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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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der kurzen Zeit, da sie sich kannten, so viel verloren; aber sie hatten auch viel miteinander geteilt. Es war, als hätte sich ein ganzes außergewöhnliches Leben auf nur wenige Wochen konzentriert. Und jetzt neigte sich ihre gemeinsame Zeit dem Ende zu.
    Liv setzte sich auf, nahm Gabriels Gesicht in die Hände, drehte ihn zu sich und sah die Tränen auf seinen Wangen. Sie beugte sich vor, küsste sie und schmeckte das Salz ihrer Traurigkeit. Dann schaute sie ihm in die Augen. »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie. »Du hast alles getan, was du tun konntest, um mich in Sicherheit zu bringen. Niemand hätte mehr tun können. Und ich habe mich in diesen letzten Wochen in deiner Gegenwart so sicher gefühlt wie noch nie zuvor in meinem Leben, auch wenn mir ständig der Tod über die Schulter schaute. Und dafür werde ich dich immer lieben.«
    Dann küsste sie ihn auf den Mund. Die elektrostatisch aufgeladene Luft knisterte, als Gabriel ihren Kuss erwiderte. Sie rissen sich in ihrer Gier die Kleider vom Leib und hörten auch nicht auf, sich zu küssen, aus Angst vor dem, was folgen würde.

VI
    Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen, und sein Schwanz fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, damit er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind fräße.
    Offenbarung des Johannes, 12:3-4

102
    Der Sturm hatte ein wenig nachgelassen, als der Geist die Anlage an der Spitze eines Reitertrupps verließ. Noch immer lag dichter Staub in der Luft, sodass der Mond kaum zu erkennen war. Zwei gepanzerte Mannschaftstransporter folgten ihnen hinaus. Hyde saß am Steuer von einem davon und hinter ihm Dick, der Riese. Dank der Mischung aus Sand und Dunkelheit konnte man nur wenig sehen, doch den Beduinen, die der Geist mitgebracht hatte, genügte es; also ritten sie voran. Es war auch einer der Kundschafter des Geistes gewesen, der im Süden das schwache Licht von Fahrzeugscheinwerfern entdeckt hatte, kurz bevor der Sturm alles verschluckt hatte.
    Hyde war froh, dass der Geist voranritt. Sollten die Insassen des gesichteten Fahrzeuges ihnen feindlich gesinnt sein und es zu einem Kampf kommen, hoffte er, dass sich dieses Arschloch mit den unheimlichen Augen und der Grabesstimme eine Kugel einfing. Vielleicht würde sie sogar aus Hydes eigener M4 stammen. In der Hitze des Gefechts konnte schließlich alles passieren.
    Als sie den Eingang des Wadis erreichten, konnte man bereits wieder die Sterne und im Norden den Horizont erkennen. Der Geist befahl seinen Männern anzuhalten und ritt zu Hyde zurück.
    »Sie sollten uns alleine hinunterreiten lassen«, sagte er mit einer Stimme so trocken wie die Wüstenluft. »Diese Trucks machen genug Lärm, um die Toten in ihren Gräbern zu wecken. Vermutlich haben sie uns schon gehört, laden gerade ihre Gewehre durch und legen die Granaten bereit.«
    Hyde schaute zu dem Pfad, der in das Wadi hinunterführte. Er war viel zu schmal, als dass die schweren Trucks ihn problemlos hätten hinunterfahren können. Ohne Raum zum Manövrieren konnten sie dort leicht in einen Hinterhalt geraten. Doch Hyde war nicht bereit, den Geist aus den Augen zu lassen.
    »Ich werde mit Ihnen reiten«, verkündete der blonde Riese plötzlich von hinten, öffnete die Tür und stieg aus.
    Der Geist musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Ich glaube nicht, dass irgendjemand Ihnen sein Pferd wird leihen wollen. Sie bringen es wahrscheinlich schon um, wenn Sie sich draufsetzen.«
    Dick ließ seinen Blick über den Ring der Reiter schweifen. »Das da«, sagte er und deutete auf das am kräftigsten aussehende Tier.
    Der Geist nickte dem Reiter zu. Widerwillig ließ der Mann sich aus dem Sattel gleiten und gab die Zügel ab.
    »Danke«, sagte Dick und sprang mit überraschender Eleganz auf das Pferd. »Was auch immer passiert, das Mädchen muss verschont werden. Meine Anweisungen sind klar und deutlich.«
    »Was ist mit dem Mann?«, fragte der Geist.
    »Der kann sterben. Das ist mir egal«, antwortete Dick und ritt in das Wadi hinunter. »Das Mädchen ist das Einzige, was zählt.«

103
    Gabriel und Liv lagen Seite an Seite auf dem Höhlenboden, die Finger ineinander verschlungen und die Köpfe so dicht beieinander, dass sie den Atem des jeweils anderen hören konnten. Es war so vollkommen dunkel, dass sie sich leicht

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