Saat des Feuers
eine dürftige halbe Sekunde lang nach, bevor sie ein unverbindliches »Ha« von sich gab.
Sie langte hinüber zu dem Nachttischchen, das die beiden Betten voneinander trennte, und schnappte sich eine Tüte Oreo-Kekse. Mit beiden Händen riss sie sie auf, zog eine kleine Plastikschale fabrikverpackter, mit Chemikalien gespickter brauner Kekse heraus und bot ihm welche an.
»Nein danke«, lehnte er höflich ab.
Ihre Lippen kräuselten sich zu einem herausfordernden Lächeln. »Ach, kommen Sie, Cædmon. Probieren Sie einen, er wird Ihnen schmecken.«
Mit der Erkenntnis, wie leicht Adam sich in Versuchung hatte führen lassen, nahm er einen cremegefüllten Keks.
»Ziemlich lecker«, bemerkte er wenige Sekunden später.
Edie trennte mit einer flinken Drehbewegung die beiden Kekshälften und begann zu seiner Faszination, mit der Zunge die weiße Cremefüllung abzulecken. »Okay, nehmen wir einmal um der Argumentation willen an, dass Moses ein Mitglied der ägyptischen Priesterschaft war. Warum sollte er denn einen Haufen hebräischer Sklaven aus Ägypten führen?«
»Ihre Frage setzt voraus, dass nur die Juden Ägypten verließen.«
»Nun, wer hätte denn sonst noch mit ihnen gehen sollen?«
»All jene, die in ernster Gefahr waren, ihr Leben zu verlieren.« Er ließ diese Behauptung einen Augenblick lang wirken, bevor er hinzufügte: »Im Besonderen der gesamte Hofstaat Echnatons.«
Sie ließ den Keks sinken. »Wie bitte?«
»Sie müssen Folgendes verstehen: Als Pharao Echnaton den Bewohnern Ägyptens einen monotheistischen Glauben aufzwang, kam das einer religiösen Revolution gleich. Nicht unähnlich dem Aufruhr, der folgte, als Martin Luther zu Nagel und Papier griff. Mit einem Schlag, praktisch über Nacht, wurde der Pantheon vertrauter Götter und Göttinnen – Isis, Seth, Osiris – für null und nichtig erklärt.«
»Ich schätze, was für manche eine neue Religion war, hielten andere für ausgemachte Ketzerei«, mutmaßte Edie folgerichtig.
»In der Tat. Als Echnaton starb, fielen die Verfechter der alten Religion über den königlichen Hofstaat her. Und das mit aller Macht, möchte ich hinzufügen. Nahezu alle Spuren von Echnaton und Aton wurden aus den Annalen ägyptischer Geschichte gelöscht.«
»Was geschah mit jenen Ägyptern, die noch an Aton glaubten?«
»Sie flohen aus Ägypten, mitten in der Nacht. Eine gigantische Völkerwanderung von Sklaven und Adeligen.«
»Nun, das würde die Stelle im Buch Exodus erklären, laut der die hebräischen Sklaven angeblich ›silbernes und goldenes Geschmeide‹ mitnahmen, als sie aus Ägypten flohen. Ich meine, wie zum Teufel kam ein Haufen Sklaven an solche Schätze?«
Überrascht, dass sie in der Heiligen Schrift so versiert war, nickte er. »In Wirklichkeit waren es nicht die hebräischen Sklaven, die solchen Reichtum besaßen, sondern vielmehr die ägyptischen Adeligen, die sie auf ihrer Flucht begleiteten.«
»Und Moses führte sie ins Land Kanaan.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Das wäre zwar die größte Geschichte aller Zeiten, die nie erzählt wurde, aber ich brauche immer noch mehr Beweise, bevor ich jahrelang eingetrichterte Lehren der Sonntagsschule über den Haufen werfe.« Sie warf einen Blick auf den elektronischen Wecker auf dem Nachttischchen. »Zeit für die Sechs-Uhr-Nachrichten«, verkündete sie und sprang vom Bett.
Sie richtete die Fernbedienung auf den Fernseher und drückte die Power-Taste. Eine Frau im Hosenanzug und mit blonder Bobfrisur erschien auf dem Bildschirm.
»Ein Höllenszenario, das an die chaotischen Zustände in Washington infolge der Anschläge vom 11. September erinnerte, ereignete sich heute in der National Gallery of Art, als ein Terror-Schütze Museumsbesucher unter Beschuss nahm und in der unterirdischen Besucherhalle wild um sich feuerte.«
Während die Nachrichtensprecherin ihren Text ablas, wurde ein unscharfes Video des »Höllenszenarios« eingespielt, das offensichtlich von der Hand eines Amateurs aufgenommen worden war. Noch dazu von einer zitternden Hand, denn die Bilder hatten etwas äußerst Hektisches an sich. Zu Cædmons Erleichterung waren weder er noch Edie in dem Video zu sehen.
Mit offenem Mund drehte Edie sich zu ihm um. »Die verstehen das völlig falsch. Das war kein terroristischer Anschlag.« Schnell griff sie nach der Fernbedienung und schaltete auf ein anderes Programm.
»Die Schießerei in der Cafeteria des Museums war Teil eines gut koordinierten Terrorangriffs. Eine
Weitere Kostenlose Bücher