzugs entledigt und war zur Arbeit gegangen, die letzten Zeilen des Lieds wie eine Endlosschleife im Ohr, die aus den Kopfhörern drangen, als er sich von Flora entfernte, die dort lag und sich nie mehr rühren würde. „ So don’t you bring me down today …“
    Flora war der einzige Auftrag gewesen, bei dem er je Bedauern gespürt hatte. Es hatte Tage gedauert, bis er es wieder ertrug, wenn Elsa zu „ Beautiful “ sang und tanzte. Sie hatte nicht begriffen, warum er so oft das Radio abschaltete in jenen Tagen.
    „Sie war ein wunderschönes Mädchen“, wiede rholte er.
    „Woher weißt du das?“ Der Rothaarige musterte ihn misstrauisch.
    Hugo winkte ab. „Stand doch in allen Zeitungen. Bilder hat man sehen können.“
    „Das stimmt nicht. Nichts stand in den Zeitungen, keine Bilder wurden veröffentlicht. Die Polizei hat nur kurz ermittelt, es gab keine Spuren. Alles wurde schnell vertuscht. Und ich war wie gelähmt, habe mich nicht gewehrt. Mein Mädchen wurde begraben, das war’s dann. Also, woher weißt du, dass sie schön war?“
    Hugo sah ihn versonnen an. „Du sagtest, sie hatte deine Haare? Sie war noch sehr jung, fast ein Kind, nicht wahr?“
    „Ja, das war sie.“
    „Sie muss eine Schönheit gewesen sein.“
    Der Fremde zögerte, dann nickte er abe rmals.
    „Und dann?“, fragte Hugo sanft.
    „Was dann?“ Der Rothaarige nahm ein weiteres Mal die Kopfhörer in die Hand und knetete sie. „Dann habe ich unterschrieben. Ich war zu feige, mich zu wehren. Sie hatten mir ihre Macht doch gezeigt. Sollte ich es wagen, sie nochmals zu reizen? Den Rest meines erbärmlichen Lebens auch noch aufs Spiel setzen? Mir blieb nur noch meine Frau. Gwendolyn. Sie durfte ich nicht verlieren.“
    „Gwendolyn“, murmelte Hugo. Den Namen kannte er irgendwoher. Aber das musste ja nicht di eselbe Frau sein. „Was ist mit ihr?“
    „Was mit ihr ist? Sie ist fast zerbrochen am Tod unserer Tochter. Sie hat nicht b egriffen, dass jemand so etwas tun konnte. Sie hat nie geahnt, dass ich selbst schuld hatte. Ich mit meiner Angst, mit meiner Unfähigkeit, das Richtige zu tun oder das Falsche aufzudecken. Sie musste für eine Weile in ein Sanatorium.“ Unvermittelt sah der Fremde Hugo nochmals an. „Warum erzähle ich dir das alles?“
    Hugo wischte mit der Hand durch die Luft. „Weil ich zuhöre.“
    „Ja“, der Fremde nickte, „weil du zuhörst.“
    „Was war dann mit deiner Frau?“
    „Sie hat sich erholt, aber sie war nicht mehr dieselbe. Sie sagte nichts zu dem Mord und fragte nichts. Aber sie war seit Floras Tod unruhig, getrieben. Wir blieben zusammen, aber unsere Ehe war auch anders geworden. Wir haben beide den gleichen Verlust erlitten, doch jeder trauerte für sich. Ich stürzte mich in meine Arbeit.“ Wieder lachte er sein abgehacktes, seltsames Lachen. „ Und ist der Ruf erst ruiniert, so lebt sich’s gänzlich ungeniert . Ich bin skrupellos geworden, der beste Mitarbeiter, den man sich wünschen kann. Ich stelle keine Fragen, kritisiere nicht, ziehe nicht einmal die Augenbrauen hoch.“
    Wie ich selbst, dachte Hugo, ich habe auch nie Fragen gestellt.
    „Und deine Frau?“, fragte er abermals. „Was war mit ihr?“
    „Sie hat sich zur Sozialpflegerin ausbilden lassen. Ausgerechnet. Sie arbeitet in einem Heim. Schwester Gwendolyn, die Verständni svolle. Sie ist diejenige, die den Dementen ihre Illusionen lässt. Wenn die Alten denken, dass sie im Park auf dem Weg zur Arbeit sind, dann gibt Gwendolyn ihnen ein Lunchpaket mit und einen Schirm, damit sie ihn aufspannen können, falls es zu regnen beginnt. So ist meine Frau.“
    „Liebst du sie?“ Warum fragte er das?
    „Ja, ich liebe sie. Sie ist die Einzige, die mich noch am Leben hält. Wenn ich sie ansehe, dann habe ich Hoffnung.“
    „Kann ich verstehen.“ Hugo nickte. „Zu schade, das mit deiner Tochter. Wie lange ist es jetzt her? Acht Jahre?“
    Wieder betrachtete der Fremde ihn mit misstrauischem Blick. „Woher weißt du das?“
    „Damals war das Lied ein großer Hit, meine Frau hat es immer gespielt.“
    „Das Lied?“
    „Du sagtest, dass du immer weinen musst, wenn du Christina Aguilera ‚ I am beautiful ‘ singen hörst.“
    Der Rothaarige nickte
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