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Saat des Feuers

Saat des Feuers

Titel: Saat des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Palov
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tödliche Kette von Ereignissen sie mit ihren Quartetten eines Tages auslösen würde.
    Sehr wahrscheinlich hatte sie das geahnt. Warum sonst sollte sich die adelige Nonne solche Mühe gemacht haben, die goldene arca ihres toten Gemahls zu verstecken? Philippa hatte die Schrecken der Pest überlebt und glaubte zweifellos, die Bundeslade wäre für die tödliche Seuche verantwortlich, die England heimgesucht hatte.
    Letzte Nacht hatte Cædmon ihr erzählt, dass Philippa den Gilbertinern, einem in England gegründeten Orden, angehört hatte. Innerhalb von nur sechs Jahren war Philippa schnell aufgestiegen und hatte schließlich den Rang der Kellermeisterin des Klosters inne, die für die wirtschaftlichen Belange und die Vorratshaltung zuständig war. Als fähige Frau mit einem Händchen fürs Management hätte sie es leicht bewerkstelligen können, die Bundeslade nach Swanley bringen zu lassen. Vielleicht hatte sie ihre Ordensschwestern in das Geheimnis eingeweiht. Da sie ein Leben führten, das ganz dem Gottesdienst und dem gemeinschaftlichen Gebet gewidmet war, stand kaum zu befürchten, dass das Geheimnis neugierigen Außenstehenden enthüllt werden könnte.
    Mit dem GPS-Empfänger in der rechten Hand führte Harliss sie durch die dicht stehenden Bäume, deren knorrige, unbelaubte Äste wie arthritisch gekrümmte Finger wirkten.
    Plötzlich erhaschte Edie jenseits der kahlen Zweige einen flüchtigen Blick auf eine Steinmauer.
    »Ich sehe es!«, rief sie aus und deutete aufgeregt. »Dort drüben ist es.«
    »Verstanden«, antwortete Harliss und führte sie nach rechts.

    Wenige Augenblicke später betraten sie eine Lichtung.
    Edie sah sich nach allen Seiten um.
    »Oh Gott … Es wurde zerstört!«

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    Betäubt standen sie alle sechs wie angewurzelt.
    »Was zum Teufel ist hier passiert?«, murmelte Braxton und drückte damit aus, was zweifellos jeder der Gruppe dachte, denn alles, was vom Priorat der gesegneten Jungfrau Maria noch übrig war, bestand aus drei steinernen Mauern. Aus den glaslosen Bogenfenstern rankte sich abgestorbener Efeu.
    »Es sieht aus, als wäre es unter Mörserbeschuss geraten.« Das kam von MacFarlane, dessen wettergegerbte Wangen von, wie Edie vermutete, nur mühsam zurückgehaltenem Zorn gerötet waren.
    »Meine Vermutung ist, dass das Kloster während der Reformation zerstört wurde«, meinte Cædmon ruhig. »Im Jahr 1538 erließ das Parlament auf Geheiß Heinrichs VIII. ein Edikt mit dem Ziel, alle Klöster aufzulösen. Das Gesetz erlaubte es Heinrich, alle Besitztümer der klösterlichen Orden zu konfiszieren. Unterstützt von vielen aus der gemeinen Bevölkerung, die hofften, sich dabei etwas von den Reichtümern der Kirche unter den Nagel reißen zu können, wurden viele Klöster abgerissen und die Steine zum Bau weltlicher Gebäude wiederverwendet.«
    Edie starrte auf die unheimlichen Überreste: ein aufgebrochenes gotisches Skelett gen Himmel geöffnet, mit Raureif überzogene Grashalme, die wie Juwelen schimmerten. Vielleicht war es nur der frühe Morgennebel, aber sie hätte schwören können, dass ein gespenstischer Hauch von Weihrauch, Kerzen und Gebeten noch über dem Ort hing.
    Sie drehte sich um und warf Cædmon einen Blick zu, der die
stumme Frage stellte: Was, wenn der nächste Hinweis in einem Kirchenfenster versteckt war, das vor Jahrhunderten zerschlagen wurde? Mit beinahe unmerklichem Kopfschütteln warnte er sie davor, diese Frage laut auszusprechen. Dann warf er einen demonstrativen Blick auf Stanford MacFarlane. Edie verstand die Botschaft klar und deutlich. Wenn MacFarlane glaubte, dass das Spiel aus war, dann würden sie und Cædmon auf der Stelle getötet werden. Was auch geschah, sie mussten um jeden Preis den Anschein aufrechterhalten, dass das Spiel noch nicht verloren war.
    Aufgeschreckt von einem Schrei fuhr Edie herum.
    Auf dem kahlen Ast eines Baumes hockte ein Rabe.
    Und obwohl sie nicht gerade abergläubisch war, hielt sie den Raben für ein sehr schlechtes Omen.

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    »Keine Sorge«, verkündete Cædmon in einem Tonfall, der Zuversicht vortäuschen sollte. »Die Tatsache, dass das Kloster zerstört wurde, behindert unser Vorankommen nicht im Geringsten. Tatsächlich dürfte das unsere Aufgabe sogar noch viel einfacher machen.«
    »Glauben Sie denn, ich bin auf einen Schlag zum Idioten geworden? Hier ist nichts!«, warf MacFarlane ein und deutete gestikulierend auf die leere Fläche innerhalb der drei Steinmauern.
    »Ah! ›Sie haben Augen und sehen

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