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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Klimakontrollsysteme ist sie auch umwelttechnisch vom Rest des Berges abgeschottet.«
    Simenon nickte. »Ich werde das vorschlagen. Bis dahin solltest du diesen Raum verlassen und draußen im Gang warten. Nach den anderen Gildenoberhäuptern habe ich bereits geschickt. Aber ich wollte zuerst mit dir sprechen. Ich wusste, dass du das genauso siehst wie ich, und ich hatte gehofft, dass du mir helfen würdest, die anderen zu überzeugen.«
    »Natürlich.«
    Wie aufs Stichwort klopfte jemand an die Tür. Simenon öffnete sie, und draußen stand ein verwirrter Bruder Axel. Athanasius schlüpfte aus dem Raum, legte Axel die Hand auf die Schulter und drehte ihn von dem schrecklichen Anblick weg.
    Axel schüttelte ihn ab und funkelte ihn mit kaum verhohlener Wut an. »Siehst du jetzt, was du uns angetan hast?«, zischte er. »Du hast die Pest über uns gebracht.«
    »Das wollen wir doch nicht hoffen«, erwiderte Athanasius. »Lass uns beten, dass es etwas anderes ist.«

79
    Starke Winde über dem Atlantik hatten die DC-9 mit der weißen Taube rasch ans äußerste Ende von Europa getrieben. Um zwei Uhr fünfzig morgens landete sie in Gaziantep, ein wenig zu früh.
    Drei Minuten nach drei wurde eine Hebebühne an das Flugzeug herangefahren und die Plattform an die Passagiertür gehoben. Zwei Dinge wurden darauf geladen: eine Kiste, die von Form und Größe an einen Sarg erinnerte, und ein großer blonder Mann, der ganz in Schwarz gekleidet war. Er legte die Hand auf die Kiste und machte dabei ein Gesicht, als leiste er gerade einen Schwur auf eine überdimensionierte Bibel. Die Hebebühne ließ sie zu einem wartenden Van herunter, dessen Hecktüren bereits offen standen. Ohne Hilfe schob der Mann die Kiste von der Plattform in den Wagen, schlug die Türen zu und setzte sich hinters Steuer. Dann startete er den Motor, und die Roboterstimme des Navigationssystems gab ihm die erste Anweisung für die vorprogrammierte Route. Vier Minuten später lenkte er den Van durch ein Sicherheitstor und auf eine Servicestraße, die am Außenzaun entlangführte. Anschließend ging es auf die Hauptstraße, weg vom Flughafen und nach Trahpah.
    Der Mann fuhr über den Bergpass und um exakt halb vier in die Außenbezirke der Stadt. Die monotone Stimme aus dem Navi führte ihn auf den großen, breiten Ost-Boulevard, dann auf die innere Ringstraße, die um die Altstadt herumging, und schließlich in den Teil der Stadt, den man den Umbra-Bezirk nannte. Neun Minuten später hatte er sein Ziel erreicht.
    Dick lenkte den Van in ein Lagerhaus, das direkt an die Außenseite der alten Stadtmauer gebaut war, fuhr rückwärts in eine Ladebucht und schaltete den Motor aus. Schwere Fahrzeuge durften nicht in die Altstadt; deshalb wurden die Geschäfte und Restaurants dort oben über eine mit Seilzügen angetriebene Bahn versorgt. Sie ähnelte einer großen, langsamen Achterbahn und führte mitten durch die Stadtmauer hindurch und durch einen nach außen hin unsichtbaren Tunnel weiter den Hügel hinauf. Das Lagerhaus hier war ihr Startpunkt.
    Dick vergewisserte sich, dass das Areal verlassen war; dann stieg er aus, besorgte sich einen kleinen Gabelstapler und öffnete die Hecktüren des Vans. Er schob die Kiste auf den Gabelstapler und fuhr sie zu dem einsamen Waggon, der mit offener Tür am Tunneleingang stand. Nachdem er die Kiste eingeladen hatte, zwängte er sich in das kleine Passagierabteil im Heck und öffnete eine Mail auf seinem Handy, um sich noch einmal die Instruktionen durchzulesen.
    Schließlich drückte er den dritten von drei roten Knöpfen auf der Steuerkonsole. Langsam setzte der Waggon sich in Bewegung. Die weichen Reifen und der Elektromotor verursachten kaum Lärm. Der Waggon rollte in den schwach beleuchteten Tunnel und wurde bis zum dritten und letzten Halt hinaufgezogen, direkt oberhalb der Altstadt und unmittelbar neben dem Wall, der den Graben der Zitadelle umgab.
    Das war um drei Uhr einundvierzig.
*
    Dragan klammerte sich an die grob behauene Wand der Tributhöhle und spähte wie ein Raubvogel durch die Luke im Boden hindurch. Er sah keinerlei Bewegung, sondern nur die Natriumdampflampen in den Straßen der Altstadt, die sich wie ein großer gelber Fleck unter ihm erstreckte.
    Dragan spürte, wie die Kälte der Nacht in seinen geschwächten Körper eindrang, aber er spürte auch etwas, das sich so anfühlte, als würde gleich die Sonne hinter den kalten Wolken hervorkommen, um ihn zu wärmen. Mit jeder Faser reagierte sein Körper

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