Saat des Feuers
das biblische Buch Exodus. Und nicht zu vergessen die Beschneidung, ein ungewöhnlicher Brauch, um es gelinde auszudrücken. Wussten Sie, dass die Beschneidung eine rituelle Handlung innerhalb der ägyptischen Königsfamilie und ihrer Höflinge war? Andere Ähnlichkeiten beinhalten die scharfe Kritik an geschnitzten Abbildern, ein erbliches Priesteramt, Tieropfer und die Verwendung eines goldenen Schreins, um die Macht und die Majestät dessen zu beherbergen, was man nur einen sehr eifersüchtigen Gott nennen kann.« Nun, da er seine Sache vorgebracht hatte, verschränkte Cædmon die Arme vor der Brust. »Würden Sie mir nicht auch zustimmen, dass solche Ähnlichkeiten einen zum Nachdenken anregen?«
»Ja, nun … Im Moment habe ich noch genug damit zu tun, darüber nachzudenken, dass Moses ein ägyptischer Magier gewesen sein soll. Lassen Sie mich erst einmal wieder zu Atem kommen.« Edie schlürfte an ihrem Gin Tonic und zerkaute dann geräuschvoll einen Eiswürfel. »Es tut mir leid, Cædmon, aber es fällt mir schwer
zu akzeptieren, dass das Judentum aus irgendeiner längst untergegangenen ägyptischen Religion entstanden sein soll.«
»Ich spreche nicht von dem Judentum, wie es heutzutage praktiziert wird. Diese Religion entstand erst im sechsten Jahrhundert v. Chr. während der babylonischen Gefangenschaft. Ich spreche von der hebräischen Religion, wie sie von der Zeit des Exodus bis zur babylonischen Gefangenschaft praktiziert wurde, einer Zeitspanne von ungefähr siebenhundert Jahren.«
»Also, was war zuerst da, die Anbetung Atons oder die Anbetung Jehovahs?«
»Ah, das Henne-Ei-Problem. Auf die gleiche Weise, wie die religiösen Praktiken der Römer das frühe Christentum beeinflussten, glaube ich, dass die versklavten Juden in Ägypten den Kult um Aton beeinflussten und ihn vielleicht sogar ins Leben riefen. Das Alte Testament erwähnt, das Moses ›in aller Weisheit der Ägypter‹ ausgebildet war.«
»Was genau bedeutet ›in aller Weisheit der Ägypter‹?«
Diese Frage war von immenser Reichweite, deshalb überlegte Cædmon sich seine Antwort gut. »Die vorgeschriebene ägyptische Bildung beinhaltete das Studium der Kristalle und Metalle, Nekromantie und die Kunst der Weissagung. Wissen, von dem Moses guten Gebrauch machte, als er die sagenumwobenen Steine des Feuers schuf.«
»Aber ich habe den Brustschild mit eigenen Augen gesehen. Es waren nur …«, sie zuckte mit den Schultern, »… zwölf Edelsteine und ein paar Stückchen altes Gold.«
»Ja, aber es sind genau diese Edelsteine, die den Steinen des Feuers ihre unermessliche Macht geben.«
»Okay, ich schlucke den Köder. Was ist so Besonderes an diesen zwölf Edelsteinen?«
»Erlauben Sie mir, meiner Antwort vorauszuschicken, dass Edelsteine nicht die inaktiven, unbelebten Gegenstände sind, für die die meisten Menschen sie halten. Tatsächlich sind Edelsteine, ebenso
wie Kristalle, Energieträger. In asiatischen Kulturen kennt man solche Energie als Chi.«
»Ich habe eine Freundin, die auf Kristalle steht. Sie schwört, dass man, wenn man einen Kristall lange genug in der Hand hält, ein pulsierendes Vibrieren spürt. Ich persönlich halte das für ziemliches Esoterik-Gelaber.«
»Nicht, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass Kristalle dazu verwendet werden, Funkwellen zu verstärken, in einem Prozess namens Piezoelektrizität. In einem ähnlichen Verfahren benutzte man im Altertum Edelsteine und Kristalle, um Energie sowohl zu erzeugen als auch zu verstärken. Da Moses ein tief in die Mysterien des alten Ägyptens eingeweihter Hohepriester war, nutzte er sein umfangreiches Wissen über Edelsteine und Kristalle, als er die Steine des Feuers schuf. Ich möchte sogar so weit gehen, zu behaupten, dass der Brustschild nichts Geringeres ist als eine Form antiker Technologie, wobei jeder Stein eigens aufgrund seiner spezifischen Schwingungseigenschaften ausgewählt wurde.«
Edie schnaubte ungläubig. »Sie machen Witze, oder? Ich würde einen alten Brustschild kaum als technologisches Wunderwerk bezeichnen.«
»Oh, aber genau das ist es, was der Brustschild war und möglicherweise immer noch ist. Nur weil nicht ›Sony‹ draufsteht, heißt das noch lange nicht, dass es weniger hoch entwickelt ist als das Mobiltelefon in meiner Brusttasche«, konterte er, wobei er besagte Tasche tätschelte. »Die Steine des Feuers sind, selbst nach den Maßstäben des 21. Jahrhunderts, modernster Stand der Technik.«
Darüber grübelte Edie
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