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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Palov
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durch die Einkaufspassage warf er Edie einen schnellen Blick zu. Die Frau war wendiger als eine Tänzerin des Bolschoi-Balletts.
    Teufel noch mal. Sie wäre beinahe getötet worden. Wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre …

    »Ich dachte, dass er dich zuerst töten wollte«, erklärte Edie. »Deshalb habe ich dich auf die Straße gestoßen. Um Verwirrung zu stiften.«
    Und um sicherzugehen, dass der Gorilla hinter ihr herjagte, und nicht hinter ihm.
    Ich sollte sie erwürgen.
    »Du bist flink auf den Beinen, aber das bedeutet nicht, dass das eine kluge Entscheidung von dir war«, tadelte er sie, nicht gerade in Vergeberlaune. Dann, voll Angst davor, was ihre Antwort sein könnte: »Hat er dir etwas angetan?«
    »Ich möchte nicht so weit gehen zu sagen, dass er mir Gewalt angetan hat, aber er hat sich ein paar Freiheiten herausgenommen.«
    »Elender Bastard!«
    »Es war nichts. Glaub mir. Abgesehen von einer aufgeplatzten Lippe geht es mir gut.«
    Cædmon sah Edie Miller in die braunen Augen und konnte darin das verängstigte, verletzliche Kind sehen, das sie einst gewesen war. Er kämpfte gegen den Wunsch an, sie an sich zu ziehen, aus Angst, er könnte vielleicht etwas völlig Idiotisches sagen.
    Edie, die offensichtlich keine derartigen Bedenken hatte, kroch zu ihm herüber. Dabei verlor sie fast das Gleichgewicht, als der Lieferwagen unerwartet eine Linkskurve machte. Er packte die Unterseite der Tür mit der Hand, damit sie nicht weit aufschwang. Trotz seines Ärgers streckte er den freien Arm aus und strich ihr über das Gesicht.
    »Es ist kalt hier drin«, beschwerte sie sich, während sie sich an ihn schmiegte.
    Sanft strich Cædmon ihr mit dem Daumen über die geschwollene Lippe. »Gott sei Dank geht es dir gut.«
    »Und was jetzt?«
    »Irgendeine Art von öffentlichen Verkehrsmitteln zu benutzen, steht nicht zur Debatte, weil MacFarlanes Männer zweifellos die
Bus- und Bahnstationen überwachen werden. Also bleiben wir im Lieferwagen, bis wir Oxford sicher verlassen haben. Hoffentlich finden wir einen freundlichen Autofahrer, der uns nach London mitnimmt.«
    »Vielleicht sollten wir die Behörden informieren.«
    »Es ist nicht so, als könnten wir irgendetwas beweisen. Und in Anbetracht deines Amoklaufs in der Einkaufspassage würdest du, wenn du zur Polizei gehst, wahrscheinlich als Übernachtungsgast in einer Zelle enden.«
    »Also, was heißt das dann für uns?«
    »Dass wir in der Luft hängen und zappeln wie zwei …«
    »Gänse«, warf sie ein und starrte auf die Vögel, die über ihr hinund herschwangen.
    »Ich wollte eigentlich sagen wie zwei gestrandete Makrelen, aber ich nehme an, ein paar verängstigte Gänse tuns auch.«
    »Nein. Ich spreche von der ersten Zeile des vierten Quartetts.« Sie schnappte sich die Umhängetasche, zog den Reißverschluss auf und holte das zusammengefaltete Blatt Papier mit den übersetzten Vierzeilern heraus. »Da ist es«, sagte sie und fuhr mit dem Finger über die Zeile, während sie laut vorlas. »›Die vertrauenswerte Gans weinte bitterlich, denn alle waren tot.‹ Erinnerst du dich noch daran, wie ich dir erzählt habe, dass ich einmal eine Seminararbeit über die Frau aus Bath aus Chaucers Canterbury Tales geschrieben habe?«
    Er nickte, wobei er sich fragte, worauf dies wohl hinauslaufen würde.
    »Nun, die Gänse haben mich an eine Zeile aus dem Prolog dieser besagten Geschichte erinnert. Es ist über zehn Jahre her, wohlgemerkt, also zitiere ich ziemlich frei, aber Chaucer schrieb: ›Es schwimmt im See kein’ einz’ge Gans, die, wie du siehst, ohne Gefährten bleibt.‹ Tatsächlich war die ganze Prämisse meiner Arbeit, dass Frauen im Mittelalter heiraten mussten . Oder einem Kloster beitreten. Das waren die zwei einzigen Möglichkeiten.«

    Zugegebenermaßen verblüfft zog er eine Augenbraue hoch. »Und worauf willst du hinaus?«
    »Mir ist eben eingefallen, dass in der mittelalterlichen Literatur die ›Gans‹ sich immer auf die gute Hausfrau bezieht. Gestern sagtest du, die Gans sei ein Symbol für Wachsamkeit. Und da hast du recht. Wer in der mittelalterlichen Welt war wachsamer als die gute Hausfrau? Ich vermute, niemand hat je die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Vierzeiler von Mrs. Galen of Godmersham geschrieben wurden und Philippa die ›vertrauenswerte Gans‹ ist.« Sie verschränkte die Arme über der Brust und verdrehte theatralisch die Augen. »Männlicher Chauvinismus von seiner akademischsten Seite.«
    »Ich gebe zu, dass

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