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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Palov
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man Leuten wie Ihnen glaubt,
dann stiehlt ein Autodieb Ihr Auto nicht, wenn Sie ihm ein bisschen Mitgefühl zeigen, und der Mörder drückt den Abzug nicht, weil er im tiefsten Innern ein guter Mensch ist.«
    MacFarlane wandte ihr den Rücken zu und ging hinüber zur Küchenzeile. Das Zimmer, in dem sie sich befanden, war ein großer, offener Raum mit gemauerten Wänden und einer Couchgarnitur auf einer Seite, einem Esstisch in der Mitte und einem Küchenbereich auf der gegenüberliegenden Seite. Sie sah ihm zu, wie er zwei Tassen von einem Regal nahm und dann zwei Päckchen mit löslichem Kakao öffnete. Aus einem Wasserkocher goss er heißes Wasser dazu und reichte ihr dann eine der Tassen. Selbst dabei starrte er sie noch voller Wut an. Einer dunklen, leidenschaftlichen Wut, die ihr einen Schauer den Rücken hinunterjagte. Sie wagte es nicht, den Kakao abzulehnen.
    »Ich kenne Sie und Ihresgleichen, Miss Miller. Sie glauben, wenn Sie mit Ihrem Hintern jeden Sonntag die Kirchenbank drücken, dann ist Gott Ihnen wohlgesonnen, und dass regelmäßiges In-die-Kirche-Gehen ein Freifahrtschein zur Erlösung ist.«
    »Da verwechseln Sie mich mit jemandem. Ich persönlich glaube, dass es wichtig für …«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »… die Besserung der Seele ist, gute Werke zu tun. Christliche Nächstenliebe ist der Prüfstein …«
    »Ersparen Sie mir Ihre weltliche Predigt. Als ob die freiwillige Tätigkeit in irgendeiner Suppenküche der Innenstadt Ihnen den Weg in den Himmel ebnet. Der Glaube, und nicht Taten, wird Ihnen einen Platz unter den Gerechten sichern.«
    »Sie meinen wohl unter den Selbstgerechten?«, gab sie zurück.
    »Sie und Ihresgleichen sind dem Herrn ein Gräuel.«
    »Dann beten wir offensichtlich zu zwei verschiedenen Göttern.«
    »Endlich etwas, worin wir übereinstimmen.«
    Und Edie wusste nur zu gut, dass diese Übereinstimmung auf einer bitteren Kluft beruhte.
    Sie war bestürzt darüber, wie sehr Stanford MacFarlane sie an
Pops erinnerte, denn ihr Großvater mütterlicherseits hatte die Bibel ebenfalls sehr konservativ ausgelegt. Zu der Zeit hatte sie diese Auslegung für erdrückend gehalten. Doch gepaart mit einem Mann wie MacFarlane wandelte sich diese Einschätzung von erdrückend zu furchteinflößend. Wenn man ihn in eine schwarze Kutte steckte, gäbe Stanford MacFarlane einen perfekten spanischen Inquisitor ab.
    »Wo wir gerade vom Weg ins Himmelreich sprechen … Wenn Sie glauben, dass Ihre Fahrkarte darin besteht, die Bundeslade zu finden, dann sollten Sie besser noch einmal darüber nachdenken«, sagte sie, nicht gewillt, widerspruchslos auf den Scheiterhaufen zu gehen.
    MacFarlane, der gerade die Tasse an die Lippen führte, ließ sie wieder sinken. Mehrere Sekunden lang – Sekunden, die das Bild von brennenden Körpern heraufbeschworen – starrte er sie an.
    »Im Gegensatz zu Ihnen werde ich mit den Heiligen des Alten Testaments auferstehen.« Dann, als ob er nur eine beiläufige Bemerkung über das Wetter gemacht hätte, nahm er ruhig einen Schluck von seinem Kakao.
    Edie blieb stumm.
    Mit einem Fanatiker kann man nicht diskutieren. Die Jahre, die sie mit Pops verbracht hatte, waren ihr eine Lehre gewesen, und die Erinnerung daran wog immer noch schwer. Wie ein gewaltiger Mühlstein auf ihrem Herzen.
    Aus den Augenwinkeln sah sie ein hauchzartes Spinnennetz von der mit Holzbalken durchzogenen Decke hängen. Während sie es anstarrte, fühlte sie sich plötzlich wie eine Fliege, die sich in dieser trügerisch schönen Falle verfangen hatte.
    Doch im Gegensatz zu der gefangenen Fliege gab es für sie noch einen Ausweg. Cædmon .
    Sie wusste, dass er kommen würde. Wenn schon nicht, um sie zu retten, dann zumindest, um die Bundeslade zu finden.

60
    Als er ein Klopfen hörte, wandte Cædmon in seinem Sessel den Kopf. Der Eigentümer des Gästehauses, ein rotgesichtiger Waliser, stand in der Tür. Zweifellos wunderte er sich, warum sie offen gelassen worden war. Doch Cædmon hatte schlicht keinen Grund gesehen, sie zu schließen.
    »Da ist ein Anruf für Sie«, verkündete der Mann, offensichtlich verärgert darüber, dass er vier Treppen hatte hochsteigen müssen, um die Botschaft zu überbringen. »Sie können ihn unten entgegennehmen.« Nach dieser Bekanntgabe verschwand er wieder.
    Cædmon erhob sich. Während er auf die Tür zuging, fielen ihm die Zeichnung aus der Kathedrale von Canterbury und die handgeschriebene Übersetzung der Vierzeiler auf der hölzernen Bank

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